House of Night 7. Verbrannt
war, wie sie Kurtis anbrüllte, er solle seinen dicken Arsch bewegen.
Dann schloss sich der Tunnel, und Stille kehrte ein.
»Kommt«, sagte Stevie Rae. Bevor sie genauer darüber nachdenken konnte, welches Szenario sich ihr bieten würde, trat sie in die Küche, geradewegs zu den verstümmelten, blutenden Körpern hin, die Nicole zurückgelassen hatte. Es waren fünf. Drei, darunter Starr, waren Nicoles abgeprallten Kugeln zum Opfer gefallen. Die beiden restlichen waren niedergetrampelt worden. »Alle tot.« Es kam ihr selber seltsam vor, wie ruhig sie klang.
Dallas drückte ihr flüchtig die Schulter. »Johnny B, Elliott, Montoya und ich kümmern uns um sie.«
»Ich muss mit euch kommen«, gab sie zurück. »Ich will die Erde öffnen, damit wir sie begraben können, und das will ich nich hier tun. Ich will sie nich dort haben, wo wir wohnen werden.«
Er strich ihr sanft über die Wange. »Okay, tu, was du für richtig hältst.«
»Hüllt sie in die Schlafsäcke.« Kramisha bahnte sich durch den Schutt und die Leichen einen Weg zu dem kleinen Abstellraum und kam mit den Armen voller Schlafsäcke zurück.
»Danke, Kramisha.« Mechanisch nahm Stevie Rae ihr einen nach dem anderen ab und zog die Reißverschlüsse auf. Da wurde sie auf ein Geräusch aus dem Türrahmen aufmerksam. Dort standen mit kalkweißen Gesichtern Venus, Shannoncompton und Sophie. Sophie schluchzte immer wieder krampfhaft auf, aber keine Tränen standen in ihren Augen. »Geht zurück zum Hummer«, sagte Stevie Rae zu ihnen. »Wartet dort. Wir fahren zurück in die Schule. Heute bleiben wir noch nich hier. Okay?«
Die drei Mädchen nickten, hielten sich aneinander fest und verschwanden in den Tunneln.
»Musst du vielleicht seelsorgen«, bemerkte Kramisha.
Stevie Rae sah von ihrem Schlafsack auf. »Und du, brauchst du keine Seelsorge?«
»Nee. Hab ich mal Schulpraktikum in Notaufnahme von St. John’s gemacht. Was da abgeht, das ist der helle Wahn.«
Stevie Rae wünschte, sie hätte auch Erfahrung mit ein bisschen ›hellem Wahn‹. Mit zusammengepressten Lippen versuchte sie, ihr Gehirn möglichst abzuschalten, während sie die fünf Toten in Schlafsäcke hüllten und die Jungs sie dann ächzend vor Anstrengung durch das Bahnhofsgebäude nach draußen trugen. Stevie Rae folgte ihnen. Schweigend führte sie sie zu einer dunklen, verwilderten Fläche neben den Bahngleisen. Dort kniete sie sich hin und stützte die Handflächen auf die Erde. »Öffne dich, bitte, und nimm diese Kinder wieder in dich zurück.« Die Erde erzitterte wie die zuckende Haut eines Tiers und öffnete sich dann zu einem tiefen Spalt. »Werft sie rein«, bat sie die Jungs. Wortlos und grimmig folgten diese dem Befehl. Als der letzte Körper verschwunden war, sagte Stevie Rae: »Nyx, ich weiß, diese Kids haben ’n paarmal die falsche Wahl getroffen, aber ich glaub, es war nich nur ihre Schuld. Sie sind meine Jungvampyre, und als ihre Hohepriesterin bitte ich dich, sei gnädig zu ihnen und lass sie den Frieden finden, den sie hier nie gefunden haben.« Mit einer Handbewegung flüsterte sie: »Schließ dich über ihnen, bitte.« Und wie die Jungs folgte auch die Erde ihrem Befehl.
Als Stevie Rae aufstand, fühlte sie sich ungefähr hundert Jahre alt. Dallas wollte ihr wieder über die Wange streichen, aber sie machte sich einfach nur auf den Weg zurück in den Bahnhof. »Dallas, würden Johnny B und du euch hier nochmal umsehen und dafür sorgen, dass die Kids, die sich in den Bahnhof geflüchtet haben, kapieren, dass sie hier nich mehr willkommen sind? Ich bin in der Küche. Kommt dann wieder dorthin, okay?«
»Kapiert, Mädel«, sagte Dallas, und er und Johnny B trabten davon.
»Ihr anderen könnt schon mal zum Hummer gehen«, sagte sie. Ohne ein Wort trotteten die Jungs zu der Treppe, die zum unteren Parkplatz führte.
Langsam schlich Stevie Rae zurück in die blutgetränkte Küche. Dort fand sie Kramisha, die ein paar große Müllsäcke gefunden hatte und vor sich hinmurmelnd alle Abfälle, die sie fand, hineinstopfte.
Stevie Rae nahm sich wortlos einen Müllsack und gesellte sich zu ihr. Als sie den größten Teil des Drecks entsorgt hatten, sagte sie: »Okay, du kannst jetzt aufhören. Ich werd versuchen, mit Hilfe der Erde das Blut wegzukriegen.«
Kramisha betrachtete den festgetretenen Lehmboden. »Boden saugt es nicht mal auf.«
»Ja, ich weiß. Ich will das ändern.«
Kramisha sah auf. »Hey, ich weiß, bist du unsere Hohepriesterin, aber darfst du
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