Hühnerbus und Stoppelhopser (German Edition)
als Dritter?«
»Du!«
Mit einem Ruck saß Tinchen senkrecht. »Kommt gar nicht in Frage! Erstens werde ich schon in einer Schiffsschaukel seekrank, zweitens ist angeln stupide, und überhaupt habe ich gar keine Lust. Was soll ich dabei? Regenwürmer auf Haken spießen?«
Bevor Florian seinem Tinchen den Unterschied zwischen Angeln am See und Hochseefischen im Meer erklären konnte, mischte sich Joe ein. »Sie sollten sich dieses Erlebnis wirklich nicht entgehen lassen! Die Fahrt geht weit übers Riff hinaus, wenn Sie Glück haben, sehen Sie Delphine, fliegende Fische, sogar Haie, und was Sie da aus dem Meer herausholen werden, ist ein bißchen größer als die Forellen zu Hause. Sailfische oder Barrakudas mit vierzig Kilo sind das mindeste, was am Haken hängenbleibt.«
»Was soll ich denn mit vierzig Kilo Fisch? So viel können wir doch niemals essen.«
»Tine, du bist mal wieder selten dämlich.« Mit gespieltem Entsetzen raufte sich Florian die Haare. »Die Fische werden an die Hotelküche verkauft, und den Erlös bekommen die beiden eingeborenen Helfer. Das ist deren Verdienst. Also werden sie sich auch alle Mühe geben, damit wir möglichst viel fangen.«
»Fische sind aber so glibberig.«
Ein lautes Platschen beendete den Disput. Florian war ins Wasser gehechtet. Noch eine Minute länger dieses unqualifizierte Geschwafel, und er hätte seinem Tinchen den Hals umgedreht. Nach drei Runden hatte er sich etwas abgekühlt und schwamm an den Rand. Nicodemus schnallte der Wien-Ottakring gerade eine Preßluftflasche auf den Rücken. »Laangsaam und gaaanz ruhig atmen«, befahl er, bevor er selbst in den Pool sprang. Die Wien-Ottakring plumpste hinterher, ging auf Grund und kam wie ein Gummiball wieder an die Oberfläche.
»Gib ihr einen Bleigürtel, Nico«, rief Joe vom Beckenrand, wo er Julia die Handhabung der Tarierweste erklärte, »mit der wird das nix, die ist zu fett.« Aber das sagte er nur ganz leise.
»Kann ich das auch mal probieren?« Interessiert beobachtete Florian, wie Ottakring knapp über dem Boden des Pools herumrutschte und plötzlich pfeilgerade wieder nach oben schon. »I hab ka Luft mehr kriegt und a Wasser in der Nas’n.«
»Du sollst ja auch nicht mit der Nase atmen, sondern durch den Schlauch. Wie heißt du überhaupt?«
»Mari-rianne«, sagte Marianne hustend.
»Also schön, Mariandl, jetzt kommst her und hörst noch einmal genau zu. Und du auch!« wandte er sich an Florian. »Hast du auch einen Namen?« Bevor sich Florian über die plötzliche Vertraulichkeit wundern konnte, wurde er aufgeklärt, daß sich Taucher untereinander immer duzen. »Ich bin der Joe.«
Es folgten fünf Minuten Trockentraining, dann wurden alle ins Wasser geschickt. Auch Tobias war dabei und Backgammon, dann noch Herbert und Corinna, das Pärchen auf der Hochzeitsreise, und zuletzt erschien sogar Herr Kurz am Beckenrand. Er habe früher schon getaucht, behauptete er, zwar nur bei Mallorca, aber hier seien Meeresfauna und -flora bestimmt viel schöner. Sogar seine eigene Tauchermaske habe er mitgebracht. Stolz präsentierte er ein schwarzes Gummiungetüm.
»Wo hast denn die her?« staunte Joe. »Etwa zur Konfirmation gekriegt?« Er nahm die schwere Brille in die Hand und drehte sie nach allen Seiten. »Wenn man genau hinsieht, findet man bestimmt noch das Hakenkreuz. Nimm lieber eine von den anderen.«
Aber dann wollte Herr Kurz doch nicht mehr, hauptsächlich deshalb, weil seine Tochter Birgit so gerne gewollt hätte, aber nicht durfte, das hatte der Arzt verboten, und überhaupt sei er vielleicht auch schon zu alt dazu und werde sich lieber aufs Schnorcheln beschränken.
»Tu das! Untenrum erfrierst, und von oben kriegst an Sonnenbrand!«
»Versuch’s doch auch mal, Mutti, das ist einfach herrlich!« bettelte Julia, die schon mehrere Bahnen durchs Beckengetaucht war und am liebsten sofort im Meer weitergemacht hätte. Tinchen konnte sich zwar nicht vorstellen, was herrlich daran sein sollte, die Bäuche der anderen Schwimmer aus der Froschperspektive zu betrachten, aber sie ließ sich überreden.
»Am Anfang ist es ein bißchen ungewohnt, nur durch den Mund zu atmen, aber den Bogen hast du bestimmt bald raus.«
Mit schon geübtem Griff korrigierte Julia den Sitz der Maske und schwamm abwärts. Tinchen hinterher. Leider hatte ihr niemand gesagt, daß normale Schwimmbewegungen mit Flossen an den Füßen kaum möglich sind, und als sie die hinderlichen Dinger abstreifen wollte, verlor sie den
Weitere Kostenlose Bücher