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Hühnerbus und Stoppelhopser (German Edition)

Hühnerbus und Stoppelhopser (German Edition)

Titel: Hühnerbus und Stoppelhopser (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Sanders
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Strand. Einen Katamaran hatte er gemietet und wollte damit in die Mangrovensümpfe. Die seien sehenswert.
    »Ich gehe runter zum Schwimmen«, sagte Julia denn auch. Tinchen nickte nur, dann döste sie wieder ein. Ausgerechnet Birgit weckte sie, oder genauer gesagt, ihr Radiorecorder. »Kannst du ohne diesen Kasten eigentlich nicht leben?«
    »Ist er zu laut? Entschuldigung.« Schnell schaltete sie ihn aus. »Lieber Bruce Springsteen als das Gelaber von dem ulkigen Pärchen neben mir. Haben Sie die schon gesehen? Die sitzen jetzt bei meinen Eltern am Tisch und machen sie wahnsinnig. Jedes dritte Wort von der Alten ist ›Ich glaub’s nicht‹, von jedem Kleidungsstück, das man anhat, will sie den Preis wissen, und heute morgen wollte sie mir sogar meine Kette abkaufen.« Birgit zeigte auf ihren nicht gerade dezenten Modeschmuck. »Ich hab ihr gesagt, sie soll zu Woolworth gehen, da kriegt sie ihn für siebzehnfünfundneunzig.«
    Tinchen lachte. »Ich hätte ihn teurer geschätzt.«
    »Sie auch. Einen Fuffi wollte mir die Tussie geben. Eigentlich war ich ganz schön blöd, nicht wahr?«
    Während Birgit sich auspellte und ihren keineswegs abgezehrten Körper mit Sonnenmilch begoß, suchte Tinchen verstohlen nach Einstichen. Sie konnte keine entdecken. Aber man wußte ja, daß sich Rauschgiftsüchtige an den unmöglichsten Stellen spritzten, in der Fußsohle zum Beispiel oder zwischen den Fingern. Ob sie deshalb Badeschuhe trug?
    »Wo steckt denn Julia? Schläft sie noch?« Und als Tinchen verneinte, sagte sie: »Das Taucherteil ist auch nicht zu sehen.«
    »Was meinst du damit?« Sie war hellhörig geworden.
    »Ich finde, der Wolfgang paßt nicht zu Julia. Für ihn ist sie doch nichts weiter als eine dekorative Seitendeckung, die er zu gern vernaschen möchte, aber für sie ist das eine todernste Sache. Erste große Liebe und so weiter. Dabei weiß sie doch, daß er verheiratet ist. Sie glaubt ja sogar das Märchen von auseinandergelebt und scheiden lassen wollen und diesen ganzen anderen Brei. Ich habe ja schon ein paarmal versucht, mit ihr zu reden, nur hat sie zur Zeit ein Brett vor dem Kopf. Es wird höchste Eisenbahn, daß Sie sich mal den Wolfgang zur Brust nehmen, Frau Bender, bevor da was abläuft. Und das meine ich im Ernst.«
    Das Auftauchen von Birgits Eltern und damit die Beendigung dieses äußerst interessanten Gesprächs paßte Tinchen gar nicht. Sie wollte Näheres wissen. Wann, wo und wie lange war Julia mit diesem Wolfgang zusammengewesen, trafen sie sich etwa heimlich, hatte er am Ende gar ein Einzelzimmer? Wo wohnte er überhaupt? Hinten im Bungalow-Kral bestimmt nicht, dann hätte sie ihn schon öfter gesehen, da kannte mittlerweile jeder jeden, blieb also nur noch die gehobenere Klasse, Haupthaus genannt, mit Badewanne und abschließbaren Schränken. Würde auch besser zu diesem Angeber passen, der mischte sich doch nicht unter das niedere Volk. Höchstens, um sich aus demselben ein naives junges Mädchen zu angeln, ein weiteres Stück für die Trophäensammlung. Inzwischen war Tinchen davon überzeugt, daß dieser Wolfgang nur zu dem einen Zweck in Urlaub gefahren war, um Jagd zu machen auf gutbehütete Töchter aus bürgerlichem Hause. Wer weiß, wie viele uneheliche Kinder von ihm schon in Uelzen herumliefen. Legale hatte er jedenfalls noch nicht, so viel hatte Birgit von seinem Freund Henry erfahren, und der hatte ganz munter aus dem Nähkästchen geplaudert.
    »Nun gucken Sie sich bloß die beiden an!« unterbrach sie Tinchens Gedankengang. »Königinmutter und Prinzgemahl! Und wie sie wieder aussehen! Wenn Mutti das Tulpenbeet anhat, raste ich jedesmal aus.«
    So ein bißchen konnte Tinchen das junge Mädchen verstehen. Der Badeanzug von Frau Kurz war wirklich etwas sehr großgeblümt. Darüber hatte sie einen farblich überhaupt nicht passenden Kanga gewickelt, jenes tischdeckengroße Tuch, das man auf zwanzig verschiedene Arten knoten und trotzdem nie mit der gleichen Lässigkeit tragen konnte wie die Eingeborenenfrauen. Der schon leicht ausgeblichene Strohhut mit der grünen Krempe war auch nicht gerade das neueste Modell, genausowenig wie die blaue Sonnenbrille, von der sich Frau Kurz immer erst bei Einbruch der Dunkelheit trennte. In genau drei Meter Abstand folgte Herr Kurz, auf dem Kopf die unvermeidliche Prinz-Heinrich-Mütze, um die Hüften ein Kikoi geschlungen, die männliche Variante des Kanga, rot mit wildem Blumenmuster, und darunter die hinlänglich bekannte Badehose, eine

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