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Huebsch in alle Ewigkeit Roman

Titel: Huebsch in alle Ewigkeit Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emma Flint
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sagt Sandra. Weiterhin abgelenkt von unserem Aussehen spult sie ihre Angebermasche runter: »Bin ja direkt nach dem Abi in die Staaten gegangen und nur zurückgekommen, um von Köln aus den Vertrieb von Powder, Nail & Glamour in Deutschland aufzubauen, das ist ein weltweit expandierender Kosmetikkonzern, der …«
    »Kenne ich«, fahre ich ihr großspurig in die Parade.
    »Ich muss wirklich sagen, euer Make-up ist eine Wucht. Was ist das für eine Marke?«
    »Hat Vivian selbst gemischt«, sage ich stolz.
    »Waaasss?«, ruft Sandra. »Wie hast du das denn gemacht?«

    »Die Basis ist eine Theaterschminke, dazu habe ich verschiedene Flüssig-Make-ups gemischt und noch ein paar geheime Zutaten«, erklärt Vivian, als handele es sich um das preisgekrönte Rezept eines Kartoffelsalats.
    »Du hast auf jeden Fall auch lichtreflektierendes Puder verwendet«, stellt Sandra fachmännisch fest.
    »Jep.«
    »Und bei welchem Schönheitschirurgen wart ihr?«
    »Bei keinem«, posaune ich aus.
    »Das glaube ich nicht.«
    »Glaub es oder lass es.«
    »Aber Botox habt ihr doch spritzen lassen?«
    »Nein.«
    »Wirklich verblüffend. Euer Make-up hat wirklich eine total verjüngende Wirkung. So was habe ich noch nie gesehen!« Sie mustert uns weiterhin, und ihr ehrliches Staunen wirkt fast wie ein Kompliment. Doch gerade als ich denke, vielleicht ist sie doch gar nicht mehr so übel, ändert sich ihre Stimmlage, und sie sagt in ihrem typischen megaätzenden Lady-Shave-Ton: »Aber euer Concealer taugt absolut nichts.«
    O-oh! Ich schaue Vivian erschrocken an. Alleine an der Abdeckung der Schatten unter den Augen hat sie drei Monate gearbeitet.
    »Wie bitte?«, sagt Vivian. »Du hast ja keine Ahnung!«
    »Haha«, sagt Lady Shave. »Ich und keine Ahnung!«
    »Dann überschmink du doch mal solche Augenringe. Ich wette, das schaffst du nicht!«, werfe ich ein.
    »Wie meinst du das denn?«
    »Ach, das hat sie doch nur so gesagt«, sagt Vivian
und will mich schon wegziehen, da fragt Sandra: »Seid ihr etwa im Schichtdienst tätig? Ich kenne das von den Nachtschwestern im Krankenhaus, für die haben wir eine eigene Kosmetiklinie entworfen. In welcher Branche seid ihr denn?« Ihr Blick bleibt an meiner Frisur hängen. »Ah, nichts sagen, ich hab’s!« Sie schaut mich triumphierend an und verkündet: »Hostessenservice!«
    Die Wut durchfährt mich wie ein Blitz. Die Frisur ist vielleicht Achtziger, aber nicht Nutte!
    »Hostessenservice?«, knurre ich und eine ungeahnte Energie durchströmt mich, ich fühle mich stark und kompromisslos wie eine Löwenmutter, die ihre Jungen gegen ein Rudel Hyänen verteidigen muss, und ich sehe mich, wie ich Lady Shave meine stahlharten Acrylnägel in die gestraffte Fratze hacke, bevor ich ihr die Halsschlagader zerfetze und sie ausschlürfe bis auf einen letzten winzigen Tropfen, der sie elendig krepieren lässt. Ich plustere mich auf, mustere ihre langen blonden Haare mit den billigen schwarzen Strähnen, und da meine Zähne gewachsen sind, zische ich mit aller Verachtung durch fast geschlossene Lippen: »Guck doch in den Spiegel.«
    Dann werfe ich ihr einen letzten vernichtenden Blick zu, drehe mich um und gehe raus. Ich höre noch, wie Vivian sich verabschiedet und Sandra ruft: »Lasst uns doch mal telefonieren und über die guten alten Zeiten plaudern!«
     
    »Na, der hast du es aber gezeigt, Leni«, sagt Vivian, als wir wenig später durch die kalte Nacht nach Hause laufen. »Sie war ja richtig eingeschüchtert.«

    Ich gehe auf ihre ironische Bemerkung nicht ein, dafür bin ich zu wütend. »Wie kann man nur so unverschämt sein wie Lady Shave! Sie hat sich wirklich kein bisschen verändert.«
    »Einmal Kackbratze, immer Kackbratze«, sagt Vivian schulterzuckend.
    »Aber wie kann man mit so einer Masche auch noch erfolgreich durchs Leben kommen? Ich meine, sie hat ja wohl kein bisschen Anstand und Feingefühl und Respekt.«
    »Reg dich doch nicht über das auf, was so eine Schnepfe sagt.«
    »Aber wenn sie mich doch in einem fort beleidigt! Ich verstehe wirklich nicht, wie du so ruhig bleiben kannst!«
    »Ganz einfach. Was die Alte sagt, geht bei mir da rein, und da wieder raus.«
    Einen Moment laufen wir stumm durch die Nacht. »Ach, verdammt«, murre ich. »Ich wünschte, ich hätte endlich eine coole Vampirkraft.«
    »Ja, das wäre super. Ich bin ja mal so gespannt, was für übernatürliche Kräfte wir entwickeln«, plappert Vivian, »und wann es endlich so weit ist! Ich fände es cool, so richtig

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