Hühnerbus und Stoppelhopser (German Edition)
Atemschlauch und schluckte Wasser. Prustend tauchte sie auf, empfangen von wieherndem Gelächter.
»Du mußt paddeln, Tine, nicht strampeln! Komm, probier’s noch mal!«
Aber Tinchen hatte im wahrsten Sinne des Wortes die Nase voll. »Flori, hast du ein Taschentuch dabei?«
Als seine Mannen die Tauchgeräte wegräumten, hatte Joe die künftigen Schüler beisammen. Außer Tobias und Julia würden noch Backgammon mitmachen, Birgits Freundin Susi, nachdem sie sich vergewissert hatte, daß Birgit ganz bestimmt nicht böse sein würde, ferner die Flitterwöchner und Wolfgang aus Uelzen. Das Mariandl hatte schweren Herzens verzichtet. Nachdem es ständig Wasser geschluckt hatte, mußte es einsehen, daß Tauchen vielleicht doch nicht der richtige Sport war. Am Nachmittag wollte Marianne es mal mit Wasserski probieren.
Mit Rücksicht auf Tobias, der ja morgen nicht da sein würde, wurde der Beginn des theoretischen Unterrichts auf übermorgen festgesetzt. »Pünktlich um neun seid ihr unten am Strand, verstanden?« befahl Joe. »Und jetzt macht’s, daß ihr an die Futterkrippen kommt, sonst verhungert’s.«
Das Orchester hatte schon Platz genommen. Meistens zwei, manchmal auch drei Kellner saßen unter dem Beinahe-Krokus-Baum, Buschtrommeln auf den Knien und den Blick auf die Uhr im Speisesaal gerichtet. Punkt 12.30 Uhr legten sie los. Ein nicht immer melodisches, jedoch unüberhörbares Geräusch rief zur Fütterung. Dabei wäre das gar nicht nötig gewesen. Schon kurz nach zwölf sah man die ersten offenbar völlig Ausgehungerten zu Hemd und T-Shirt greifen, eingedenk der Mahnung, nicht im Badeanzug bei Tisch zu erscheinen, und ein paar Minuten später formierte sich bereits der Kopf der Schlange, die spätestens zwei Minuten vor halb die Länge von dreißig Metern erreicht hatte. Bei diesem Anblick fühlte sich Frau Antonie immer an die unmittelbare Nachkriegszeit erinnert, als man nach jedem Kohlkopf anstehen mußte und dann doch keinen mehr bekam. Diese Gefahr bestand hier nun wirklich nicht. Jede leere Salatschüssel wurde sofort durch eine gefüllte ersetzt, die kalten und warmen Snacks hätten spielend für die doppelte Anzahl von Gästen gereicht, und wer dann immer noch hungrig war, konnte sich durch ein komplettes Menü futtern. Es blieb also ein ungelöstes Rätsel, weshalb nahezu alle Hotelbewohner mit dem ersten Trommelschlag zum Büfett stürzten, sich mit Tellern und Besteck ins Gehege kamen und erbitterte Kämpfe um die letzte Tomatenscheibe in der ersten Schüssel ausfochten, wo doch ein kleines Stück weiter unten zwei noch unberührte Schüsseln mit genau dem gleichen Salat standen.
»Wie die Hyänen«, meinte Tinchen, kopfschüttelnd das Getümmel beobachtend.
»Ich habe zwar noch keine gesehen, aber ich glaube, die benehmen sich zivilisierter«, pflichtete Florian bei. »Guck dir bloß mal Wien-Ottakring an! Platzt sowieso schon aus allen Nähten, kann aber den Teller nicht voll genug kriegen. Von dem, was die sich draufgeladen hat, würden wir beide satt werden.«
»Vielleicht nimmt sie den Begriff Vollpension zu wörtlich!« Tinchen gähnte. »Müssen wir überhaupt essen gehen? Heute abend ist doch Barbecue, da können wir den Lunch ruhig ausfallen lassen.«
»Und was machen wir in der Zwischenzeit?«
»Siesta halten. Im Zimmer.«
Womit Florian sofort einverstanden war.
Lichterketten illuminierten den Platz vor dem Speisesaal, auf dem sonst Tische und Stühle standen, dazwischen hingen Blumengirlanden, an den beiden Längsseiten waren lange weißgedeckte Tafeln aufgebaut und mit Blütenzweigen dekoriert.
»Sieh mal, Ernestine, das sieht ja beinahe aus wie bei ›Dallas‹, wenn auf der Southfork Ranch Hochzeit gefeiert wird.«
Im Gegensatz zu Frau Antonie, die keine Folge dieser Endlos-Seifenoper verpaßte, hatte Tinchen schon nach dem vierten Dienstag auf weitere Fortsetzungen verzichtet und deshalb keine Ahnung, wie eine texanische Hochzeit auszusehen hatte.
Die Holzkohlen in den drei großen Grills glühten bereits und heizten die ohnehin hitzeflirrende Luft zusätzlich auf. »Immer noch vierunddreißig Grad, und das abends um halb sieben. Und zu Hause kratzen sie das Eis von den Windschutzscheiben, kann man sich gar nicht mehr vorstellen, nicht wahr, Mutti?«
Mit den Ansichtskarten, die Frau Antonie zwecks Weitertransport zur Rezeption bringen wollte, fächelte sie sich Kühlung zu. »Nun ja, mein Kind, wir sind in Afrika, und der liebe Gott wird schon gewußt haben, weshalb
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