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Hüter der heiligen Lanze - Gesamtausgabe

Hüter der heiligen Lanze - Gesamtausgabe

Titel: Hüter der heiligen Lanze - Gesamtausgabe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg S. Gustmann
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Wohlbefinden gerichtet und mir scheint, dass sie für Himmler weitaus mehr ist als nur eine Sekretärin. Immerhin duzen sich Himmler und Fr. Potthast und gehen in einer Weise miteinander um, die ein weitaus vertrauteres und zärtlicheres Verhältnis widerspiegelt, als dies für einen Chef und seine Angestellte ziemlich und üblich ist. Nun, mir soll es egal sein. Ich habe nicht über die Treue bzw. Untreue in seiner Ehe mit Marga zu befinden. Leid tut mir nur seine Tochter. Sie heißt auch Gudrun, und er telefoniert beinahe täglich mit ihr. Er nennt sie Püppi und scheint sie sehr zu lieben. Sie sehen sich nicht oft, denn seine Frau und Püppi leben auf einem Landgut am Tegernsee.
    Himmlers Charakter ist für mich weiterhin schwer zu durchschauen. Zu mir ist er sehr nett und stets höflich, doch was bin ich eigentlich für ihn? Ich bin zu alt, um sein Sohn sein zu können, und zu jung für einen Freund, obgleich er mich als solchen behandelt. Bleiben wir also bei der Bezeichnung »Protegé«. Die Tür zum Nachbarzimmer ist immer nur angelehnt, wie alle Türen in diesem Haus. So bekomme ich den einen oder anderen Wortfetzen mit, wenn er telefoniert oder mit seinen Untergebenen spricht. Er lässt Blumen verschicken an verwundete Soldaten, lobt die Tugenden der Kämpfenden und zeigt sich oft als erfahrener Kriegsstratege, obgleich er selbst nie an der Front war, wie seine Tagebucheinträge beweisen. Ohnehin hat er eine seltsame, ja unwirkliche Einschätzung zu Kriegsdingen. Heroisch und übermenschlich seien alle Krieger, und es sei die Pflicht eines jeden Herrenmenschen mit dem Leben für sein Vaterland einzustehen. Es fällt mir schwer, mir diesen Mann mit dem teigigen Doppelkinn und dem so völlig unathletischen Körperbau in den Reihen der Frontkämpfer vorzustellen. Wenn er vor mir steht, macht er auf mich eher den Eindruck eines fleißigen Beamten, der es mehr liebt, in Büchern und Akten zu stöbern als bei minus zwanzig Grad in einem Schützengraben auszuharren.
    Er erzählt mir, wie er die Zeit auf seinem Bauernhof genossen hat und wie erfolgreich seine Hühnerzucht gewesen sei. Überhaupt liebe er Tiere über alles und hege den größten Respekt vor diesen Geschöpfen. Bis dahin kann ich ihm gut folgen, doch eine Sache ruft einen nicht zu unterdrückenden Widerwillen in mir hervor. Er schätzt den Herrenmenschen, die arische reine Rasse, die Kultur des Tugendhaften – schön und gut. Er liebt die Tiere, doch er hasst die Juden über alle Maße. Natürlich, jedem deutschen Bürger wird vermittelt, dass die Juden »Volksschädlinge« sind, wie es der Volksbrockhaus schon 1938 herausgestellt hat. Himmler hasst alles aber grundsätzlich alles, was nicht arisch ist, auch die Freimaurer, die Jesuiten, die Zigeuner. Andersdenkende wie die Bolschewisten, Kommunisten, Kranke, Asoziale, Homosexuelle sowieso, ja sogar die Christen verachtet er, obwohl er sich in seinen Tagebüchern als treuen katholischen Kirchgänger bezeichnet, der Gott und die Kirche für immer lieben werde. Mir ist, als triebe eine unsichtbare Kraft Himmler an, die »Untermenschen«, wie er sie nennt, gnadenlos zu verfolgen. Was hat er nur vor mit ihnen, wenn er sie alle gefunden hat? Was tut er mit ihnen, wenn sie inhaftiert und in die sogenannten »Arbeitslager« verlegt werden?
    Gestern setzte er sich zu mir an den Tisch und nahm sich wieder Zeit für ein Gespräch. Er war bemüht, mir die Sachlage mit den Juden zu erklären, als läge ihm daran, dass ich nicht nur seine Meinung teile, sondern sie überdies verstehe und verbreite. Da ich stets mein Notizbuch dabei habe, kann ich seine Aussprüche wörtlich wiedergeben. Ich muss sagen, es kostete mich einige Mühe mein Entsetzen, das in mir aufkeimte, zu unterdrücken. Würde ich dies nicht tun, wären meine Tage in diesem Haus gezählt und irgendwie habe ich das Gefühl, das es wichtig ist, hier zu sein, aus einem Grund, der mir noch im Verborgenen liegt.
    Er sagte, und ich zitiere wörtlich: »Jene biologisch scheinbar gleichgeartete Naturschöpfung mit Händen, Füßen und einer Art Gehirn, mit Augen und Mund, ist doch eine ganz andere, eine furchtbare Kreatur, ist nur ein Wurf zum Menschen hin, mit menschenähnlichen Gesichtszügen – geistig, seelisch jedoch tiefer stehend als jedes Tier. Im Innern seines Wesens ein grausames Chaos wilder, hemmungsloser Leidenschaften: namenloser Zerstörungswille, primitivste Begierde, unverhüllte Gemeinheit.«
    Während er zu mir sprach, musste ich an

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