Huebsch in alle Ewigkeit Roman
den zappelnden weißen Hahn, dessen Hals durch die Verletzung kraftlos herabhing, und sie packte ihn, riss mit einem Ruck den Kopf ab, warf den Schädel achtlos beiseite, biss mit ihren gewaltigen Eckzähnen in den Halsstumpf und trank gierig sein Blut. Rote Fäden liefen der Frau aus den Mundwinkeln, es sah völlig grotesk aus, diese kleine Person mit dem flatternden
kopflosen Hahn im Mund, aber was Vivian am meisten irritierte an der bizarren Szene, war, dass die Nippel der Frau sich deutlich unter dem Kleid abzeichneten, hart wie Kirschkerne.
Das sollte die Königin sein? Vivian stand mit offenem Mund da und konnte es nicht fassen. Sie war noch keine drei Minuten im Schloss und sah schon die Nippel der Königin? Sapperlot. Kein Wunder, dass man in den Medien nicht viel von der Königin zu sehen bekam. Sie war absolut nicht hoffähig. Vivian warf Ture einen entsetzten Blick zu, aber er zuckte nur fast unmerklich mit den Achseln. Er war dieses Verhalten offensichtlich schon gewohnt. Die Königin schleuderte den toten Hahn achtlos von sich, und das war wohl das Zeichen für ihre Untergebenen, die ganze Sauerei lautlos und diskret zu entfernen. Carla wischte sich mit dem Ärmel den Mund ab und grinste Ture an.
»Hi«, grüßte sie ihn, drehte sich um und lief barfuß vor Ture und Vivian her in einen anderen Teil des Raumes, wo ein gigantisches Sofa mit Leopardenmuster stand. Auf dem Sofa lag zusammengerollt ein weißes wieselartiges Tier, ein Hermelin. Die Königin kletterte auf das Sofa und lümmelte sich in eine Ecke, sie sah jetzt aus wie ein Kind auf einem zu großen Sessel, es fehlte nur noch ein Lolli oder ein Schmusetuch.
»Komm, Lobo, komm zu Mama«, lockte sie das Hermelin, das augenblicklich aufsprang und auf ihren Schoß hüpfte. Sie kraulte es am Hals, dann schaute sie Ture aus halb geschlossenen Augen gelangweilt an und nickte zum Zeichen, dass er sprechen dürfe.
»Eure Majestät«, fing Ture an, »danke, dass Ihr uns empfangt. Zunächst möchte ich Euch etwas überreichen, ein Geschenk von Eurem treuesten Diener.« Ture deutete eine Verbeugung an und gab ihr eine Schmuckschatulle und ein Kärtchen.
Carla öffnete die Karte und las die Nachricht. »Aha«, kicherte sie, »der Höllenfürst persönlich schenkt mir etwas. Sehr zuvorkommend.« Sie legte die Schatulle beiseite. »Also, was willst du von mir?«
»Nun, wie ich bereits angekündigt hatte, wollte ich mit Eurer Majestät eine dringende Angelegenheit besprech…«
»Hast du endlich den Vampirmörder erwischt?«, unterbrach Carla.
»Nein, leider noch nicht«, sagte Ture. »Es erweist sich als äußerst schwierig …«
»Bla bla bla. Fang ihn. Ich dulde diese Morde nicht«, platzte die Königin abermals dazwischen. »In meinem Reich soll sich niemand fürchten.« Sie warf Ture einen süffisanten Blick zu. »Außer vor mir natürlich.« Sie lachte diabolisch.
»Nun«, sagte Ture ungerührt, »das ist genau der Punkt, über den ich mit Euch sprechen möchte.« Er machte eine Pause und beobachtete Carlas Reaktion einen Moment. Sie betrachtete nachdenklich ihre schwarz lackierten Zehennägel. Ture redete mit fester Stimme weiter. »Als Sicherheitsminister muss ich feststellen, dass die Zahl der Hinrichtungen, die Ihr verfügt habt, überhandnimmt. Dies schadet unserer Republik.«
»Aber das waren doch alles Nulpen, die es erwischt
hat«, sagte die Königin gelangweilt und streichelte ihr Hermelin über den Kopf.
»Nun, das mag sein«, sagte Ture beharrlich, »dennoch plädiere ich dringend für die Einführung einer Gerichtsbarkeit. Denn eine Verurteilung ohne Prozess ist einfach barbarisch und wird der heutigen Zeit nicht mehr gerecht.«
Vivian konnte nicht glauben, was sie da hörte. Ture steckte gar nicht hinter all den Todesurteilen, sondern die Königin höchstpersönlich! Aber Vivian hatte keine Zeit, sich darüber zu freuen, denn die Königin schien von Tures Vortrag wenig angetan zu sein. Carla verengte die Augen zu schmalen Schlitzen und schien zu überlegen, was sie nun tun sollte. Vivian bekam Angst. Dieses grausame Kind mit zu viel Macht könnte Ture jetzt genauso gut verhaften lassen oder von ihm verlangen, dass er ein Rad schlägt. Das Hermelin hob seinen Kopf und schaute Ture verschlagen an.
»Unsere Verfassung bietet den Bürgern durchaus das Recht auf eine ordentliche Gerichtsverhandlung, nur haben wir dies nie wirklich eingeführt«, sprach Ture ungerührt weiter. »Aber als Zeichen Eures Großmuts könntet Ihr doch nun
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