Hotzenwaldblues
heute Morgen. Nachdem ich Spy-Bot
heruntergeladen hatte.«
»Spy-Bot? Was ist das?«
»Ein kostenloses Programm aus dem Internet, das Trojaner aufspürt
und eliminiert. Wenn man es lässt. Hab ich natürlich nicht gemacht. Noch nicht.
Aber jetzt weiß ich jedenfalls, wie es geht. Und sobald wir diesen anderen
Hacker gefunden haben …«
Er sank etwas in sich zusammen. »Soso. Und ich dachte, Sie verstehen
nichts von Computern.«
»Es hat sich schon so mancher Mann getäuscht, was meine Fähigkeiten
betrifft.«
»Sieht so aus«, erwiderte Trautmann, schon wieder grienend. Hatte
dieser Mann denn nie ein schlechtes Gewissen? Sie wollte ihn gerade danach
fragen, da erklärte er: »Aber übrigens, ehe ich es vergesse: Ein gewisser Felix
hat bei mir angerufen und gotteslästerlich geflucht. Er behauptet, Sie seien
unfähig, selbst mit der einfachsten Technik umzugehen. Jedenfalls versucht er
schon seit geraumer Zeit, Sie zu erreichen und hat inzwischen mindestens zehn
Nachrichten auf der Mailbox Ihres Handys hinterlassen. Ich habe ihm
versprochen, Ihnen Bescheid zu sagen, falls ich Sie sehe. Was war denn nun vorhin
los? Und wo sind die alten Knacker? Sie müssten eigentlich längst hier sein.«
»So, Sie haben versprochen, mir Bescheid zu sagen.« Iris gab sich
alle Mühe, sich ihr schlechtes Gewissen wegen des ausgeschalteten
Handys nicht anmerken zu lassen. Sie hatte heute Morgen völlig vergessen, es
wieder anzumachen. Sie wandte sich um. »Linda, kommst du einen Moment allein
klar? Ich müsste mal was … erledigen.«
Die Buchhändlerin nickte. »Geh ruhig. Falls es Probleme gibt, hilft
mir der nette Herr Trautmann hier. Nicht wahr? Kannst du Kaffee kochen?«
»Klar kann ich Kaffee kochen«, antwortete Max großspurig.
»Pass lieber auf, dass er deine Gäste nicht vergiftet«, meinte Iris.
»Meine Liebe, ich glaube, die Einzige, die hier gerade etwas giftig
ist, bist du«, erwiderte Linda freundlich. »Hat das eigentlich einen besonderen
Grund? Man sagt doch immer, was sich liebt, das neckt sich?«
Iris wurde feuerrot. Sie hätte Linda umbringen können. Auch
Trautmann errötete. Während Linda noch interessiert von einem zum anderen
schaute, entzog sich Iris der Musterung und möglichen weiteren Bemerkungen
durch die Flucht nach draußen.
Sie beschloss, sich zum Telefonieren auf eine Bank am Rheinuferweg
zu setzen. Sollte Linda doch Max Trautmann erklären, was mit Franz Örtler
geschehen war.
Für einige Augenblicke genoss sie den idyllischen Anblick. Ihr Blick
wanderte über die alten Häuser auf der Schweizer Rheinseite bis zur
Laufenbrücke. Die war inzwischen vollständig saniert. Die Art der Sanierung
hatte viel Missmut geschürt. Sie war von den Schweizern angeleiert worden. Doch
dann waren die Deutschen vorgeprescht und hatten wegen der Leitungen in der
Brücke die Fahrbahn ihrer Seite höher gelegt und anschließend zum Schutz der
Fußgänger und Radfahrer einen eisernen Handlauf auf der Brückenbrüstung
angebracht. Was, so fanden einige Schweizer Altstadtbewohner, nun keinesfalls
der richtige Umgang mit der um 1911 nach einem Entwurf und unter der Leitung
von Robert Maillart gebauten denkmalgeschützten Steinbrücke war. Sie hatten
dagegen geklagt. Monate waren ins Land gegangen und viel Wasser unter der
Brücke hindurchgeflossen. Doch am Ende hatten die Kläger verloren. Man hatte
die Arbeiten wieder aufgenommen, und nun war die Laufenbrücke nicht mehr in
eine sanierte deutsche und eine nicht sanierte Schweizer Seite geteilt.
Iris’ Blick wanderte zurück zu den mittelalterlichen Häusern mit
Dächern aus alten Biberschwanzziegeln, die sich jenseits der Brücke am
Schweizer Ufer aneinanderschmiegten, eng an einen karstigen Gneisfelsen an der
Biegung des Rheins gebaut. Diese dreihundertsechzig Meter hohe, fast kreisrunde
Gneiskuppe grenzte die Halbinsel, auf der die Altstadt vor vielen hundert Jahren
entstanden war, von der ansonsten flachen Talebene ab. Unten, am Wasser, hatten
einst die einfachen Leute gewohnt, die Fischer, die Karrer, die Flößer. Hier
lagen auch die Gastwirtschaften. Das Rathaus am Brunnen neben dem ehemaligen
Zöllnerhäuschen mit den öffentlichen Toiletten war einst ein Spittel gewesen.
Weiter oben am Felsen hatten sich die Reichen angesiedelt, darüber die Diener
der Kirche, ganz in der Nähe der Kirche von St. Johannis. Und darüber lag
die Burg.
Wie immer, wenn sie hier unten war, wurde Iris ruhiger. Der zurzeit
wegen des niedrigen Wasserstandes sanft
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