Hühnerbus und Stoppelhopser (German Edition)
er den Eingeborenen eine dunkle Hautfarbe gegeben hat. Sie sind für die Hitze unempfänglicher als wir Europäer.«
»Glaube ich nicht, die schwitzen genauso wie wir. Übrigens kannst du mir die Karten mitgeben, ich muß sowieso nach vorne. Geld wechseln.«
Hierfür war der Cashier zuständig, der seinen vergitterten Schalter jeweils drei Stunden vormittags und drei Stunden am Spätnachmittag geöffnet hielt und oftmals die Geduld seiner Kunden über Gebühr strapazierte. Als Zeichen seiner Würde hatte er sich zwei Kugelschreiber ins Haar gesteckt, während sein Assistent nur einen tragen durfte.
Vor Tinchen war noch die Kiste dran. Herr Dr. Schneider wünschte zwei Reiseschecks einzulösen sowie die Rechnungen der letzten drei Tage zu bezahlen. Nummer? Ach so, ja natürlich, Bungalow acht.
Der Gehilfe trottete zum Tresor, öffnete ihn und reichte nach längerem Suchen seinem Herrn und Meister einen braunen DIN-A4-Umschlag, dessen Klappe mit Tesafilmstreifen verklebt war. Wunschgemäß überzeugte sich die Kiste, daß das quer darüber gekritzelte Autogramm unversehrt war, nickte bestätigend, worauf der Kassierer mit einem Küchenmesser sorgfältig das Kuvert aufschlitzte. Sodann reichte er es durch die Gitterstäbe und trat diskret einen Schritt zurück. Es handelte sich immerhin um ein Bankgeheimnis.
Das Geheimnis kippte die Kiste kurzerhand auf den Tresen und fischte aus dem Wust von Papieren Reisepaß und Scheckheft heraus. Der Herr Kassierer trat wieder näher, nahm beides entgegen und begann zu schreiben. Erst ein grünes Formblatt und dann ein weißes – der Assistent bereitete schon den Stempel vor –, sodann eine Quittung, aber die mußte er ein zweites Mal ausfüllen, weil er beim erstenmal das Kohlepapier für die Kopie vergessen hatte, anschließend kamen ein Stempel und noch einer und noch einer, dann mußte die Kiste die Schecks signieren sowie mit vollständiger Adresse und Paßnummer versehen, danach war noch die Devisenerklärung zu beschriften und zu bestempeln, und dann folgte der schwierigste Teil der ganzen Amtshandlung: den jeweiligen Tageskurs zu ermitteln und in kenianische Shillinge umzurechnen.
Die Rechenmaschine, Modell 1969 und bestimmt schon aus dritter oder vierter Hand erworben, spuckte eine Papierschlange aus, die kein Ende zu nehmen schien. Immer wieder begann der Bankmensch von vorne, und als er nach dem fünften Versuch endlich dasselbe Ergebnis heraus hatte wie beim zweiten, strahlte er. »You get twothousend and fiftynine shillings.«
»Blödsinn!« sagte die Kiste. »Ich bekomme eintausendneunhundertzweiundneunzig Shilling. Jetzt hat der Kerl zur Abwechslung mal den Dollarkurs zugrunde gelegt. Hey, du Einstein, I want to change German Marks.«
Noch einmal begann die gleiche Prozedur, aber diesmal dauerte sie nicht so lange, weil der Kassierer offenbar den mathematischen Fähigkeiten seines Kunden mehr Glauben schenkte als der Rechenmaschine. Der Gehilfe zählte Scheine und Münzen vor, der Banker zählte nach, und als er sie schließlich der Kiste hinblätterte, wurde des Geld zum drittenmal gezählt.
In der Zwischenzeit hatte der Assistent einen Holzkasten aus dem Tresor geholt, in dem – wieder nach Zimmernummern geordnet – die aufgelaufenen Rechnungen gesammelt wurden. Er nahm das gewünschte Bündel heraus, stellte den Kasten in den Safe zurück, verschloß ihn. Wieder wurde die Rechenmaschine bemüht, und wieder kam jedesmal eine andere Endsumme heraus.
»Gib mal den ganzen Kram her!« befahl die Kiste, addierte die einzelnen Beträge und schob die Papiere zusammen mit drei Hundertshillingscheinen wieder durchs Gitter. »Macht zweihundertachtzig und ein paar Zerquetschte. Behalte um Gottes willen den Rest, sonst schlage ich hier noch Wurzeln.« Es nützte nichts, er mußte warten, bis das Wechselgeld zweimal gezählt und schließlich ausgezahlt wurde. Zähneknirschend stopfte die Kiste sämtliche Unterlagen in den schon reichlich mitgenommen aussehenden Umschlag und gab ihn zurück. Der erste Tesafilmstreifen klebte nicht, der zweite nur halb.
»Can I have a new envelope, please?« forderte die Kiste mit nur mühsam verhaltener Wut.
Der Kassierer bedauerte. Im Moment habe er keine Kuverts, aber genug Klebestreifen. Der nächste hielt auch tatsächlich, nur mit der jetzt fälligen Unterschrift haperte es, weil der Kugelschreiber auf der glatten Folie keine Spuren mehr hinterließ. »Rutscht mir doch alle kreuzweise!« schimpfte die Kiste, kritzelte
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