House of Night 7. Verbrannt
und dem Gespräch gerade eben im Auto. Nur eines ließ sie aus: Rephaim. Als sie geendet hatte, war Grandmas Gesicht so weiß wie direkt nach dem Unfall, als sie dem Tode nahe im Koma gelegen hatte.
»Zerborsten. Die Seele meiner Enkelin ist zerborsten«, sagte sie langsam, als läge über den Worten selbst ein schwerer Vorhang aus Trauer.
Stevie Rae sah ihr unbeirrt in die Augen. »Stark macht sich bereit, um zu ihr zu gelangen. Und dann wird er sie beschützen, damit sie sich wieder zusammenstückeln kann.«
»Zeder«, sagte Grandma und nickte, als hätte sie gerade eine Frage beantwortet, und Stevie Rae müsste ihr zustimmen.
»Zeder?« Stevie Rae hoffte, dass Grandma durch die schlechten Neuigkeiten nicht im wortwörtlichen Sinn den Verstand verloren hatte!
»Zedernnadeln. Bitte sag Stark, dass, während er in Trance ist, unbedingt die ganze Zeit über Zedernnadeln neben ihm verbrannt werden müssen.«
»Das hab ich nich kapiert, Grandma.«
»Zedernnadeln sind eine mächtige Medizin. Sie vertreiben die
a-s-gi-na
, die bösartigsten Geister, die es gibt. Zu Zedernnadelrauch greift man nur in Zeiten großer Not.«
»Okay, unsere Not ist schon ziemlich groß, würd ich sagen.« Erleichtert sah Stevie Rae, dass langsam etwas Farbe auf Grandmas Wangen zurückkehrte.
»Sag Stark, er muss den Rauch tief einatmen und sich darauf konzentrieren, ihn in die Anderwelt mitzunehmen – er muss sich ganz fest vorstellen, dass der Rauch seinem Geist dorthin folgen wird. Der Verstand kann ein mächtiger Verbündeter des Geistes sein. Manchmal kann unser Verstand tatsächlich die Struktur unserer Seele verändern. Wenn Stark fest daran glaubt, dass der Rauch seinen Geist begleiten kann, wird dieser genau das tun und ihn auf seiner Suche zusätzlich beschützen.«
»Ich sag’s ihm.«
Grandma drückte ihre Hand fester. »Manchmal können uns Dinge, die uns klein oder unwichtig erscheinen, in der bittersten Stunde eine große Hilfe sein. Ihr dürft nichts unterschätzen – vor allem Stark nicht.«
»Tun wir nich, Grandma. Keiner von uns. Da bin ich ganz sicher.«
Da eilte Schwester Mary Angela herein. »Sylvia, ich habe gerade draußen mit Kramisha gesprochen!« Als sie Stevie Rae sah, blieb sie abrupt stehen. »Heilige Muttergottes. Es ist also wirklich wahr.« Die Nonne senkte den Kopf, offensichtlich kämpfte sie mit den Tränen. Aber als sie sich wieder aufrichtete, war ihr Gesicht voller Entschlossenheit. »Nun, dann müssen wir der Situation entsprechend handeln.« Unvermittelt drehte sie sich um und wollte den Raum verlassen.
»Was haben Sie vor, Schwester?«, fragte Grandma Redbird.
»Ich werde zum Gebet in die Kapelle rufen lassen. Wir werden beten. Wir alle.«
»Zu Maria?«, fragte Stevie Rae, unfähig, ihre Skepsis zu verbergen.
Die Nonne nickte und sagte mit ihrer festen, ruhigen Stimme: »Ja, Stevie Rae. Zu Maria, unserer lieben Frau, die wir als unsere geistige Mutter betrachten. Vielleicht hat sie nichts mit Nyx gemein; vielleicht aber doch. Aber ist diese Frage momentan wichtig? Sag mir, Hohepriesterin der Roten Jungvampyre, glaubst du wirklich, dass es falsch sein kann, im Namen der Liebe um Hilfe zu bitten, egal in welcher Erscheinungsform diese Hilfe schließlich zu uns kommt?«
Vor Stevie Raes geistigem Auge blitzte kurz Rephaim mit seinen menschlichen Augen auf, wie er der Finsternis die Stirn bot und den Preis auf sich nahm, den sie dieser schuldete, und ihr Mund war plötzlich trocken.
»Sorry, Schwester. Ich hab mich geirrt. Bitten Sie Maria ruhig um Hilfe. Manchmal findet man die Liebe genau da, wo man’s nie erwartet hätte.«
Schwester Mary Angela sah Stevie Rae sehr lange in die Augen. Dann sagte sie: »Du darfst gern an unserem Gebet teilnehmen.«
Stevie Rae lächelte sie an. »Danke, aber ich muss noch selber ’n bisschen beten.«
Stevie Rae
»Oh nein, lüg ich nicht für dich, nie im Leben!«, sagte Kramisha.
»Ich will doch nich, dass du lügst«, widersprach Stevie Rae.
»Willst du doch. Willst du, dass ich sage, überprüfst du noch mit Schwester Mary Angela den Tunnel zum Bahnhof. Weiß doch jeder, dass hast du Tunnel zugemacht, als wir letztes Mal hier waren.«
»Nich jeder«, wandte Stevie Rae ein.
»Doch, jeder. Und beten außerdem alle Nonnen für Zoey, und ist nicht gut, betende Nonne in Lüge zu benutzen.«
»Na gut. Dann geh ich halt in den Tunnel und überprüf ihn, wenn dich das glücklicher macht.« Sie konnte nicht fassen, dass Kramisha um die Bitte, ihr
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