Hüftkreisen mit Nancy
ihres Pferdeschwanzes erzeugte Trance schrie es plötzlich: «Butterfaaaß!» Und wieder: «Butterrrrfasss!» Wir wandten uns um, und hinten vor dem Freihantelgehege klemmten zwei gewaltige kahlrasierte Jungmänner Rücken an Rücken aneinander und schwenkten sich gegenseitig in die Luft.
«Ach ja, Dehnen hätte ich beinahe vergessen. Kann man auch ohne Partner machen. Alles klar? Na, dann machen Se mal los!»
Sie ging. Die Füße leicht auswärts gedreht, während ihr Leib auf dem Becken hin- und herpendelte, als sei ihre Wirbelsäule ein ausbalancierter Tellerstapel in einem artistischen Weltrekordversuch. Dann wurde die Luft wieder etwas stickiger.
Ich sah mich um. Das Fitness-Studio wies genau den richtigen Grad der Abnutzung auf, den ein Eisenhebewerk aufweisen sollte, um suchenden jungen Männern einen Ort unverfälschter Maskulinität anzuzeigen. Grauer Filzboden bedeckte den Estrich. Die Wände waren weiß getüncht. Überall standen Kraftmaschinen aus unlackierten Profilstählen mit klumpigen Schweißnähten herum und machten durch leichte Dysfunktionalität jedem klar, dass ergonomisch nur ein anderes Wort für «feige» war. Hier glitt und rauschte nichts, hier schrammten, knarrten und polterten die Gewichte in den Führungen. Die Hantelscheiben waren rohes, ungummiertes Eisen. Hier stürzten die Zentnerlasten ungeschützt aus den Fäusten in die blanken Halterungen. Alles für das eiserne Klonken, Krachen und Scheppern,die akustischen Signale männlicher Unbekümmertheit. Unvorstellbar, dass hier Sätze fallen könnten wie: «Diese Hundertfünfzig-Kilo-Langhantel kann man auch etwas leiser abstellen, junger Mann.» Unter den Blicken der beiden Butterfassschwenker breitete ich mein Handtuch sorgfältig auf der Bank an der Rudermaschine aus, setzte mich darauf und zog am Griff, aber er bewegte sich nicht so weit zu mir wie erwartet. Ich sah nach vorn. Die Arretierung der Gewichte steckte bei fünfzig Kilogramm, und eigentlich hatte ich mich als jemanden betrachtet, der so etwas ziehen kann. Ein Irrtum. Nur gut, dass mein Leben bisher ohne Bewährungsproben der Maximalkraft verlaufen war! Was, wenn ich einer alten Frau gütig angeboten hätte, ihr die Taschen über die Straße zu tragen, um mich dann, von zwei Tüten am Bordstein festgezurrt, zähnefletschend vor dem Zebrastreifen aufzubäumen?
Die beiden Typen vor dem Freihantelbereich verschränkten die dicken Arme so gut es ging vor der dicken Brust und warteten. Ich musste im wahrsten Sinne des Wortes zurückstecken, aber wohin? Auf fünfundvierzig Kilogramm, um dann zur Freude der beiden Muskulösen eine neuerliche Enttäuschung zu erleben? Auf zehn Kilogramm? Aber ich war hier, um meine Muckis zum Wachsen zu bringen, und nicht zur postoperativen Bewegungsschulung.
Ich stand nochmal auf und begann mich zu dehnen und die Arme in den Schultergelenken herumzuschleudern, als hätte ich bloß das Aufwärmen vergessen. Dann nahm ich das Handtuch, wedelte mir ein bisschen Luft zu und hängte es wie beiläufig so an den Turm, dass der Gewichtskasten großräumig verdeckt war, und steckte bei ein paar letzten federnden Rumpfbeugen schnell und doch hoffentlichunbemerkt den Stecker auf zwanzig Kilo um. Dann setzte ich mich wieder hin und zog den Griff nunmehr behände, aber auch schnaufend in meinen weichen Bauch. Zu meiner Freude steigerte sich das Interesse der beiden Männer ab dem zehnten Zug, anerkennend pufften sie sich beim fünfzehnten, und ihr Interesse verwandelte sich beim zwanzigsten in Vorstadien der Ungläubigkeit, um dann – ab dem dreißigsten bei dem einen und ab dem fünfunddreißigsten bei dem anderen – komplett in sich zusammenzufallen. Irgendwann hatten es beide raus. Ich schätzte, dass das kognitive Leistungsvermögen der beiden Kraftmenschen so etwa fünf Punkte auseinanderlag. Allerdings in einem Bereich, wo Abstände keine Rolle mehr spielten. Beleidigt wandten sie sich ihren Bizepscurls zu, die sie mit einer Intensität zu curlen begannen, als wollten sie sich für ihre Leichtgläubigkeit bestrafen. Wohltuend unbeobachtet trottete ich zum Langhantelrack und machte Kniebeugen mit der blanken Hantel, bis meine Oberschenkel prall von Sauermilch waren. Nancy hatte recht. Es ging mir wirklich besser.
Als ich nach dem Training aus der Dusche kam, wurde die Tür zur Umkleide aufgestoßen, und ein Mann kam herein. Er trug eine schwarze Lederjacke, darunter ein schwarzes T-Shirt und eine weite schwarze Hose. In der einen Hand hielt
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