Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
House of God

House of God

Titel: House of God Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Samuel Shem
Vom Netzwerk:
Tonnen von Urin und tauchte unter im ständigen Strom ängstlicher Männer von sechzehn bis sechsundachtzig, die die Fernsehshow gesehen hatten und über »Schmerzen in der Brust« klagten. Die Show hatte anscheinend vor allem dem Zweck gedient, den amerikanischen Mann, was die Anatomie anging, zu verwirren, denn keiner dieser Brustschmerzen war ein Schmerz in der Brust. Vielmehr waren es Bauchschmerzen, Armschmerzen, Rückenschmerzen, Leistenschmerzen und ein echter Schmerz im großen Zeh, der, wie sich herausstellte, Gicht war. Durch all diese völlig normalen EKGs watend, spürte ich eine tiefe Verachtung für die »Aufklärung der Öffentlichkeit« über Krankheiten. Irgendein Fernsehapostel versuchte Herzanfälle zu verhökern, und überall im Land arbeiteten sich
Interns
zu Tode. Der einzige echte Herzinfarkt, den ich an diesem Tag sah, war ein Mann meines Alters, der tot eingeliefert wurde. In meinem Alter. Und ich verbrachte meine wenigen Prä-Infarkt-Jahre damit, mich selbst abzutöten, um zu überleben …
    Nachmittag. Flaute. Ich atmete etwas leichter in meinem Astronautenhelm und dachte, ich könnte es vielleicht doch noch schaffen. Plötzlich flogen die Türen auf. Gath und ich und Elihu wurden in jenes surreale, hyperakute Zeitgefühl katapultiert, das durch ein echtes Unglück entsteht. Sirenen heulten, Lichter blinkten, und mit einem Priester auf der einen und Quick auf der anderen Seite wurde Gilheeny hereingebracht, leichenblaß, die ganze rechte Seite seines Körpers blutüberströmt. Wir sprangen auf, und im nächsten Augenblick waren wir im Traumazimmer. Gilheeny lebte. Er hatte einen Schock. Während die Schwester seine Kleidung aufschnitt, und wir die großen Zugänge legten und die lebenswichtigen Organe, Kopf, Herz, Lunge, durchcheckten, erzählte uns Quick erschüttert, was geschehen war:
    »Ein Raubüberfall in einer Eisdiele. Wir jagen den Dieb, er dreht sich um und pumpt beide Läufe seiner Schrotflinte in Finton hinein.«
    »Officer Quick«, sagte Gath, »gehen Sie bitte raus.«
    Ich fühlte mich hyperlebendig und sah mich fünf Dinge auf einmal tun. Trotz meiner Konzentration auf Gilheeny wunderte ich mich, daß an einem Sonntagnachmittag, dem kältesten Tag des Jahres, so ein Dreckskerl nicht nur eine Eisdiele überfällt, sondern dabei auch noch eine Schrotflinte dabei hat. Wieviel Bargeld mag an einem verfrorenen Sonntagnachmittag im Winter in einer Eisdiele zu holen gewesen sein? Als ich mir die Schweinerei ansah, zu der die rechte Körperseite des Polizisten geworden war, wünschte ich, den Räuber in diesem Raum zu haben, um ihm die Scheiße aus dem Leib zu prügeln.
    Gilheeny hatte Glück. Sein Bein würde vielleicht nicht wieder richtig funktionieren, aber es sah nicht so aus, als würde er sterben müssen. Gath, erschüttert wie wir alle, versuchte tapfer, einen Scherz zu machen und sagte zu Gilheeny, Operationen sind gut für die Menschen, und er würde jetzt eine bekommen. Ich setzte mich zu Gilheeny, bis er in den OP geholt wurde, damit ihm nichts passieren konnte. Quick kam verstört herein und setzte sich neben mich. Dann traf der Priester ein und mit ihm der größte Polizist, den ich je gesehen habe, mit vier Sternen auf jeder Schulter, Litzen auf seinem blauen Mantel, einem großen Rangabzeichen, grauem Haar und einer eleganten, orangefarben getönten Brille.
    »Den schönsten ›Guten Morgen‹ Ihnen, tapferer Sergeant Finton Gilheeny.«
    »Ist das der Commissioner?«
    »Kein anderer. Der junge Arzt sagt, daß Sie mit Hilfe einer Operation, die wieder einmal die Nützlichkeit des Skalpells beweist, überleben werden.«
    Diese wunderliche Redeweise kam also von ganz oben. Ich fragte mich, wieviele Jahre der Commissioner in Gottes Haus Dienst getan hatte.
    »Dr. Basch, ich glaube, jetzt brauche ich die letzte Ölung doch nicht mehr. Kann der Priester dann nicht gehen? Er macht mir Angst, weil er mich daran erinnert, wie nahe ich dem Himmel oder diesem anderen, heißen Ort gewesen bin.«
    »Und haben Sie eine Nachricht für die kleine Frau, Ihre Gattin?« fragte der Commissioner, als der Priester gegangen war.«
    Ah, ja. Rufen Sie sie nicht an, ich hab ihr nämlich immer gesagt, ich würde jemanden vorbeischicken, und wenn Sie sie nun anrufen, wird sie denken, ich bin tot, und das wäre für meine epileptische Tochter und meine Frau, die ständig mit den Nerven zusammenbricht, ein bedauerlicher Fehler. Schicken Sie jemanden, Sir, wenn es geht.«
    »Ich werde selbst

Weitere Kostenlose Bücher