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Huebsch in alle Ewigkeit Roman

Titel: Huebsch in alle Ewigkeit Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emma Flint
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Salat mit Thunfisch, dann habe ich abends noch 800 Kalorien frei.
    »Na gut«, grinst Walburga Heimlich und meldet mich bei ihrem Chef an.
    Wow! Das habe ich ja wohl spitzenmäßig hingekriegt! Kalorienzählen ist wie Fahrrad fahren. Das verlernt man nie. Und schwupps bin ich drin. Jetzt kommt der schwerste Teil: die Höhle des grapschenden Löwen. Kowarschs Büro ist vollgestopft mit altem Plunder, in jedem Regal stehen Bürokraten-Devotionalien wie antike Rechenmaschinen, ausrangierte Schreibmaschinen und nostalgische Telefone. Kowarsch selbst sitzt hinter einem massiven Schreibtisch mit floralen Schnitzereien, sein bleiches weiches Fleisch und das schwere Eichenholz scheinen miteinander zu verschmelzen. Er sieht aus wie ein Baumpilz, der an der Tischplatte festgewachsen ist.
    Kowarsch lächelt, als er mich sieht. »Ein fleißiges Bienchen kommt herein«, säuselt er, und stößt sich mit den Händen von der Tischkante ab. Sein Bürostuhl rollt zurück, und der Bauch schwappt auf seine Beine. Seine Füße berühren beim Sitzen kaum den Boden, so klein ist er, deswegen muss er fast einen Hopser machen, um aufzustehen. Ich lege meine Mappe auf den runden Besprechungstisch im vorderen Teil des Büros.
    »Sie wollen also meine Angestellten motivieren«, sagt er gönnerhaft. »Sie machen sich, Fräulein Leni.« Er tätschelt
mir die Schulter und lässt seine Hand auf meinen Oberarm gleiten. Ich beiße mir auf die Lippen, um ihn nicht anzuschreien.
    »Ja, sehen Sie hier«, sage ich und halte meine Mappe hoch, so dass seine Hand endlich abrutscht, »da sind einige Gestaltungsmöglichkeiten für die Kantine drin. Setzen Sie sich doch, dann können Sie es in Ruhe anschauen!«
    Ich ziehe einen Stuhl nach hinten, und er lässt sich nieder. Ich bleibe hinter ihm stehen und erläutere die Bilder: »Diese Variante mit dem indirekten Licht und den optischen Aufhellern durch Grünpflanzen ist äußerst reizvoll, denn …«
    Seine Jackentasche ist noch außer Reichweite. Ich muss also näher an ihn heran. Ich beuge mich über seine Schulter. Er riecht ein bisschen muffig, und seine Kopfhaut scheint gelblich durch das staubblonde Haar. Mich überkommt der Ekel, als ich noch näher rücke und mich nur noch Millimeter von seinem kalten Leib trennen.
    »Wenn man die Pause in einer fröhlicheren Umgebung verbringt, das zeigen Studien, dann geht man danach besser gelaunt zurück an die Arbeit.« Ich fahre mit dem Finger auf den Bildern von modernen Kantinen herum, die ich mir aus dem Internet ausgedruckt habe.
    »Mmmh«, macht Kowarsch und lehnt seinen Kopf an meine Brust.
    Ich würde ihm am liebsten einen Liter Schokobrei auf den weißen Anzug kotzen. Aber ich habe eine Mission. Und während er sich die Fotos anschaut, greife ich in seine linke Jackentasche, meine Hände zittern, sie fassen
erst ins Leere, er bewegt sich etwas, und ich fixiere ihn mit meinem Oberkörper, presse mich jetzt fester an ihn (IGITT!), dann endlich ertaste ich die Karte und fische sie mit zwei Fingern heraus. Sobald ich sie sicher in der Hand habe, schnelle ich zurück und stecke sie mir hinten in den Rockbund unter die Bluse. Er dreht sich zu mir um.
    »Ja«, fasse ich zusammen, »mit ein wenig Farbe könnte die ganze Kantine einfach ein bisschen … optimistischer sein.«
    Er guckt mich verdutzt an, als wäre er auf diese Idee noch nie gekommen. Und einen Moment lang glaube ich sogar, dass er sich eine Renovierung wirklich überlegt. Doch dann fängt er scheppernd an zu lachen.
    »Optimistische Räume!« Sein Lachen klingt wie hechhechhechhech. »Wissen Sie eigentlich, wie hoch das Rentenalter bei Vampiren ist?«
    »Äh, nein.«
    Er keucht vor Lachen. »Es gibt keins. Es gibt für Vampire keine Rente! Sie müssen arbeiten, bis sie zu Staub zerfallen! Wieso sollten sie da optimistisch sein? Es gibt keinen, aber auch gar keinen Grund dazu!« Hechhechhechhech.
    »Ah, verstehe«, sage ich, nehme meine Mappe und drehe mich zur Tür.
    »Aber Sie können selbstverständlich jederzeit zu mir kommen mit neuen Vorschlägen!« Hechhechhechhech.
    »Sicher«, sage ich und gehe.
    »Und wie war’s?«, fragt Walburga Heimlich.
    Ich kann nicht sofort wieder meinen Kalorienkalkulator
anwerfen, weil ich noch Schüttelfrost vor lauter Ekel habe. Walburga sieht mich an, und ich ahne eine Spur Mitleid in ihren Augen. Trotzdem bin ich überrascht, als sie mir ein fast freundliches »Kopf hoch« hinterherschickt.
    Ich bin so erleichtert, dem Büro zu entkommen, dass ich fast mit

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