House of God
Hand.«
In der folgenden Stille hoben sich fünf Hände: der Kleine, Chuck, Eddie, die Krähe, der ABI . Und dann traten dem Leggo und dem Fisch fast die Augen aus dem Kopf. Sie starrten hinter uns in den Raum. Wir drehten uns um. Gilheeny und Quick hatten beide eine Hand erhoben.
»Was?« fragte der Leggo. »Sie auch? Sie sind Polizisten, keine Ärzte. Sie können doch nicht einfach ab ersten Juli Psychiater werden.«
»Polizisten sind wir zwar«, sagte Gilheeny, »und genau genommen können wir nicht Psychiater werden. Anfangs schien das eine außerordentliche Beschränkung für uns zu sein, so viel, wie wir mit Verschrobenen und kriminell Pervertierten zu tun haben …«
»Kommen Sie auf den Punkt! Was geht hier vor?«
»Tatsache ist, daß wir nicht-ärztliche Analytiker werden wollen.«
»Nicht-ärztliche Analytiker? Ihr Bullen wollt Analytiker werden?«
Eine Pause entstand, bevor eine vertraute Frage durch den Raum rollte:
»Wären wir Polizisten, wenn wir es nicht wollten?«
»Ja«, sagte Quick, »Die Psychoanalyse ist uns von unserem alten Freund Granaten-Zimmer-Dubler in den Kopf gesetzt worden. Auch Dr. Jeffrey Cohen …«
»Was?!« brüllte der Leggo. »Dubler ist Psychiater geworden?«
»Nicht bloß Psychiater, nein,« sagte Gilheeny, »ein Freudscher Analytiker.«
»Dieser Verrückte? Ein Freudscher Psychoanalytiker?«
»Und nicht bloß Psychoanalytiker«, sagte Quick, »sondern der bärtige Präsident des Instituts für Psychoanalyse, ein hervorragender Gelehrter und Humanist.«
»Ja«, sagte Gilheeny, »Dubler hat nie zurückgeschaut, nachdem er das
House of God
gleich nach seinem
Internship
verlassen hatte, und ist bis ganz nach oben gekommen. Im Augenblick zieht er für uns die Fäden, reicht uns ›ein Händchen‹.«
»Und mit Fintons verhunztem Bein«, sagte Quick, »ist es sowieso Zeit für uns, eine etwas weniger umtriebige Laufbahn einzuschlagen. Psychotherapie ist genau das richtige.«
»Denn hat der große Sigmund Freud nicht 1912 ein Symposium über Masturbation mit der Feststellung abgeschlossen: Das Thema Onanie ist unerschöpflich?«
»Und wird es nicht seine Zeit dauern, mit unserem Kirchendogma aufzuräumen, daß Masturbation den katholischen Knaben krank und blind macht, Haare auf seinen Handflächen wachsen läßt, ihn verdammt und seine Beinknochen verformt wie bei einem rachitischen Waisenkind?«
»Aber entschuldigen Sie,
Chief
«, sagte Gilheeny, verschränkte seine gewaltigen Arme vor der Brust und lehnte sich wieder an die Tür. »Wir wollen die freien Assoziationen jetzt nicht weiterführen.« Und er schloß seine Augen und versank wieder in Schweigen.
Der Leggo war erschüttert. Er wandte sich wieder zu uns, befingerte ängstlich das in seinen Hosen vergrabene Stethoskop und fragte:
»Psychiatrie? Alle fünf? Ich verstehe das nicht. Hooper?«
»Nun«, sagte Hooper dämlich, »ich muß zugeben, ich habe lange an Pathologie gedacht, aber aus verschiedenen Gründen scheint mir gerade jetzt Psychiatrie die bessere Wahl. Viel aufzuarbeiten,
Chief
… die Scheidung, geteilter Hausstand, der Abschied vom Schwiegervater, da kommt so einiges zusammen … nun ja, die Braut ist Pathologin, sie wird mich über die Leichen auf dem laufenden halten.«
»Chuck? Sie auch?« fragte der Leggo.
»Sie wissen ja, wie das is, Mann. Ich meine, sehn Sie mich an. Alsich herkam, sah ich toll aus, oder, Jungs? Ich war schlank, athletisch, Klamotten wie’n echt cooler Typ, wissen Sie noch? Jetz binich fett, Plünnen wie’n Nachtwächter, ’n verdammter Penner. Warum? Ihr Typen und die Gomers, darum. Am meisten Sie … Sie ham aus mir gemacht, wasich jetz bin. Danke, Mann, vielen Dank. Wär ja total bescheuert, wenn ich noch die zweite Runde bleiben würd.«
Chucks Ausbruch verblüffte uns. Der Leggo sah verwirrt und verletzt aus. Er wollte sich gerade an Eddie wenden, doch der Kleine, der immer zorniger geworden war, explodierte:
»Verdammt noch mal, Leggo, Sie begreifen überhaupt nicht, was wir in diesem Jahr durchgemacht haben. Sie haben keine Ahnung!«
Bedrohliches Schweigen. Der Kleine rollte so wild mit den Augen, als wolle er dem Leggo jeden Moment an die Gurgel, und der Fisch stellte sich schützend vor seinen
Chief
und winkte den Polizisten. Wutschnaubend fuhr der Kleine fort:
»Es gibt eine gute Nachricht und eine schlechte. Die schlechte ist: Hier stinkt es nach Scheiße. Die gute Nachricht ist: hier stinkt es gewaltig nach Scheiße. Sie haben uns in diesem
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