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Hüter der Flamme 04 - Der Erbe der Macht

Titel: Hüter der Flamme 04 - Der Erbe der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joel Rosenberg
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statt dessen die Schlinge eingeführt. Welche mir auch sehr angebracht für dich erscheinen will.«
    Vernim hätte eigentlich kreidebleich und mit schlotternden Knien vor seinem Richter stehen sollen, statt dessen straffte er trotzig die Schultern, und auf sein Gesicht trat der Ausdruck eines Menschen jenseits aller Furcht. »Darf ich jetzt sprechen, Euer Ehren!« fragte er mit vor Sarkasmus triefender Stimme.
    Mist. Karl schaute zu Thomen. Die Sache lief anders als geplant. Ganz eindeutig hatte Thomen beabsichtigt, dem Bauern einen gehörigen Schreck einzujagen, um ihn dann zu einer Anzahl Peitschenhiebe oder einem Zehntag im Kerker zu verurteilen, genug, um keinen Zweifel aufkommen zu lassen, daß Wilderei nicht geduldet wurde.
    Jedoch ...
    »Ihr habt kein Recht, mich zu verurteilen. Was seid Ihr denn? Eine Art Gott? Nein; Ihr seid ein Mensch, genau wie ich.« Er machte Anstalten, Thomen den Rücken zuzuwenden, aber die Wachen zerrten ihn an den Ketten herum - eine Marionette an ehernen Fäden.
    »Knebelt ihn«, befahl Karl und zwang sich zur Ruhe, während sein Verstand fieberhaft arbeitete.
    So erging es einem, wenn man zu schlau sein wollte. Mit seiner Androhung der Höchststrafe hatte Thomen dem Angeklagten den Eindruck vermittelt, sein Schicksal sei besiegelt, und daraufhin schlug dessen Angst in Tollkühnheit um.
    Thomen warf Karl einen hilflosen Blick zu, dann bemühte er sich, seine Haltung wiederzugewinnen. »Du hast, Vernim ip Tyrnael, deinen letzten Braten verzehrt, gewildert oder nicht. Du bist verurteilt, in den tiefsten Kerker von Burg Biemestren geworfen zu werden und dort nur von Wasser zu leben, bis sich eine Gelegenheit ergibt, dich mit dem Gefängniskarren in die Baronie Tyrnael zu schaffen, wo du am Halse aufgehängt werden sollst, bis der Tod eintritt, anschließend in der Erde begraben und der Boden über deinem Grab mit Salz bestreut.«
    Er nickte dem Büttel zu, der wieder mit dem Schaft der Hellebarde auf die Steinfliesen stieß.
    »Die Verhandlung«, sagte Thomen, »ist abgeschlossen.«
    Karl nickte. Jetzt kam der inoffizielle Teil.
    Karl scheuchte den Waffenmeister aus der Waffenkammer und winkte Thomen auf einen Sitz. »Ich kann dir nicht viel Zeit widmen, Thomen«, meinte er und ließ die Finger geistesabwesend über ein Gestell mit Lanzen wandern, bevor er eine nachgebaute Steinschloßpistole von der Wand nahm. »Es steht heute noch eine Menge Arbeit an. Aber was zur Hölle unternehmen wir in dieser Angelegenheit?«
    Das Schlimme war, Vernim hatte recht. Weder Karl Cullinane noch Thomen Furnael besaßen das Recht, einem Mann wegen Wilderei mit der Todesstrafe auch nur zu drohen. Es war nicht recht. Vielleicht notwendig, aber nicht recht.
    Auf der anderen Seite durfte ein Herrscher keinen Zweifel daran lassen, daß er die Macht innehatte, und einem überführten Wilderer zu erlauben, diese Macht in Frage zu stellen, konnte unabsehbare Folgen haben. Die Aura der Majestät, das Mana des Anführers, mußte geschützt werden.
    Thomen zuckte knapp die Schultern, doch sollte diese Geste nicht ausdrücken, daß ihn die Sache nicht kümmerte. Ganz im Gegenteil hatte es den Anschein, als lasteten die Sorgen der Welt schwerer auf seinen Schultern, als ihnen von Rechts wegen zustand. Seinem Bruder war die gleiche Geste eigen.
    »Ich sehe nur zwei Möglichkeiten, Karl, und mir gefällt keine von beiden.« Er kaute an seinem Daumennagel. »Enrel, der Gerichtsdiener, ist ein vertrauenswürdiger Mann - er dient der Familie seit der Zeit vor meiner Geburt. Ich kann ihm den Auftrag geben, die Bodenplanken an dem Gefängniskarren zu lockern und auf die andere Seite zu schauen, wenn Vernim zu fliehen versucht. Mit ein bißchen Glück schafft er es über die Grenze, und zurück kommt er bestimmt nie mehr.«
    Karl schüttelte den Kopf. »Und was ist, wenn er nach dem Ausbruch aus dem Karren ein Schwert zu packen kriegt und einen der bewaffneten Wächter tötet? Oder wenn er auf der Flucht einen Bauern umbringt, um sich Geld oder Proviant zu beschaffen?«
    Ein Mann auf der Flucht war gefährlicher als ein angeschossener Wolf. Karl hatte da seine Erfahrungen.
    Thomen überlegte geraume Zeit. »Vielleicht bittet Kirling für ihn um Gnade? Es ist dein Recht, Milde walten zu lassen.«
    »Möglich, wenn auch unwahrscheinlich.« Karl nickte. »Wenn Tyrnael oder jemand in seinem Auftrag mich bittet, eine Begnadigung auszusprechen. Natürlich kannst du Kirling überreden, mit einer solchen Bitte an mich

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