Hüter der heiligen Lanze - Gesamtausgabe
suchen, und schloss die langweilige Katalogisierung ab. Als sie vom Mittagessen zurückkam, kam ein Postbeamter, der zwei Pakete aus den USA mit sich führte. Es waren die Proben, die sie nach Harvard geschickt hatten. Eine Weile stand sie unschlüssig vor den verschlossenen Kisten, weil es ihr unrecht vorkam, sie ohne Harvey zu öffnen. Einer inneren Stimme folgend griff sie zum Telefon und rief im Hospiz an.
»Er ist zu Ihnen unterwegs, Frau Weizmann. Es ging ihm zwei Tage lang sehr schlecht, machte einen verwirrten Eindruck und hatte schlechte Träume, doch heute Morgen war er plötzlich wie ausgewechselt.«
»Danke für die Auskunft, Frau Karem.« Lea war erleichtert. Ihr zweites Gespräch galt Mosche. »Hallo Mosche. Hast du Zeit vorbeizukommen?«
»Sind die Proben zurück?«
»Sie stehen hier. Ich habe mich noch nicht getraut, sie zu öffnen. Bei dem Gedanken, den Schädel eines Zeitreisenden in die Hände zu nehmen, läuft mir ein Schauer den Rücken hinunter. Der Professor soll auch auf dem Weg hierher sein.«
»Bin schon unterwegs. Gib mir fünfzehn Minuten.«
»Zehn.« Mosche hatte aufgelegt. Lea ging in dem Raum, in dem zahlreiche Computer und Analysegeräte standen, auf und ab. Noch zwei Minuten, dann geh ich rüber und pack die Proben aus , dachte sie in dem Moment, als der Professor zur Tür herein kam. »Hallo Lea, schön dich zu sehen.«
Lea warf ihm einen verwunderten Blick zu und glaubte einen zehn bis zwanzig Jahre jüngeren Mann vor sich zu haben. »Was ist denn mit dir passiert? Du bist ja wie verwandelt.«
»Nun, also zunächst habe ich genau das gemacht, was ich angekündigt habe. Ich habe viel geschlafen. Und dann habe ich einen Tag Urlaub in Jerusalem gemacht, um mich auf andere Gedanken zu bringen. Ich war an der Klagemauer, beim Gartengrab und auf dem Ölberg. Ich habe Kontakt zu Gott gesucht, weil ich mit diesem paradoxen Gedanken an einen Zeitreisenden nicht zurechtkam. Was mir geholfen hat, war euer Hinweis, dass man vor einigen Jahren auch noch nicht gedacht hätte, dass es eines Tages möglich sein könnte, mit Rapsöl Auto zu fahren und unser Essen in der Mikrowelle aufzuwärmen. Warum sich also nicht an den Gedanken gewöhnen, dass man in der Zukunft eine Möglichkeit findet, Menschen in der Zeit reisen zu lassen.«
Lea schnalzte anerkennend mit der Zunge.»Alle Achtung. Das hätte ich jetzt nicht erwartet.«
»Ich auch nicht Lea. Ich hielt den Gedanken einer Zeitreise für Blasphemie, einen Eingriff in Gottes Schöpfungsordnung. Aber da heißt es, dass bei Gott alle Dinge möglich sind, warum nicht auch so etwas.«
Mosche betrat den Raum, und auch er bemerkte sofort die Veränderungen an Smith. »Schön euch zu sehen.« begrüßte er fröhlich die beiden.
»Mosche brannte darauf, benachrichtigt zu werden, falls die Proben zurück sind«, erklärte Lea sein plötzliches Erscheinen. »Ich hoffe, das ist in Ordnung für dich.«
»Aber ja. Unser bester Mann – außer mir.« Lea amüsierte sich über die zurückgewonnene Lebensfreude ihres Vorbildes.
Vorsichtig löste Smith die Verpackung der wertvollen Fracht. Die Behälter ähnelten denen, die von Medizinern verwendet werden, um lebenswichtige Organe zu transportieren. Etwa unversehrte Nieren von Unfallopfern, die einen Spendeausweis bei sich trugen und nach ihrem Ableben wie Weihnachtsgänse ausgenommen wurden. Es gab fast nichts, was man nicht gebrauchen konnte, angefangen von einer Augenlinse bis hin zum menschlichen Herz. Dagegen war der Schädel eines zweitausend Jahre alten Mannes nichts Besonderes, es sei denn, er stammte aus dem einundzwanzigsten Jahrhundert und trug Implantate in seinem Kiefer.
»Im Übrigen habe ich noch einen Abstecher in die Universität von Jerusalem gemacht und zwar, um genau zu sein, in die zahnmedizinische Fakultät.« Lea schaute von ihrer Tätigkeit auf und betrachtete den Professor.
»Bitte gib mir die Unterlagen. Ich muss mir die Befunde durchlesen.« Lea reichte dem Professor eine dicke Mappe zusammengehefteter Blätter. Smith schlug den Ordner auf und es schien, als suche er etwas Bestimmtes.
»Wagner hat mir am Telefon erzählt, er habe einen der Zähne des Toten Nr.3 extrahiert und im Dünnschliffpräparat untersucht. Es gibt da eine neue Methode, in der ich noch nicht so firm bin.« Smith blätterte weiter und wurde fündig. Erst murmelte er einige Sätze, dann kam er an die Stelle kam, die von Interesse war. Er nahm einzelne Stichworte heraus und zitierte: gemischte Nahrung,
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