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Hüter des Todes (German Edition)

Hüter des Todes (German Edition)

Titel: Hüter des Todes (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lincoln Child
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Truhe, und auf ein Nicken Stones hin packten sie jeder ein Ende des Deckels und begannen ihn anzuheben. Obwohl der Deckel nicht dicker als fünf Zentimeter sein konnte, schafften die kräftigen Arbeiter es nicht, ihn mehr als ein paar Millimeter zu bewegen, bis Valentino und einer der Sicherheitsleute vortraten und ihnen halfen. Unter großer Anstrengung gelang es den vieren, den Deckel von der Truhe zu heben und zu einer leeren Ecke der Grabkammer zu tragen, wo sie ihn ächzend ablegten. Als er auf der schwarzen Oberfläche aufprallte, gab es einen dumpfen Schlag, der durch die gesamte Kammer hallte.
    Im Innern der großen Truhe aus Onyx lag ein schwarzes Tuch, das mit goldfarbenen Drähten durchwirkt war. Stone berührte es vorsichtig, doch wie schon zuvor löste es sich in dem Moment, in dem es mit seinen Fingern in Kontakt kam, in einer Wolke aus feinem Staub auf.
    Darunter kam eine Platte aus gehämmertem Gold zum Vorschein, bedeckt mit primitiven Hieroglyphen. «Tina?», fragte Stone und richtete einen der Scheinwerfer auf die Platte. «Was sagen Sie dazu?»
    Christina Romero trat vor und untersuchte die Schriftzeichen. «Sie scheinen sich auf die Schriftrollen auf dem Tisch zu beziehen», sagte sie nach einem Augenblick. «Ich bin noch dabei, sie zu studieren. Es ist beinahe, als wären es …»
    «Als wären es?», fragte Rush.
    «Beschwörungen. Anrufungen. Aber nicht von der üblichen Sorte.»
    «Von welcher Sorte denn?», fragte Stone mit Ungeduld in der Stimme.
    Die Ägyptologin zuckte die Schultern. «Ich weiß nicht. Instruktionen vielleicht.»
    «Und was soll daran ungewöhnlich sein?», fragte Stone. «Das gesamte Buch der Toten des Neuen Königreichs ist genau genommen ein einziges Handbuch voller Instruktionen.»
    Christina Romero antwortete nicht.
    Stone wandte sich wieder der Truhe zu. Er bedeutete Valentinos Männern mit einem Kopfnicken, die goldene Platte anzuheben, und beugte sich vor, um sie besser sehen zu können. Logan trat einen Schritt nach vorn und sah eine weitere Platte aus Gold, diesmal eingefasst mit Fayence und kostbaren Edelsteinen und dicht mit Hieroglyphen beschrieben. Auch diese Platte war so groß, dass sie alles verbarg, was darunter in der Truhe lag. Stone bedeutete den Arbeitern, auch diese Platte zu entfernen.
    «Hierher, bitte», sagte Christina Romero. Sie instruierte Valentinos Männer, die beiden Platten auf dem Boden neben dem Tisch mit den Papyri abzustellen.
    Was nun zum Vorschein kam, sah im schwachen Licht der Taschenlampen für Logan nach einem großen Haufen kleiner, vertrockneter Knochen aus, ein einziges gewaltiges Durcheinander.
    Stone stieß ein überraschtes Grunzen aus. Er streckte die Hand aus, besann sich eines Besseren, zog einen neuen Latexhandschuh an und tauchte dann die Hand hinein.
    «Was ist das?», fragte Logan.
    «Ich will verdammt sein!», antwortete Stone nach einigen Sekunden. «Es ist Hanf!»
    Rush beugte sich vor, nahm mit einer Pinzette ein Stück aus dem Gewirr und untersuchte es im Licht seiner Taschenlampe. «Sie haben recht», sagte er dann. «Es ist Hanf.»
    Stone gab Valentinos Arbeitern ein Zeichen und begann mit beiden Händen, die antiken Pflanzenstängel aus der Truhe zu schaufeln, zuerst behutsam, dann schneller und in größeren Mengen, bis der Boden der Kammer davon bedeckt war. Dünne Wolken stoben in die Höhe, und mit ihnen breitete sich ein eigenartiger Geruch von Heu und fünftausend Jahre alter Ernte in der Kammer aus.
    In den Bündeln aus Hanfstängeln lagen zwei Beutel, jeder ungefähr von der Größe eines Medizinballs, aus goldenen Fäden so fachmännisch und geschickt gewebt, dass die Beutel sich geschmeidig anfühlten wie Seide. Behutsam, sehr behutsam befreite Stone die goldenen Beutel vom umgebenden Hanf und stellte sie vor dem massiven Podest auf den Boden.
    Wieder drängte die Gruppe in gebanntem, wortlosem Schweigen heran. Logan betrachtete die beiden rundlichen Objekte, die im Strahl von einem halben Dutzend Taschenlampen glänzten. Vor seinem geistigen Auge sah er bereits die Doppelkrone des vereinigten Ägypten darin: die weiße, makellos glänzende konische Krone von Oberägypten sowie die rote, spitz zulaufende Krone von Unterägypten. Woraus sie wohl gefertigt waren? Aus bemaltem Gold? Oder irgendeiner anderen, unbekannten oder unerwarteten Legierung? Welche Magie mochte sie umgeben? Er konnte es kaum erwarten, endlich zu sehen, was sich in diesen beiden weichen, gewebten Beuteln aus purem Gold verbarg.

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