Hühner Voodoo (German Edition)
Verkäuferin war sie unpassend gut gekleidet.
Als sie ihn sah, strahlte sie, legte die Rosen auf die Theke und reichte ihm die Hand. «Hallo, ich bin Britta Herzog.»
Er war etwas irritiert. «Ähm, Frederick Ackermann. Hallo.»
Sie sah ihn erwartungsvoll an. Sie hatte leuchtend blaue Augen, die eine unbändige Fröhlichkeit ausstrahlten. Er lächelte. Sie lächelte ebenfalls, und die Atmosphäre, die sich um sie herum verbreitete, schien ihm eher dazu angetan, sie zu fragen, ob er ihr einen Drink bestellen dürfte. Ihr Outfit wäre dafür passend.
«Was kann ich für Sie tun?», erkundigte sie sich.
Ihre gute Laune war ansteckend, Frederick fühlte sich zum ersten Mal seit Sandras Tod wieder etwas besser.
«Arbeiten Sie hier?», fragte er.
«Ja sicher. Sonst würde ich Sie ja wohl kaum fragen, ob ich etwas für Sie tun kann.» Sie lachte.
«Natürlich. Entschuldigen Sie.»
Eine peinliche Schweigeminute folgte, in der sich die beiden anschauten.
«Also», meinte Britta schließlich, «um jetzt noch einmal auf das Was-kann-ich-für-Sie-tun? zurückzukommen: Kann ich etwas für Sie tun?»
«Nein danke. Im Moment nicht.»
«Und wieso sind Sie dann hier in den Laden gekommen?»
«Oh, ach so, natürlich. Um Blumen zu kaufen. Ich wollte einen Blumenstrauß kaufen.»
«Na, sehen Sie – und schon sind wir im Geschäft.» Sie beugte sich näher zu ihm und flüsterte, als ob sie ihm ein gutgehütetes Geheimnis anvertrauen würde: «Wir verkaufen hier nämlich Blumen.»
«Na, da habe ich ja genau den richtigen Laden erwischt.»
«Allerdings. Ein Geschäft weiter, und der Metzger hätte sich sehr gewundert.»
Als Britta ihn anlächelte und ihr Blick in seine Augen über die üblichen drei Sekunden, die soziologisch als neutral akzeptiert wurden, hinausging, wurde er unruhig.
«Also, ich muss jetzt los, ich …»
«Ohne Blumen?»
«Natürlich! Die Blumen. Deshalb bin ich ja gekommen.»
«Woran haben Sie denn gedacht?»
«Wieso wollen Sie wissen, woran ich gedacht habe?»
Britta lachte wieder. «Ich meinte mit dieser Frage: Welche Art von Blumenstrauß soll es sein?»
Nun war der Punkt erreicht, an dem Frederick nicht umhinkam, sich einzugestehen, dass er kommunikationstechnisch noch nicht ganz auf der Höhe war. Er fühlte sich nervös. Aber wieso eigentlich? Sein Blick fiel auf die Rosen, die Britta auf der Theke abgelegt hatte.
«Ich nehme den.»
«Ja, der ist schön. Ich mag bunte Rosensträuße.» Sie gab sich Mühe, den Strauß besonders schön zu binden, und schlug ihn abschließend in Zellophan ein. «Er sieht gutgelaunt aus.»
Frederick nickte. «Gutgelaunt und sehr attraktiv. Und charmant.»
«Charmant?»
«Ähm … ja. Der Strauß. Er sieht charmant aus.» Frederick brach den Blickkontakt ab und bezahlte. Und nun? Sollte er einfach so gehen? Etwas hielt ihn zurück. Er straffte sich, sah Britta erneut an und sagte nach langer Überlegung: «Also …» Er machte eine Pause. «… dann, vielen Dank.»
«Gern geschehen. Ich hoffe, Sie kommen wieder.»
«Ja.» Mehr fiel ihm nicht ein.
Als er bereits in der Tür stand, blickte er noch einmal auf die Rosen. Sie passten nicht zu Sandra.
Einem spontanen Impuls folgend drehte er sich noch einmal um und überreichte Britta den Strauß.
«Der ist für Sie.»
«Wieso?»
«Er passt zu Ihnen. Auf Wiedersehen.»
Er würde wiederkommen. Ganz sicher. Er wollte Britta wiedersehen. Die Begegnung mit ihr hatte ihm gutgetan.
Aber er würde darauf achten, Frau Mertens nicht im Laden anzutreffen. Denn er befürchtete, dass Britta dann vorschnell erfahren würde, welchem Beruf er nachging. Und wenn er eins gelernt hatte, dann, dass sein Beruf ihn nicht attraktiver machte.
Beschwingt ging er zurück zum Bestattungsinstitut und nahm heute nicht, wie er es in den letzten Tagen gemacht hatte, den Seiteneingang zu seiner Wohnung, sondern den Haupteingang zum Geschäft. Er war wieder da.
Und geriet gleich in ein Minenfeld.
Chantal Fischer kämpfte am Empfang mit zwei Damen. Judith stand da und redete missmutig auf Chantal ein. Und eine junge Frau, die zu stark geschminkt war und aussah, als wolle sie zum Casting eines drittklassigen Model-Wettbewerbs, hielt Chantal immer wieder einen Zettel unter die Nase.
«Herr Ackermann!», rief Chantal erfreut und erleichtert zugleich, als sie ihn sah.
Mit ausgebreiteten Armen kam Judith auf ihn zu. Er hielt ihr weit vorgestreckt seine Hand entgegen und hoffte, dass sie die Botschaft «Ich-möchte-nicht-umarmt-werden»
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