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Hueter Der Macht

Hueter Der Macht

Titel: Hueter Der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
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Reise nach Rom –, er besaß genügend Mut, sich auf eine gefährliche Seereise einzulassen.
    Es gab nur zwei Jahreszeiten, in denen die Pässe überquerbar waren: im Hochsommer und im tiefen Winter. Im Frühling und Herbst waren sie zu gefährlich – in dieser Zeit bestand die größte Lawinengefahr, wenn der Schnee schmolz oder gerade erst frisch gefallen war. Im Hochsommer war der meiste Schnee geschmolzen und im tiefen Winter größtenteils überfroren.
    Jetzt war Hochsommer, und die Pässe waren sicher.
    Zumindest weitgehend.
    Thomas machte sich keine Illusionen über die Gefahren, die ihn und seine Gefährten in den nächsten Tagen erwarteten.
    Nachdem sie Florenz verlassen hatten, waren sie schnell vorangekommen. Thomas ritt auf einem stämmigen, flinken braunen Wallach und versuchte, seine Freude darüber, wieder auf dem Rücken eines Pferdes zu sitzen, zu zügeln. Marcel, Karle und Biermann hatten vor, eine beachtliche Menge Tuchwaren auf den Märkten Nordeuropas zu verkaufen – florentinische Wolle, Seide und Teppiche aus dem Fernen Osten –, doch sie hatten den größten Teil ihrer Güter den zuverlässigen, wenn auch hässlichen und langsamen Koggen anvertraut, die die Handelsroute zwischen Venedig und den nördlichen Städten der Hanseatischen Legion befuhren. Nur der Bankier Marcoaldi führte zwei stabile, verschlossene Kisten auf einem Packpferd mit sich. Er ließ die Kisten niemals aus den Augen, und sie wurden zudem von sechs schwer bewaffneten und gepanzerten Männern bewacht.
    Thomas erkannte sofort, dass es sich um Schweizer Söldner handelte – Marcoaldi musste ungeheuer reich sein, wenn er sich einen solch teuren Geleitschutz leisten konnte.
    Reich… oder außerordentlich besorgt.
    Abgesehen von Marcoaldis Packpferd und seinen Söldnern, Thomas und den Kaufleuten, bestand die Karawane noch aus acht weiteren Packpferden, die mit der Habe der Kaufleute, kleinen Gewürzpaketen für den Markt von Nürnberg und Geschenken für ihre Familien beladen waren, und zwölf eher ungehobelten, aber offenbar leidlich fähigen deutschen Söldnern, welche die gesamte Karawane bewachten. Die Schweizer Söldner blieben unter sich, wie Schweizer Soldaten es meist taten, doch die Deutschen waren leutselig, manche von ihnen sogar einigermaßen gebildet, und diejenigen, die nicht gerade Wache hielten, setzten sich nachts zu Thomas und seinen Gefährten ans Feuer, nachdem sie ihr Lager aufgeschlagen hatten.
    Im Allgemeinen zogen die Kaufleute und Marcoaldi es vor, in einer Herberge oder dem Gästehaus eines Klosters zu übernachten. Ein Lager im Freien war schön und gut, doch eine bequeme Matratze war ihnen lieber als der kalte, harte Erdboden.
    Und so war es auch in dieser Nacht. Am Fuß des Brennerpasses befand sich ein Kloster der Benediktiner, das alle möglichen Reisenden aufnahm, seien es Händler oder Kaufleute, Pilger, freie Söldner oder adlige Diplomaten, die zwischen den italienischen Städten und dem Hof des Kaisers des Heiligen Römischen Reiches hin und her reisten. Die Unterkunft hier war besser als in den meisten Klöstern – was wohl daran lag, dass das Kloster durch die vielen adligen Pilger, die hier im Laufe der Jahrhunderte eingekehrt waren, reich geworden war –, und Marcel und seine Gefährten erfreuten sich im Refektorium mit ihrem Wirt, dem Herbergsvater, an einem Glas deutschen Wein und süßen Köstlichkeiten.
    Thomas schüttelte den Kopf, wenn er an die Unterkunft dachte: Nicht nur hatte jeder Gast seine eigene Strohmatratze, es gab sogar für jeden einen eigenen Abtritt!
    Wahrhaft luxuriös.
    »Denkt Ihr an die Gefahren des Brennerpasses, mein Freund?«, fragte eine leise Stimme hinter ihm.
    Thomas drehte sich um und grinste. »Nein, Johann. Ich habe nur über den Reichtum dieses Klosters nachgedacht.«
    »Aha!«, lachte Johann. »Ihr bedauert wohl, dass Ihr Euch den Dominikanern und nicht den Benediktinern angeschlossen habt, was?«
    Sie betrachteten schweigend die Berge, die hoch vor ihnen aufragten. Johann und Thomas waren auf der Reise nach Norden, über Ferrara nach Venedig – wo Marcel, Karle und Biermann das Verladen ihrer Waren beaufsichtigt und wie ein Schwarm Hennen über die Verpackung und Lagerung in den tiefen Frachträumen der Koggen gewacht hatten –, Verona und von dort zum Fuß der Alpen, gute Freunde geworden.
    Johann war ein netter Junge, ein wenig zu unreligiös für Thomas’ Geschmack – aber war er nicht in seinem Alter genauso gewesen? –, jedoch

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