House of Night 7. Verbrannt
mit Hilfe ihrer Körperkraft eine Schlacht gewinnen könnte, aber genug, um die Moral des Kriegerverbunds zu schwächen, indem sie Bruder gegen Bruder stellte.
Männer
, dachte sie verächtlich,
wie leicht sind sie durch Schönheit und Titel zu blenden, und wie leicht kann man sie sich für seine Pläne gefügig machen
.
Der Gedanke gefiel ihr, lenkte sie aber nicht genug ab, um ihre Rastlosigkeit zu verscheuchen. Sie stieg aus dem Bett, schlüpfte in einen hauchdünnen Seidenkimono und begab sich hinaus in den Gang. Ehe sie genauer darüber nachdachte, war sie schon auf dem Weg zu der Treppe, die in die dunkelsten Tiefen der Burg führte.
Lautlos zogen Schatten hinter ihr her, dunkle Magnete, angezogen von ihrer zunehmenden Erregung. Neferet war sich ihrer bewusst. Sie kannte ihre Gefährlichkeit, wusste, dass sie sich von ihrem Unwohlsein, ihrem Zorn, ihrer Rastlosigkeit nährten. Dennoch war es seltsam tröstlich, sie in der Nähe zu haben.
Nur einmal hielt sie auf ihrem Weg in die Tiefe inne.
Warum besuche ich ihn schon wieder? Warum gestatte ich ihm auch heute Nacht, sich in meine Gedanken zu schleichen?
Neferet schüttelte den Kopf, wie um die stummen Worte zu verscheuchen, und sprach in den leeren, engen Treppenschacht hinein, zu der Finsternis, die aufmerksam neben ihr waberte: »Ich besuche ihn, weil es mein Wunsch ist. Kalona ist mein Gefährte. Er wurde in meinem Dienst verwundet. Es ist nur natürlich, wenn ich an ihn denke.«
Mit selbstzufriedenem Lächeln stieg Neferet weiter die gewundenen Stufen hinunter. Es bereitete ihr keine Mühe, die Wahrheit zu verdrängen: dass Kalona verwundet worden war, weil sie ihn gefangen hatte, und der Dienst, den er ihr erwies, ein erzwungener war.
Dann erreichte sie den Kerker, der vor vielen Jahrhunderten hier unten in den felsigen Grund Capris gehauen worden war, und schritt lautlos den fackelerhellten Gang entlang. Der Sohn des Erebos, der vor dem verriegelten Raum Wache stand, konnte ein überraschtes Zusammenzucken nicht unterdrücken. Neferets Lächeln vertiefte sich. Sein entgeisterter, fast furchtsamer Gesichtsausdruck zeigte ihr, dass sie immer besser darin wurde, scheinbar aus Schatten und Nacht Gestalt anzunehmen. Ihre Laune verbesserte sich, aber nicht so weit, dass der unbarmherzige Befehlston in ihrer Stimme etwa durch ein Lächeln gemildert worden wäre.
»Geh. Ich will mit meinem Gefährten alleine sein.«
Der Sohn des Erebos zögerte nur einen Moment lang, doch die winzige Pause genügte Neferet, um sich im Stillen vorzunehmen, dafür zu sorgen, dass dieser Krieger in den nächsten Tagen nach Venedig zurückberufen werden würde. Vielleicht, weil einer ihm nahestehenden Person ein Unglück zustoßen würde …
»Priesterin, ich überlasse Euch ganz Euch selbst. Aber wisst, dass ich in Rufweite sein und sofort herbeigeeilt kommen werde, solltet Ihr meiner bedürfen.« Ohne ihr in die Augen zu blicken, verneigte er sich mit der Faust über dem Herzen – doch nicht tief genug.
Neferet sah ihm nach, wie er in dem engen Gang verschwand.
»Ja«, flüsterte sie den Schatten zu. »Ich spüre, dass seiner Gemahlin etwas höchst Unerfreuliches zustoßen wird.«
Sie strich ihren seidenen Überwurf glatt und wandte sich der verschlossenen Eichentür zu. Tief atmete sie die feuchte Kerkerluft ein und strich sich ihr dichtes kastanienbraunes Haar aus dem Gesicht, entblößte ihre Schönheit, als gürtete sie sich zum Kampf.
Auf einen Wink von ihr öffnete sich wie von selbst die Tür, und sie betrat den Raum.
Kalona lag auf der nackten Erde. Sie hätte gern ein Bett für ihn aufgestellt, doch sie musste Umsicht walten lassen. Nicht, dass sie ihn gefangen hielt – sie handelte lediglich vernünftig. Kalona musste seine Aufgabe für sie erfüllen, das war auch in seinem Interesse. Doch wenn sein Körper zu viel von seiner unsterblichen Kraft regenerierte, würde ihn das ablenken, und das wäre höchst ungünstig. Schließlich hatte er ihr versprochen, in der Anderwelt ihr Schwertarm zu sein und ihnen beiden die Unannehmlichkeit vom Hals zu schaffen, die Zoey Redbird in dieser Zeit, dieser Realität für sie darstellte.
Neferet trat zu Kalonas Körper. Ihr Gefährte lag flach auf dem Rücken, nackt, nur in seine onyxfarbenen Flügel gehüllt wie in einen Schleier. Anmutig sank sie auf die Knie, streckte sich auf dem Lager aus dicken Tierfellen aus, das sie zu ihrer Bequemlichkeit hier hatte ausbreiten lassen, und betrachtete ihn.
Mit einem Seufzer
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