Hueter der Daemmerung
betraf Seb und Willow.
Während Willow sich an die Arbeit machte, machte Alex sich ans Erklären und reichte ihr hin und wieder Werkzeuge. Seb saß mit ausgestreckten Beinen an der Wand. Schon bald hatte Willow ein Paar Kabel gekappt und zwei kleine, schmierige Teile herausgenommen, die er für Zündkerzen hielt. Sie untersuchte sie kurz. Obwohl er so abgelenkt war, war Alex beeindruckt. Er hatte sie nie zuvor an einem Motor arbeiten sehen. Er selber wäre rettungslos verloren gewesen.
»Also … darum geht’s«, schloss er.
Willow legte die Zündkerzen zur Seite. »Bittest du mich, Seb dorthin zu begleiten? Um zu probieren, was ich durch Gedankenübertragung erfahren kann?«
»Ja«, sagte er nach einer Pause. »Ich glaube schon.«
Er konnte sehen, dass sie sich voll und ganz darüber im Klaren war, was ihm das abverlangte. »Selbstverständlich werde ich helfen«, sagte sie. »Und, Alex, es wird alles gut gehen.«
»Das weiß ich«, sagte er. Er hob einen Schraubenschlüssel hoch und ließ ihn hart auf den Boden knallen. »Denn ich werde das ganze verdammte Team da reinschicken, um euch zu beschützen.« Ganz besonders dich, dachte er und spürte eine grimmige Dankbarkeit, dass sie seine Gedanken anscheinend nicht so mühelos lesen konnte wie die von Seb.
Willow wählte einen Schraubenzieher. Dann entfernte sie die Abdeckung vom Luftfilter und senkte den Kopf, um einen Blick darauf zu werfen. »Ah-ha«, brummte sie, als sie eine Plastiktüte herauszog, die sich irgendwie im Filter verfangen hatte. Dann, wie als Beweis für das, was Alex eben gedacht hatte, sah sie zu Seb hinüber, der sich, soweit Alex es beurteilen konnte, noch nicht einmal gerührt hatte. Ihr Mund verzog sich zu einem schmalen Lächeln. »Hey, die Gefahr ist für mich auch nicht größer als für dich.«
Was immer Seb auch gedacht hatte, er stritt es nicht ab. Seufzend strich er sich die braunen Locken aus der Stirn. Wieder sah Alex die Narbe auf seinem Unterarm. »Ja, das stimmt wahrscheinlich. Aber weißt du – ob ich in Gefahr bin, ist mir egal«, sagte er.
»Wann?«, fügte er in Alex’ Richtung hinzu.
Irgendwann im nächsten Jahrzehnt, hätte Alex gern geantwortet. »Übermorgen«, sagte er stattdessen. »Dann findet der Festgottesdienst statt. Wir können sowieso nicht mehr länger warten, für den Fall, dass wir den Zugangscode doch noch benutzen müssen. So hast du wenigstens noch ein bisschen mehr Zeit zum Üben«, sagte er zu Willow.
Sie nickte. »Mach ich, aber ich glaube, ich hab den Bogen jetzt raus.« Sie warf ihm einen verschmitzten Blick zu. Ihre grünen Augen funkelten plötzlich. »Was ist deine Lieblingsfarbe?«
Unwillkürlich musste er lächeln. »Blau.«
»Okay, dann guck doch mal nach.«
Er konzentrierte sich und Willows Aura manifestierte sich vor seinen Augen – ein klares Himmelblau, durch das lavendelfarbene Lichtflecken trieben. Alex riss die Augen auf. Er hatte es erwartet, war aber auf seine eigene Reaktion nicht gefasst gewesen. Der Anblick von Willows Aura, die so verändert aussah, als wäre sie nur ein ganz gewöhnliches Mädchen und nicht das Mädchen, das er liebte … das war, als hätte sie sich irgendwie ganz weit von ihm entfernt. Und wäre jetzt an irgendeinem Ort, von dem er sie nicht zurückholen konnte. Als er den weichen blauen Schein ihrer Lebensenergie betrachtete, war er lächerlicherweise den Tränen nahe.
»Alex?« Sie legte ihm eine Hand auf den Oberschenkel. Dann zuckte sie zusammen und zog sie, nach einem Blick auf ihre schmutzigen Finger, wieder weg. Sie wischte sich die Hände an einem Stofffetzen ab und musterte ihn besorgt. »Alles in Ordnung?«
»Ja, alles super«, presste er heraus. Er war sich Sebs Anwesenheit bewusst und fühlte sich unbehaglich. Seb beobachtete sie mit einem Gesichtsausdruck, der Alex allzu wissend vorkam. Alex räusperte sich. »Nein, im Ernst … das ist echt toll. Wie wär’s mit einer Aura, die die Engel nicht mal mit spitzen Fingern anfassen möchten?« Er hatte kaum zu Ende gesprochen, als ihre Aura ein kränkliches Graubraun annahm. Sie schrumpfte vor seinen Augen zusammen und schlotterte um ihren Körper.
Alex blinzelte. »Wow«, sagte er. »Das ist … ziemlich beeindruckend.« Die Erkenntnis überfiel ihn: Was immer es auch sonst zu bedeuten hatte, um Willows Aura jedenfalls musste er sich nie wieder Sorgen machen. Für den Rest ihres Lebens konnte sie durch die Straßen spazieren, ohne dass die Engel sie behelligen würden.
»Danke«,
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