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Hueter der Daemmerung

Hueter der Daemmerung

Titel: Hueter der Daemmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L. A. Weatherly
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umarmten uns fest. Ich registrierte Sebs Bestürzung, während er uns beobachtete und fühlte mich einen Moment lang tatsächlich schuldig. Verrückt, ich kannte ihn doch erst seit etwa einer halben Stunde. Ärgerlich versuchte ich, diese sonderbare Empfänglichkeit für Sebs Gefühle aus dem Kopf zu bekommen.
    Alex’ Arme umschlossen mich warm. »Es tut mir leid«, sagte ich an seinem Hals. »Ich weiß, es muss ausgesehen haben …«
    Er küsste mich und hinderte mich so am Weiterreden. »Hey, schon gut. Du weißt, dass ich dir vertraue«, flüsterte er.
    Ich hatte aber den Eindruck, dass das nur für mich galt, nicht für Seb. Nicht, dass ich ihm das vorwerfen konnte. Plötzlich kam mir etwas in den Sinn und ich schaute mich um: »He, Moment mal. Wo sind eigentlich Sam und Trish?«
    »Sie sind schon mal nach Hause gefahren, zusammen mit Kara und ihrer Gruppe. Wir treffen uns dann dort«, sagte Alex. »Sam wollte mich allerdings unbedingt begleiten – er hat befürchtet, ich würde Hackfleisch aus dem Kerl machen, wer immer er auch ist.« Seinem Gesichtsausdruck nach zu urteilen schien er die Idee gar nicht mal so schlecht zu finden. Ich merkte allerdings, dass ihm noch mehr auf der Seele lag.
    »So«, sagte er irgendwann und ließ seinen Arm auf meinen Schultern liegen. »Und was jetzt?«
    Seb sah ihn fragend an.
    »Na ja, ich habe das dumpfe Gefühl, dass wir dich so schnell nicht wieder loswerden«, sagte Alex. »Halte mich für verrückt, aber ich glaube nicht, dass du vorhast, wieder nach Chihuahua abzuhauen, jetzt wo du einen anderen Halbengel gefunden hast.«
    Sebs Blick wanderte zu mir … und mir wurde schlagartig klar, dass keine Macht der Welt ihn dazu bringen würde, wieder wegzugehen. Jetzt, da er mich endlich gefunden hatte, würde er eher sterben, als zuzulassen, dass er je wieder von mir getrennt wurde. Und zu meinem Schrecken empfand ich durchaus ähnlich. Es mir einzugestehen machte mich ganz zittrig, aber es stimmte – hier ging es um irgendetwas instinkthaftes, das sich meiner Kontrolle vollkommen entzog.
    Seb war möglicherweise der einzige Halbengel, dem ich jemals begegnen würde. Ich wollte unter gar keinen Umständen, dass er zurück nach Chihuahua fuhr.
    »Nein, ich gehe nirgendwohin«, sagte Seb. »Außer, du willst es«, fügte er an mich gewandt hinzu.
    Ich war mir so bewusst, dass Alex neben mir stand. Wie musste er sich fühlen? »Nein, ich möchte nicht, dass du gehst«, bekannte ich leise.
    Überrascht sah Alex zu mir herunter. Ich versuchte, ihm mit meinen Augen zu zeigen, dass diese Angelegenheit nichts mit ihm und mir zu tun hatte, sondern mit meinem Bedürfnis, jemanden kennenzulernen, der der gleichen Spezies angehörte wie ich. Erleichtert stellte ich fest, dass seine Mine verständnisvoll war. Er wirkte nicht gerade glücklich, aber ich konnte sehen, dass er es begriffen hatte.
    »Du hast seine Hand gehalten«, sagte er nach einer Pause. »Was hast du erfahren? Ist er vertrauenswürdig?«
    Als ich daran dachte, was ich gesehen hatte, musste ich über diese Frage beinahe lachen. Seb war jahrelang ein Dieb gewesen. Er hatte mehr Taschen ausgeräumt und mehr Kameras und Brieftaschen geklaut, als er zählen konnte. Trotzdem vertraute ich ihm. Ich hätte ihm … alles anvertraut.
    »Ja, ist er«, sagte ich.
    Alex schien einen Entschluss zu fassen. »Okay, hör zu«, sagte er zu Seb. »Wenn du mit zu uns kämst, könntest du Willow dann diese Aura-Sache beibringen?«
    Überrascht zog Seb die Augenbrauen hoch. »Das kannst du nicht?«, fragte er mich.
    Ich schüttelte den Kopf, schockiert über Alex’ Vorschlag, obwohl er bei näherem Nachdenken durchaus sinnvoll war. Meine Halbengel-Aura brachte mich jedes Mal in Gefahr, wenn ich auch nur einen Fuß vor die Tür setzte. Ich wusste, wie viele Sorgen er sich deswegen machte. »Normalerweise nehme ich Auren nicht so wahr«, erklärte ich Seb. »Ich meine, ich kann die Auren anderer Menschen erkennen, wenn ich es versuche. Aber meine eigene habe ich noch nie gesehen, außer wenn ich meine Engelsgestalt annehme. Sie zu verändern, ist mir nie in den Sinn gekommen. Ich wüsste ja nicht mal, wie ich das anstellen sollte.«
    Sebs haselnussbraune Augen blickten beunruhigt. »Ich bringe es dir bei. Das ist viel sicherer.«
    Ich nickte. In mir tobte ein solches Gefühlschaos, dass ich kaum schlau daraus wurde. Ein Teil von mir war immer noch vollkommen überwältigt davon, dass Seb überhaupt existierte. Ganz zu schweigen davon, dass er

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