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Hühner Voodoo (German Edition)

Hühner Voodoo (German Edition)

Titel: Hühner Voodoo (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hortense Ullrich
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eine Möglichkeit. Aber wie machen wir den Teufel ausfindig?»
    «Wie wär’s mit einer Annonce in der Zeitung?», fragte sie spöttisch.
    Bernadette wiegte den Kopf hin und her. «Wer weiß, ob sich da nicht auch Betrüger melden, die bloß das Geld haben wollen.»
    «Unsinn! Hör zu: Ich finde, es reicht, wenn wir ihm sagen, dass eventuell … also, vielleicht ein Fluch auf ihm liegt. Er soll eben nicht heiraten. Damit ist unsere Arbeit erledigt.»
    «Ich finde es nicht richtig, dass wir ihn im Stich lassen. Vor allem jetzt, wo wir wissen, dass er ein echtes Problem hat.»
    «Aber genau deshalb lassen wir ihn doch im Stich.»
    «Das ist aber nicht nett von dir.»
    «Wie kommst du auf die Idee, dass ich nett sein will?»
    «Wir sollten ihm zumindest noch das Ergebnis unserer Nachforschungen mitteilen. Und die Bücher zurückbringen.»
    «Ja. Machen wir.» Das Honorar für das Studium der Familienchronik stand auch noch aus. Darauf wollte Gwendolyn nicht verzichten.
    «Jetzt gleich?»
    «Nein. Morgen.» Oder nächste Woche oder nächsten Monat. Gwendolyn wollte warten, bis der Gedanke, dass das alles völliger Blödsinn ist, wieder die Oberhand gewonnen hatte. Sie sollte zur Ablenkung vielleicht mal wieder ausgehen. In der Zeitung hatte sie eine Veranstaltung im Palast Hotel entdeckt, eine ganztägige Tagung. Dort würde sie in angenehmer Atmosphäre ihr Mittagessen einnehmen. Sie sah nach, wer tagte. Der Anwaltsverein. Also Business-Kostüm und Aktenkoffer. Das Outfit, das sie heute früh gewählt hatte, könnte wohl als Anwaltskleidung durchgehen. Sie hatte sich für den Existenzialisten-Look entschieden, der in den 40er Jahren in den Jazz-Kellern von Paris populär gewesen war. Eine Jean-Paul-Sartre/Juliette-Gréco-Atmosphäre umwehte sie. Sie trug eine schwarze Männerhose, einen schwarzen Rollkragenpulli und ein kleines schwarzes Jäckchen von Yves Saint Laurent aus den 60ern, der damals diesen Stil in der Haute Couture einführen wollte. Die schwarze Baskenmütze würde sie abnehmen.
    Sie verabschiedete sich von Bernadette. «Wir sehen uns morgen.»

    Frederick hatte sich in den letzten Tagen zurückgezogen. Er hielt sich viel in seiner Wohnung auf, und als er feststellte, dass der Radius seines Hin- und Herlaufens durch zu viele Wände eingeschränkt war, machte er lange Spaziergänge in der Natur. Seine Abwesenheit im Bestattungsinstitut war kein Problem, das Geschäft lief auch ohne ihn – wie er mit leichtem Bedauern feststellte. Aber es sprach für seine Angestellten.
    Er hatte täglich frische Blumen an Sandras Grab gebracht. Das Gesteck für ihren Sarg wollte er eigentlich bei Flower Power kaufen, dem teuersten Blumenladen in der Stadt. Aber dort war trotz geöffneter Ladentür niemand anzutreffen gewesen. Es hatte ihn gewundert, dass Frau Mertens nicht da war. Da war ihm der Gedanke gekommen, dass es womöglich besser wäre, ein Geschäft zu wählen, wo man ihn nicht kannte. Das würde ihm unerquickliche Fragen nach seinem Befinden ersparen, denn darüber wollte er nicht reden. Es ging ihm ganz und gar nicht gut. Er sagte sich die Dinge, die er den Hinterbliebenen stets sagte: «Das Leben geht weiter. Der Schmerz wird mit der Zeit nachlassen. Der Verstorbene würde nicht wollen, dass man leidet. Man muss nach vorn blicken.» Aber die Sätze fühlten sich sinnlos an. Er steckte tief in einer Krise. Er hatte gegrübelt, gelitten, sich der Verzweiflung hingegeben, aber den versprochenen Silberstreif am Horizont nicht entdeckt.
    So ging es nicht weiter.
    Der Gedanke an eine Therapie schoss ihm wieder durch den Kopf. Aber Doktor Luna Madison? Nein, danke. Sie hatte ihm nicht helfen können. Er würde es wieder mit der guten alten Verdrängungsmethode versuchen. Jeden Gedanken an Sandra meiden. Er musste dieses Kapitel beenden. Und neu starten. Er würde Sandra noch einen letzten, ganz besonders exquisiten Strauß bringen und dann nach vorn blicken. Und diesen letzten Strauß würde er bei Flower Power kaufen. Und er würde sich einem Gespräch mit Frau Mertens stellen. Er kannte Frau Mertens schon lange, von Zeit zu Zeit beauftragte er sie. Etwa, wenn er sehr anspruchsvolle Kunden hatte.
    Es kostete ihn Überwindung, den Laden zu betreten. Als er Frau Mertens nicht sah, entspannte er sich etwas.
    Eine junge Frau war gerade damit beschäftigt, einzelne Rosen aus verschiedenen Eimern zu zupfen und einen bunten Rosenstrauß zusammenzustellen. Er hielt sie für eine Kundin bei der Blumenauswahl, denn für eine

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