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House of God

House of God

Titel: House of God Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Samuel Shem
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und dann mich, und ich sah Chuck an und dann wieder Selma, die fortfuhr:
    »Seit dreißig Jahren versuche ich zu lernen, meinen Ärger auf diese Art auszudrücken, und Sie schaffen das einfach so. Ich wünschte, Sie würden mir das beibringen. Und Sie dürfen mir glauben: So mancher Psychotherapeut hat das schon versucht; die besten in der ganzen Stadt. Ohne Erfolg.«
    Obwohl das Herz mir dabei schwer wurde, lächelte ich verführerisch und wußte, daß ich der Auserwählte war.
    Am nächsten Morgen erschien Chuck als erster zu Jos Visite, eine halbe Stunde zu spät. Eine Stunde später schlenderte ich herein, und noch etwas später trudelte der Kleine ein. Nachdem wir die schäumende Jo abgeschüttelt hatten, erzählte ich Chuck und dem Kleinen, daß ich am Vorabend zu Selma rübergegangen war, daß wir Hard Rock gehört hatten, Selma von ihrer Einsamkeit und ihrer schweren Nase erzählt und mir nach einem Drink und einem Joint gesagt hatte, sie fände es schön, wenn ich dabliebe. Ich hatte mich zuerst gewunden, weil sie mich an meine Mutter erinnerte, dann aber an meine Pflicht gegenüber meinen Freunden gedacht und mich auf das Schlimmste gefaßt gemacht. Als Selma das Licht dimmte und den BH auszog, war ich schockiert gewesen.
    »Schlimm, oder? Mann, wir kriegen diese Gomers nie verlegt.«
    »Nein. Nicht schlimm. Gut. Toll! Ihre Brüste sind wunderschön. Jahrgang Ava Gardner, 1916 , und noch immer Dynamit.«
    »Wie macht sie das, Mann?«
    »Ich hab sie gefragt. Premarin.«
    »Premarin?«
    »Premarin. Östrogen-Präparat. Weibliches Hormon für den ganzen Körper. Das ist, als würdest du mit dem reinen Frauenmolekül schlafen. Phantastisch!«
    Der Kleine war die ganze Zeit still gewesen, aber als ich zu Ende erzählt hatte, platzte er mit seiner Geschichte heraus, nämlich, daß er die Nacht mit Rosalie Cohen verbracht hatte. Chuck zog eine Grimasse und sagte:
    »Du hast es mit diesem häßlichen Käfer getrieben? Iiihh!«
    »Es war suuuper,« sagte der Kleine mit seinem verrückten Grinsen.
    »Der Mann, der Rosalie Cohen umgelegt hat«,
sagte ich.
    »Chuck, wir haben ein Monster geschaffen.«
    »Mann, wie ist das, wenn man neben der alten Rosalie aufwacht?«
    »Na ja,« sagte der Kleine, »ich hab versucht, ihr nicht ins Gesicht zu sehen.«
     
    Nach und nach kriegten wir die Gomers los. Ein wahrhaft Goldenes Zeitalter brach an. Vom Leggo bis hinunter zu Levy dem Kneifer begriff niemand, wieso Station 6 -Süd nur die Hand heben mußte, und schon taten sich Pflegeheimbetten auf. Gomers, die unmittelbar vor ihrem offiziellen Ableben standen, wurden von unserer Cervix als »mit sehr guten Aussichten auf eine erfolgreiche Rehabilitation« beschrieben und in einem Heim aufgenommen, sobald ein Bett frei wurde. Inkontinenten Gomers, die die Station vollschissen, bescheinigte man »kein Problem mit Harn- und Stuhlkontrolle«. Und sie schissen auf die Trage des Krankenwagens, sie schissen im Fahrstuhl, sie schissen den Flur entlang zum Krankenwagen und sie schissen auf der Fahrt im jaulenden Krankenwagen und kamen schließlich in das Pflegeheim, das ihre Familie ausgewählt hatte, um dort in Ruhe ihren Weg zur Unsterblichkeit vollzuscheißen. In Heimen wie dem New Masada wurden ihre Körper nach der Schwere ihrer Erkrankung geordnet und etagenweise gestapelt. Jene, die man dem Tod am nächsten glaubte, in der obersten Etage, dem Himmel am nächsten. Anna und Ina waren vier Monate bei uns gewesen, und es war traurig, daß sie nun gingen. Aber wenn sie unser Winken zum Abschied überhaupt wahrnahmen, reagierten sie darauf nur mit einem »Ruuuuudl …« und »Geh weg …«. Rülpsend und stinkend verschwand auch die Broccoli-Lady. Der Exodus nahm seinen Lauf.
    Die Gomers gingen, und die harten Brocken kamen. Und immer wieder einmal geschah es, daß einer dieser sterbenden Jungen gerettet wurde. Eines Tages sprossen in der jüngsten Knochenmarks-Biopsie des leukämischen Schneiders Saul normale weiße Zellen wie ein Beet Krokusse in den verkohlten Feldern von Hiroshima.
    »Was?« sagte ich und blinzelte auf diese Millionen von Blumen, die bedeuteten, daß Saul vielleicht am Leben blieb. »Eine Remission! Sieh dir das an!«
    »Verdammt! Das is was!« sagte Chuck und schaute durchs Mikroskop.
    »Rrhhmmmmm rhmmmm, also, wenn das nix is!«
    »Das ist super!« sagte ich und merkte, wie sehr ich versucht hatte, keine Hoffnung für Saul in mir aufkeimen zu lassen, weil die Chancen gegen diese Knospen standen. Ich lief in sein

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