Huebsch in alle Ewigkeit Roman
Vampire .«
»Klingt überhaupt nicht gut«, sagte Vivian düster. »Keinen Orgasmus?«
Lulu schüttelte den schweren Kopf.
»Aber wer will das denn kontrollieren?«, fragte ich.
»Genau. Es gibt doch wohl kein Ministerium für den Austausch von Körperflüssigkeiten!« Vivian kicherte.
Lulu schaute uns mit hochgezogenen Augenbrauen an. »Kinder, Kinder«, stöhnte sie theatralisch, »ihr habt wohl noch nichts von der Quote gehört.«
Nein, hatten wir nicht.
Sie erklärte uns, dass es seit Anfang 1990 nicht mehr
erlaubt ist, ohne Genehmigung der Verwaltung Menschen zu Vampiren zu machen. »Seit dem Fall der Mauer ist die Republik von Vampiren aus dem Osten regelrecht überrannt worden. Und jetzt muss man beim Identitätsministerium einen Antrag auf Vampirrekrutierung stellen, der dann vielleicht irgendwann mal bearbeitet wird und noch vielleichter irgendwann genehmigt wird.« Sie seufzte. »Was waren das vorher herrliche Zeiten gewesen!«
»Und wer sich nicht daran hält?«, fragte ich.
»Der bekommt eine Kopfrasur, bei der kein Haar mehr dranbleibt.« Lulu fuhr langsam mit dem Zeigefinger ihre Kehle entlang.
Vivian und ich schauten uns erschrocken an. Die Vampirrepublik hatte wirklich verdammt gute Argumente, um seine Gesetze durchzusetzen. Wir beschlossen also notgedrungen, unser Beuteschema ein bisschen zu ändern. Und als wir uns erst mal an den Gedanken gewöhnt hatten, dass ein Orgasmus zukünftig nicht mehr das Ziel beim Sex war, stellten wir fest, dass das die Auswahl an Liebhabern deutlich vergrößerte.
Auch heute halten wir (vor allem Vivian natürlich) mal wieder Ausschau nach Jungs. Der Club ist neu, total schick mit viel rotem Samt und Kronleuchtern und rappelvoll. Lulu, Vivian und ich stehen auf einer Balustrade und schauen auf die bebende Tanzfläche, wo junge Leute zu House-Musik Hüften, Schultern und Beine schwingen lassen.
»Sollen wir tanzen?«, fragt Vivian.
»Ach nöö, lieber nicht«, sage ich.
Musik ist freilich nicht mehr so eine große Sache, seit wir tot sind. Es ist, als ob unser Körper die Schwingungen nicht mehr aufnehmen kann. Die Musik perlt an uns ab wie an einem Latexanzug. Am Anfang habe ich das Wummern der Bässe, das einen im Magen kitzelt, noch vermisst, aber mittlerweile habe ich mich daran gewöhnt. Blöd ist nur, dass ich nicht mehr so gerne tanze. Ich habe einfach Probleme, den Rhythmus zu finden. Früher konnte ich die Musik durch mich hindurchfließen lassen und mich automatisch dazu bewegen, jetzt holpere ich rum wie einer der ungelenken Jungs, die glauben, Taktgefühl sei bloß eine weitere überflüssige Erfindung von Freiherr Knigge. Das ist mir zu peinlich!
»Mich brauchst du auch nicht fragen«, sagt Lulu. »Bei einem schönen Menuett würde ich nicht Nein sagen, aber das hier ist nicht mein Fall.« Sie nimmt ein silbernes Nasensprayfläschchen und sprüht sich was in die Nase.
»Was ist das denn schon wieder?«, fragt Vivian.
Lulu schnieft und grinst. »Nennt sich Vamphetamin. Kommt direkt aus einem Hightechlabor in Holland. Wollt ihr mal?« Wir lehnen kopfschüttelnd ab. »Will ich euch auch nicht geraten haben«, sagt Lulu, »ist nichts für schwache Nerven.«
Sie steht total auf Designerdrogen, rät uns aber immer davon ab. Denn die Gefahr, dass man die Zeit vergisst und plötzlich von der Sonne überrascht wird, ist zu groß. »Und diese Afterparty wollt ihr nicht erleben, da könnt ihr einen drauf lassen.«
Wir sagen Lulu ständig, sie soll die Finger davon lassen,
aber sie meint, sie hätte weiß der Teufel genug Erfahrung in dem Bereich, schließlich hätte es Opiate schon im alten Ägypten gegeben. Und das neue Zeug scheint auch gut zu wirken, denn Lulu grinst vor sich hin und macht uns ein Zeichen, dass sie mal eine Runde dreht. Wir beobachten, wie sie sich durch die Menge schiebt, genau auf einen knackigen Typen in Lederjacke am Tresen zu, den sie kurz darauf in ein Gespräch verwickelt hat.
»Hey, Leni, guck mal da«, ruft Vivian plötzlich und zeigt auf einen schlaksigen Kerl mit albernem Backenbärtchen, der mit seinen Extremitäten so ungelenk auf der Tanzfläche rumfuchtelt, als hätten seine Arme und Beine nur zufällig denselben Nachnamen. »Mit dem hatte ich Rosenmontag 1997 eine Affäre. Frank heißt er.«
»Und wie war er im Bett?«, frage ich.
»Schlecht.«
»Ehrlich? Cool!«
»Es bestand null Gefahr, dass ich komme.«
»Was für ein Glück!«
»Schade, dass ich ihn nicht noch mal treffen kann«, sagt Vivian. »Er
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