Hüter der heiligen Lanze - Gesamtausgabe
bei der Polizei.«
»Ich bin wirklich gespannt, was wir im Vatikan sollen. Allerdings glaube ich nicht, dass wir den Papst persönlich treffen werden«, sagte Raphaela und eine gewisse Traurigkeit war in ihrem hübschen Gesicht zu entdecken.
»Schade eigentlich, denn ich kann kein Italienisch«, fügte Huber polemisch hinzu. »Ich schätze, es wird sich ein Kardinal um uns kümmern.«
Huber nickte, sah aus dem Fenster und begann, die Fahrt durch Rom zu genießen. Wildhupende Wagen schossen an ihnen vorbei, obwohl er davon überzeugt war, dass ihr Fahrer selbst schon ein gehöriges Tempo drauf hatte. So viele Motorroller hatte er auch noch nie gesehen, erst recht keine, bei denen die meisten Fahrer ohne Helm fuhren. Als das Taxi an einer roten Ampel stand und wartete, drängelten sich erst zwei, dann drei, vier Roller an ihnen vorbei, bis insgesamt zehn vor ihnen standen. Huber bekam den Mund nicht mehr zu.
Raphaela sah ihn amüsiert an. »Das ist völlig normal hier. Hier nimmt jeder Rücksicht. Weniger Unfälle als in Österreich.«
Nach einer halben Stunde Fahrt konnte man schließlich die atemberaubende Kulisse des Petersdoms erkennen. Ein Wagen mit dem Kennzeichen des Vatikans bog durch ein schweres Tor in die Vatikanstadt ein. Raphaela sprach den Fahrer in einem so schnellen Italienisch an, dass ihre Sprechgeschwindigkeit die Fahrgeschwindigkeit noch übertraf. Sogleich hielt der Fahrer vor dem Tor und ließ die beiden aussteigen. Sie zahlten und nahmen ihr Gepäck.
Huber folgte Raphaela, und sie gingen einige Schritte, bis sie auf dem Petersplatz standen. »Was hast du zu ihm gesagt?«, fragte er.
»Ich habe ihm gesagt, dass ich dir zuvor den Petersdom zeigen möchte, und dafür hat jeder Italiener größtes Verständnis. So, da wären wir nun.«
Langsam näherte sich der Kommissar der gigantischen Szenerie des Petersplatzes und der uralten Kirche, unter der der Apostel Petrus begraben sein soll. Er drehte sich mehrfach um seine eigene Achse und bewunderte den riesigen Obelisken, der in der Mitte des Platzes stand. Raphaela stellte sich neben ihn.
»Du kennst dich aus in Rom, hm?«
Sie nickte. »Klar.«
»Huber sah zum Obelisken auf. »Was ist das hier für ein Ding?«
»Es gibt in Rom insgesamt dreizehn davon. Rom wird auch die Stadt der Obelisken genannt. Manche wurden von römischen Kaisern nach Rom gebracht, andere direkt hier in Rom angefertigt. Dieser hier wurde jedoch von Caligula nach Rom gebracht. Er wollte damit eigentlich den Zirkus von Kaiser Nero schmücken, in dem auch der Apostel Petrus getötet wurde. Der war früher ungefähr dort.« Raphaela zeigte in die Richtung der Basilika. »Rechts von der Basilika, also dem Petersdom, soll der Zirkus gewesen sein, aber Sixtus IV. ließ den Obelisken von dort entfernen und hierher transportieren.«
»Ich schätze, das war kein leichtes Unterfangen für die damalige Zeit.«
»Vier Monate hatte man dafür gebraucht. Er wiegt immerhin 322 Tonnen.«
Huber ging ein paar Schritte und betrachtete die gewaltigen Bauwerke. »Hast du eine Ahnung, wer diese Jungs sind?« Huber deutete mit einem Kopfnicken auf die Säulen, die ihn umgaben.
»Ich weiß nur, dass es hier insgesamt 284 Säulen und 140 Statuen von Heiligen gibt. Sie sind zwischen 1667 und 1669 unter Alexander VII und Clemens IX aufgestellt worden.«
Huber nickte und war von derart profunden Kenntnissen beeindruckt. »Meine Güte, woher weißt du das alles?«
Raphaela zuckte mit den Schultern und genoss seine Bewunderung. »Ich habe während meines Studiums mein Taschengeld aufgebessert und Reisegruppen durch Rom geführt. Da oben wohnt übrigens der Papst.« Huber drehte sich in die Richtung um, in die Raphaela gerade zeigte. »Die drei letzten Fenster im oberen Stockwerk, das sind seine Privatgemächer.«
Huber näherte sich langsam dem Rand des Platzes und ging in Richtung der ihn umsäumenden Kolonnaden. Er strich mit den Händen an dem glatten Gestein einer Säule entlang und schaute nach oben. Raphaela war ihm still gefolgt. »Der ganze Ort hier ist ein Mysterium, pure Mathematik. Allein diese Säulengänge: Sie sind auf beiden Seiten exakt 17 Meter breit und absolut symmetrisch dem Mittelpunkt des Platzes angeordnet. Bernini war der genialste Architekt seiner Zeit. Fast alle barocken Skulpturen und Gebäude entstammen seinem Genie. Wenn wir bloß mehr Zeit hätten – ich könnte dir so viel Geheimnisvolles zeigen.«
»Ich habe ja mit der Kirche nicht mehr viel am Hut, aber das
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