Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Huebsch in alle Ewigkeit Roman

Titel: Huebsch in alle Ewigkeit Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emma Flint
Vom Netzwerk:
Augenbraue, als er mich hereinkommen sieht. »Ah, Fräulein Wichtig beehrt uns auch wieder mit seiner Anwesenheit.« Der blöde Streber kann es offensichtlich gar nicht leiden, wenn jemand anders von einflussreichen Leuten bevorzugt wird. Und dass ich auf Wunsch der Königin freibekommen habe, wurmt ihn besonders. Was mich sein Strebergetue annervt!
    »Keine Sorge, Chef«, sage ich gelangweilt, »das nächste Mal an Karneval sollen Sie mitkommen, hat die Königin gesagt.«
    »Was?« Er richtet sich zu voller Spargeltarzangröße auf. »Ehrlich?«
    Ich nicke. »Sie müssen sich nur als Arschkriecher verkleiden. Ach so«, sage ich überrascht, »das brauchen Sie ja gar nicht. So laufen Sie ja immer rum.«
    Gut, es ist jetzt nicht so, dass ich nicht geahnt habe, dass so eine Bemerkung unklug ist. Zum Glück ist Richard Brunner ziemlich langsam im Denken, so dass ich noch Zeit habe, einen Blick auf Ilses Schreibtisch zu werfen und zu sehen, dass sie mit dem Buchstaben R schon fast durch ist. Sie steckt eine erledigte Akte verdächtig weit nach hinten in den Karton, auf dem Ro-Ru steht, und greift sich die nächste. Die alte Streberin. Das heißt, dass die Akten mit S vielleicht schon heute angekarrt werden - und mit ihnen mein Handy.
    Richard Brunner hat endlich das Ausmaß meiner Beleidigung
erfasst und springt empört auf. Ich tue so, als wollte ich vor ihm weglaufen, stolpere aus Versehen gegen Ilses Tisch und falle dabei so unglücklich gegen den Karton mit den Akten, dass er in hohem Bogen davonfliegt und Dokumente und Urkunden heraussegeln wie die Blätter eines Baumes im Herbststurm.
    »Ahh«, schreit Ilse, als hätte ihr jemand einen Pflock ins Herz gerammt. »Aaaahhh.«
    »Siieee!«, brüllt Brunner und wedelt mit dem Zeigefinger in meine Richtung, »Siiieee!!!«
    »Sorry«, sage ich lässig.
    » Sorry ???«, stammelt Brunner.
    »Aaaahhh«, kreischt Ilse, jetzt eine Tonlage höher.
    »Halt die Schnauze!«, fahre ich die hysterische Ilse an, und sie verstummt augenblicklich.
    »Hey«, brüllt Brunner Ilse an, »Sie halten gefälligst die Schnauze, wenn ich es sage.«
    »Aaaahhh«, fängt Ilse gehorsam wieder an zu schreien, und das dröhnt richtig in den Ohren.
    » Halt die Schnauze! «, tobt Brunner wie von Sinnen. Ilse hält abermals den Mund und verfällt in eine totenähnliche Starre. Plötzlich ist es total still. Brunner hat Schaum vor dem Mund, als er mich ansieht, und ich sehe seine armseligen grauen Zellen rotieren, auf der Suche nach etwas, das widerwärtig genug ist, um mein Verhalten zu büßen.
     
    Ich bin strafversetzt worden. Ausgerechnet an die trübseligste Stelle in diesem ganzen verdammten Ort der Verzweiflung. In die Kantine!

    »Hier können Sie keinen Schaden mehr anrichten«, hatte Brunner triumphierend gesagt und mir eine mülltonnengraue Schürze und ein gleichfarbiges Häubchen zugeworfen.
    Jetzt muss ich Servietten falten, ausgeblutete Tassen schrubben und Krokodilblut in die Zapfanlage füllen. Mein einziger Kollege in dieser gekachelten Vorhölle ist Gunther, ein mehlwurmfarbener Koloss von zwei Metern Länge und hundertvierzig Kilo Gewicht. Er bewegt sich im Schneckentempo und ist dermaßen abgestumpft, dass er mich noch nicht mal wahrgenommen hat. Selbst als ich »Hallo« gesagt und mich ihm in den Weg gestellt habe, hat er mich nicht beachtet und ist einfach mit hängenden Schultern um mich herum geschlurft. Er geht immer denselben Weg vom Hochdruckreinigungsbecken (Wasser - bah!) zur Theke und bringt jedes Glas einzeln in das Selbstbedienungsregal, als ob ein Tablett eine Erfindung der Raketenforschung wäre, die die Auffassungsgabe eines Normaltoten überfordern würde. Zu jedem anderen Zeitpunkt meines Daseins hätte ich diesen Job verflucht, aber diese total deprimierende Tätigkeit ist genau das Richtige für mich in meinem Zustand. Außerdem verfügen wir hier unten tatsächlich über einen eigenen Hausapparat, der zwar verstaubt ist, aber noch funktioniert. So konnte ich wenigstens Vivian Bescheid geben, wo sie mich findet. Bis zur üblichen Mitternachtspause sind es noch elendig lange drei Stunden, und es ist schon nichts mehr zu tun. Gunther hockt mit halb geschlossenen Augen bräsig auf einem Stuhl, die Arme über seinem dicken Bauch verschränkt, und sieht aus wie
ein gigantischer überreifer Camembert. Ich würde gern mal wissen, wie und wann er Vampir geworden ist. Ach was. Stimmt überhaupt nicht. Gunthers Story interessiert mich nicht die Bohne! Hab ich jetzt nur

Weitere Kostenlose Bücher