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Hühner Voodoo (German Edition)

Hühner Voodoo (German Edition)

Titel: Hühner Voodoo (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hortense Ullrich
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Traummann. Gwendolyn hatte ihre Nichte schon öfter darauf hingewiesen, dass außer ihr und zwei Dinosauriern niemand mehr diese Schauspieler kannte. Aber Britta ließ sich nicht beirren. Sie schwärmte vom «Golden Age» der Hollywoodfilme, die in der Zeit der frühen 30er bis späten 50er Jahre entstanden waren. Das waren noch Männer zum Träumen. Für Britta zumindest. Und bei den Träumen blieb es dann auch stets. Britta hatte ihre Tante als Vertraute gewählt und ließ sie immer telefonisch an ihren Versuchen, den Hafen der Ehe anzusteuern, teilhaben. Denn Britta hielt Gwendolyn für eine Expertin. Schließlich hatte ihre Tante es geschafft, gleich viermal zu heiraten.
    «Was gibt es denn?»
    «Gleich ist es so weit.»
    «Was?»
    «Heute fragt er mich.»
    «Wer fragt was?»
    «Reinhold. Ob ich ihn heiraten will.»
    «Darauf würde ich nicht wetten, Schätzchen.»
    Bereits bei ihren vergangenen Telefonaten hatte Gwendolyn immer wieder Zweifel an der Aufrichtigkeit von Brittas neuem Freund angemeldet.
    «Doch! Ich weiß es. Er hat schon solche Andeutungen gemacht, dass er etwas Wichtiges mit mir besprechen muss. Und was könnte das wohl sein?»
    «Alles Mögliche, von aktuellen Geschehnissen in der Weltpolitik bis hin zu neu entdeckten Zuckerersatzstoffen und der EU-genormten Krümmung von Salatgurken.»
    «Ach Unsinn, heute fragt er mich, ob ich ihn heiraten werde. Ganz sicher. Britta Runold. Klingt gut, nicht wahr. Britta Runold», übte sie weiter, «Reinhold und Britta Runold. Frau Runold. Oh mein Gott, ich bin so aufgeregt. Ich bin gerade auf dem Weg ins Le Canard ! Dort treffe ich Reinhold zum Lunch. Ich wünschte, du wärst hier.»
    Gwendolyn dachte an ihren leeren Kühlschrank und sagte: «Das wünschte ich auch, Schätzchen.»
    «Ich bin gleich da. Ich ruf dich nachher wieder an. Sobald wir verlobt sind, machen wir einen Antrittsbesuch bei dir. Du musst ihn unbedingt kennenlernen.»
    «Natürlich.»
    «Tschüs, Tante Gwendolyn.»
    «Britta.»
    «Ja.»
    «Gib nicht den Namen Herzog auf. Sag ihm, er soll deinen Namen annehmen.»
    «Ach, Tante Gwendolyn, du weißt doch, ich bin altmodisch. Ich nehme selbstverständlich den Namen meines Ehemannes an. Tschüs.»

    Britta war ein gutgelauntes Sonnenscheinchen, ein Stehaufmännchen. Sie hatte die Begabung, in allem etwas Gutes zu sehen und auch unangenehmen Situationen immer etwas Positives abgewinnen zu können. «Wer weiß, wofür es gut ist» war ihre Devise. Meistens klappte das ganz gut. Nur sehr selten mutierte sie zur Dramaqueen. Aber das waren stets nur kurze Episoden, dann kehrte sie schnell wieder zu ihrer Happy-Go-Lucky-Lebenseinstellung zurück.
    Britta war mutterlos. So fühlte sie sich zumindest, denn sowohl ihre Mutter als auch ihre Stiefmutter waren muttertechnisch gesehen Totalausfälle. Als Britta mit Anfang 20 aus ihrem Elternhaus auszog, verließ ihr Vater ebenfalls das Haus und startete von vorn. Was in diesem Fall bedeutete: Er gründete eine neue Familie. Neue Frau, neue Kinder. Brittas Mutter schloss sich daraufhin teils schmollend, teils zeternd einer militanten Frauengruppe an, und ihr mütterlicher Einsatz bestand fortan nur noch aus Warnungen vor der Institution Ehe und vor Männern im Allgemeinen.
    Vaters neue Frau, seine Ex-Sekretärin Hillie Vogel, war nicht besonders klug, nicht besonders hübsch, aber jung. Sie war gerade mal fünf Jahre älter als Britta. Hillie bemühte sich darum, zu ihrer Stieftochter ein Freundinnen-Verhältnis aufzubauen, ganz so, wie sie es auf der Ratgeberseite diverser Frauenzeitschriften gelesen hatte. Britta brach den Kontakt ab, als ihre «neue Freundin» begann, Schlafzimmerdetails mit ihr besprechen zu wollen. Uäh! Diese Else sprach schließlich von ihrem Vater!
    Also hatte Britta ihre Tante Gwendolyn als Ersatzmutter gewählt.
    Gwendolyn war mit dieser Rolle nicht sehr glücklich. Schließlich, so schimpfte sie gelegentlich, habe sie sich ja nicht ohne Grund gegen eigene Kinder entschieden. Zu viel Verantwortung. Und die unausgesprochene Verpflichtung, Vorbild zu sein, passte nicht in ihren Lebensstil. Dennoch gab sie Britta ein Gefühl von Familie. Sie nahm Anteil an ihrem Leben, tröstete sie jedes Mal nach einer unglücklich verlaufenen Liebesgeschichte und hielt sich mit Spott zurück, wenn Britta sich Hals über Kopf in das nächste Liebesabenteuer stürzte. Denn trotz dieser nicht idealen Ausgangslage – oder vielleicht gerade deshalb – glaubte Britta nach wie vor an die große Liebe und

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