Huebsch in alle Ewigkeit Roman
Aber das durfte ich ja nicht.« Sie wirft Vivi einen strafenden Blick zu.
»Ich habe dir doch gesagt, dass das einfach zu viel des Guten war«, sagt Vivi ungeduldig. »Die Vampire von heute haben nämlich durchaus gute Tischmanieren. Oder hast du Leni und mich jemals mit besabbertem Mund rumlaufen sehen?«
»Das nicht«, sagt Sandra, »aber ein bisschen mehr Drama könnte meine Maske schon vertragen!«
»Deine Maske sollte vor allem realistisch sein, sonst bekommst du mehr Drama, als dir lieb ist, das verspreche ich dir.«
»Wie du meinst«, sagt Sandra und tupft sich weißen Puder auf die Stirn.
»Und, Vivi?«, frage ich. »Hast du alles?«
Sie nickt und reicht mir ein kleines Paket mit dem Absender von Blood-Shop-TV, das ich vor einigen Tagen als Geschenk für Vivian bestellt hatte. »Was ist das?«, fragt sie.
»Es sollte eigentlich eine Überraschung für dich sein«, sage ich ein bisschen verlegen, »weil ich ja jetzt eine tolle Vampirkraft habe und du nicht.« Ich ziehe den Bat-Detektor raus. »Aber dann wird Sandra ihn wohl einweihen
müssen.« Ich erkläre kurz, wie es funktioniert. »So kann Sandra mich hören, wenn wir im Identitätsregister sind.«
»Du kannst dich echt in eine Fledermaus verwandeln?«, staunt Sandra.
»Theoretisch schon.« Ich werfe Vivian einen zweifelnden Blick zu. »Ich weiß leider nur noch nicht, wie das praktisch geht.«
»Du musst es probieren, sonst ist unser Plan jetzt schon im Eimer«, fordert Vivian.
»Also gut. Aber vielleicht klappt es ja nicht«, warne ich und hoffe fast ein wenig, dass es so ist. Denn ich weiß nicht, was ich schlimmer finden soll: die Aussicht, heute ins Identitätsregister einzubrechen oder morgen überführt zu werden.
Ich steige aus dem Auto. Vivian und Sandra schauen mir durch die Windschutzscheibe neugierig zu. Keine Ahnung, was ich machen soll. Ich lockere meine Arme, schwinge sie ein bisschen vor und zurück.
»Was soll das werden? Telegymnastik?«, ruft Vivian durch die halb geöffnete Fensterscheibe.
»Ha ha!«, brumme ich. Na gut. Also, wie war das beim letzten Mal? Ich stelle mir die Situation vor, in den Minuten vor meiner ersten Verwandlung. Die Tresortür, die sich öffnete, die Panik, mit der ich den Raum nach einem Versteck absuchte, mein Blick zur Decke und der Wunsch, nach oben zu verschwinden … und plötzlich fühle ich mich wieder federleicht! Na, wer sagt’s denn? Ich sehe Vivian durch die Windschutzscheibe begeistert applaudieren, und schon fliege ich davon. Das ist so dermaßen cool! Ich drehe ein paar Runden über den
Parkplatz und zische zurück zum Auto. Auch die Rückverwandlung klappt bestens. Wenn ich mich dem Boden nähere, nehme ich automatisch wieder meine ursprüngliche Gestalt an. Vivian nickt anerkennend.
Sandra ist der Mund offen stehen geblieben. »Abgefahren«, sagt sie mit neuem Respekt in der Stimme.
»Na ja …« Ich tue bescheiden.
»Gut«, bestimmt Vivian, »das wäre also schon mal klar. Dann haben wir hier das Hallo-wach mit besten Grüßen von Lulu.« Sie gibt mir Lulus silbernes Sprühfläschchen. Ich nehme es aufgeregt in die Hände. Ohne das Vamphetamin würde ich zum Sonnenaufgang unweigerlich einschlafen, aber wer weiß, was passieren wird, wenn ich es nehme. Sapperlot. Ich werde noch nervöser.
»Jetzt zu dir«, sagt Vivian zu Sandra. »Du bist sicher, dass du das schaffst?«
Sie nickt.
»Du musst absolut cool bleiben«, betont Vivian.
»Ich bin die Coolness in Person!«
»Davon habe ich bisher …« … noch nie was gemerkt, will ich sagen, aber Vivian wirft mir einen strengen Blick zu, also verstumme ich.
»Du darfst dich auf keinen Fall aufregen«, bekräftigt Vivian. »Wenn dein Puls steigt, dann hört das jeder Vampir im Umkreis von hundert Metern.«
»Kein Problem«, behauptet Sandra lässig, und ich glaube ihr sogar. Sie ist wirklich zu allem fähig, wenn sie unbedingt etwas haben will. Und Vivian hat ihr klipp und klar erklärt, dass sie uns helfen muss, wenn sie ein Vampir werden will. Denn wenn uns der Vampirkiller
zuerst erwischt, dann ist es Essig mit ihrem Traum vom ewigen haarlosen Leben.
»Also dann, Mädels, auf in den Kampf«, sagt Vivian, knallt die Autotür zu und stapft los. Sandra und ich folgen ihr. Sandra hat ihr gigantisches Beauty-Case dabei, ein Polycarbonatkoffer von der Größe eines kleinen Kühlschranks. Als wir über den Parkplatz laufen, komme ich mir vor, als wären wir eine Crew fantastisch-genialer Sonderermittler aus dem Jenseits. Unser Plan
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