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Hueter der Daemmerung

Hueter der Daemmerung

Titel: Hueter der Daemmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L. A. Weatherly
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zulassen. Niemals.
    »Raziel?« Charmeine war im Türrahmen erschienen.
    »Solltest du dich nicht um deine Lakaien-Aufgaben kümmern?«, fragte er schneidend. Er strich sich die Haare zurück, stand auf und ging mit großen Schritten zur Tür.
    Charmeine zog die Tür leise zu und lehnte sich dagegen. »Doch, und falls jemand meine Gedanken überprüfen sollte, wird es auch genau danach aussehen«, sagte sie. »Nur zu deiner Information, im Moment überprüfe ich oben deinen Mail-Account, während die Zwölf sich mit ein paar von deinen Erste-Welle-Kumpeln unterhalten.«
    Er schnaubte. »Wie edel von dir! Als hättest du nicht genau das gerade getan.«
    Charmeine zuckte sanftmütig mit den Schultern. »Es ist hilfreich, visuelle Details im Kopf zu haben, wenn man mentale falsche Fährten legt. Und nun lass mich raten«, fuhr sie fort. »Sie haben dir von ihrem Vorhaben berichtet, nur die verantwortlichen Engel anzuerkennen, die sie selbst ernannt haben.«
    »Richtig geraten«, blaffte Raziel. »Und die, die sie nicht anerkennen, werden als Verräter behandelt.« Er fluchte und raufte sich die Haare. »Wieso konnten sie nicht noch ein paar Jahre warten? Bis dahin hätte ich genug Macht gehabt, um es mit ihnen aufzunehmen, sie irgendwie in ihre Schranken zu weisen –« Er unterbrach sich, als ihm bewusst wurde, dass er dabei war, sich zu verplappern.
    Erneut konnte er Charmeines Aufrichtigkeit spüren, ihre Wut auf das Konzil. »Ich bin wirklich auf deiner Seite, Raziel«, sagte sie weich. »Du kannst mir vertrauen.«
    Er ließ sich an den Tisch sinken und trommelte auf seinem Oberschenkel herum, während er versuchte nachzudenken. Es war genau, wie Charmeine es gesagt hatte: Augenscheinlich hatte das Konzil seit Monaten von seinen Absichten gewusst. Sie hatten ihn davon in Kenntnis gesetzt, dass bereits Pläne für einen baldigen Staatsbesuch in Mexiko existierten, wo sie einen Engel ihrer Wahl als Oberhaupt der neuen Kathedrale dort einsetzen würden. Dann, nach ihrer Rückkehr, würden sie über sein, Raziels, Schicksal entscheiden. Die darin versteckte Botschaft war eindeutig: Er sollte in der Zwischenzeit über seine Verfehlungen nachdenken und entscheiden, ob er bis in alle Ewigkeit nach ihrer Pfeife tanzen wollte.
    Er warf Charmeine einen Blick zu und fragte sich, ob sie es war, die ihn verraten hatte. Sie hatte genug von seinen Plänen hier gewusst und hätte sich die fehlenden Einzelheiten, von denen er ihr nichts erzählt hatte, mit Leichtigkeit zusammenreimen können. Andererseits kam eigentlich fast jeder der Ersten Auswanderer infrage – einige hatten in der letzten Zeit zunehmend gierige Forderungen gestellt. Vermutlich hätte er diplomatischer reagieren sollen, hätte so lange vorgeben sollen, auf sie einzugehen, bis er sie loswerden konnte. Aber wer hätte denn ahnen können, dass sie ihn gleich beim Konzil verpetzen würden?
    »Und was jetzt?«, fragte Charmeine. »Wirst du den Schwanz einziehen?«
    Genug der Spielchen. Mit einer einzigen schnellen Bewegung kam Raziel auf die Beine, packte ihren Kopf und küsste sie grob. Dann drückte er sie an die Wand. Öffne dich mir, dachte er. Als Antwort schlang sie die Arme um seinen Hals. Er nutzte die Verbindung, die aufgrund ihrer gemeinsamen Vorgeschichte zwischen ihnen bestand, und tauchte tief und immer tiefer in ihren Geist ein. Wenig zartfühlend erkundete er ihr Innenleben und spürte das leichte Zittern, als sie ihm Zutritt gewährte und sich ihm Schicht um Schicht öffnete, bis es nichts mehr weiter zu entdecken gab.
    Schließlich hob Raziel den Kopf und blickte mit gerunzelten Brauen zu ihr herunter. Ihr schwarzer Pullover hing schief über ihrer nackten Schulter, aber ihr glattes weißblondes Haar saß noch immer perfekt. Alles, was er gesehen hatte, war, dass sie, als Gegenleistung für ihre Hilfe, die Macht in dieser neuen Welt mit ihm teilen wollte. Nichts anderes hatte er erwartet.
    »Und?« Charmeine war eine Spur blasser als gewöhnlich, doch ihre Stimme klang fest.
    »In Ordnung«, sagte er und ließ sie los. »Vielleicht warst du es nicht – und vielleicht bist du zur Abwechslung ja tatsächlich einmal ehrlich.«
    »Selbstverständlich bin ich das«, sagte sie bestimmt. »Ich hasse sie ebenso sehr wie du. Schon immer. Würdest du jetzt meine Frage beantworten?« Sie lehnte sich an die Wand, ohne ihren Pullover in Ordnung zu bringen. Er konnte den Ansatz einer ihrer festen Brüste sehen.
    Raziels Lippen kräuselten sich. »Nein, ich werde

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