Hüter der Flamme 02 - Das Schwert des Befreiers
Sie schaute über die Lichtung. »Ich werde mal lieber nach dem Baby sehen.«
Karl lachte. »Ellegon und Aeia passen auf ihn auf. Ich bin sicher, daß ihm nichts zugestoßen ist.« Ellegon hatte ihm gesagt, daß es oben in den Bergen Bären und Pumas gab. Wahrscheinlich würden die Tiere aber auch weiterhin das Dorf meiden.
Wenn nicht, würde Ellegon immer einen Bären oder Puma in seinen Speisplan einbauen können.
»Trotzdem ...«
»Schon gut. Bis später.«
»Nicht zu sehr später, hoffe ich. Kirah behält heute Nacht Jason und Aeia bei sich. Keinerlei Störungen.« Ihre Augen strahlten ihn vielversprechend an.
Karl stand auf und folgte Walter in die Dunkelheit. Sie ließen das Feuer hinter sich. Die Willkommensfeier dauerte schon elf oder zwölf Stunden; aber bis jetzt zeigten sich noch keine Ermüdungserscheinungen. Ein paar Ausgelassene machten auf Flöten und Trommeln Musik. Andere hingen in der Nähe des Grills herum und schnitten sich von dem Kalb etwas ab, das sich langsam am Spieß drehte und dahinbrutzelte.
Tennetty, Chak, Peill und Ahira sahen reisemüde aus. Sie waren ja auch erst am Morgen eingetroffen. Trotzdem ließen sich die vier den Hof machen. Sie saßen etwas vom Feuer entfernt, von einem Kreis aus etwa fünzig Zuhörern umgeben, und erzählten abwechselnd die Geschichte Karls auf der Warzenschwein.
Sechs der Zuhörer erweckten Karls Aufmerksamkeit. Es waren Haudegen, denen man die Kämpfe an den Narben ablesen könnte. Sie hingen wie gebannt an den Lippen der Erzähler und unterbrachen auch gelegentlich Chak oder Tennetty, um sie nach Einzelheiten auszuquetschen. Sie waren Karl vorgestellt worden; aber er hatte ihre Namen vergessen. Nicht vergessen hatte er aber die Tatsache, daß sie ehemalige Söldner waren, die es sich jetzt zur Aufgabe gemacht hatten, Sklavenhändler zu bekämpfen.
Das bedeutete, dachte er, daß nicht mehr die ganze Welt auf meinen Schultern lastet.
Es heißt aber auch, daß ich zu einer Legende werde. Bei diesem Gedanken mußte er lächeln. Beim nächstenmal habe ich wahrscheinlich mehr Freiwillige, als ich gebrauchen kann. Er wurde ernst. Diese Möglichkeit hatte Vorteile, aber auch verdammt viele Nachteile.
Slowotski reichte ihm beim Gehen die Tonflasche. Karl nahm noch einen Schluck von dem Gerbwein, der ihm schon zu Kopf gestiegen war.
Das Feuer und die Stimmen lagen weit genug hinter ihnen. Karl ließ sich auf der Wurzel einer alten Eiche nieder und winkte Slowotski, sich neben ihn zu setzen. »Was bedrückt dich denn?«
»Mich?« Slowotski schnaubte nur. Dann setzte er die Flasche an, legte den Kopf zurück und tat einen kräftigen Zug. »Mich bedrückt nichts, Karl. Verdammt noch mal, überhaupt nichts.« Slowotski schwieg eine Zeitlang. Dann fragte er: »Wie bald willst du wieder losziehen?«
»Kannst es wohl nicht erwarten, mich wieder loszusein?«
»Wie wär's mit einer Antwort?«
»Hm. So bald will ich nicht weg. Vielleicht in sechs Monaten oder so. Ich nehme an, daß Pandathaway eine Weile brauchen wird, um eine neue Suchmannschaft zusammenzustellen - wenn sie es nicht überhaupt aufgeben, mich umbringen zu wollen.«
Karl faltete die Hände im Genick und lehnte sich an den Stamm der Eiche. »Außerdem glaube ich, daß die Sklavenhändlerzunft viel zu beschäftigt sein wird, um nach mir zu suchen.« Er machte die Augen zu. »Wie viele Leute haben wir jetzt hier?«
»Etwas über zweihundert laut der letzten Volkszählung. Scheinen buchstäblich jeden Tag mehr zu werden. Aber es wird dadurch nicht leichter. Die Sklavenkarawanen werden auch immer größer. Die Sklavenhändler geraten langsam in Panik. Das ist nicht gut, Karl. Mir wäre es lieber, wenn sie fett und zufrieden wären.«
Karl zuckte mit den Schultern. »Dann nehmen wir eben mehr Leute für die Überfälle mit.«
Wenn Riccettis Plan, Gewehre herzustellen, funktionierte, brauchte er vielleicht gar keine größere Truppe. Zugegeben, es konnte noch Jahrzehnte dauern, ehe sie Patronen machen könnten; aber allein durch die Flinten und Donnerbüchsen würden sie ungeheuer im Vorteil sein.
»Denk es durch, Karl. Denk es ganz durch.«
Er machte die Augen auf und sah, wie Slowotski den Kopf schüttelte. Karl packte ihn am Arm. »Was, zum Teufel, liegt dir auf dem Magen, Mann?«
»Hast du schon das Silo angesehen?«
»Nein, aber was hat das denn mit irgendwas zu tun?«
»Es hat mit allem zu tun. Wir werden eine verdammt feine Ernte einbringen können. Unsere Felder bringen mehr, als je
Weitere Kostenlose Bücher