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Hüter des Todes (German Edition)

Hüter des Todes (German Edition)

Titel: Hüter des Todes (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lincoln Child
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sekundenlang. «Okay. Also liegt Narmers Grabstätte im Sudd. Aber warum?»
    «Erinnerst du dich, was Stone gesagt hat? Denk drüber nach. Narmer nahm nie da gewesene Mühen auf sich, um den Ort seines Grabes zu verschleiern. Er ließ sogar die Grenzen Ägyptens hinter sich und die sechs Katarakte des Nil. Er reiste bis nach Nubien – ein gefährlicher Vorstoß in feindliche Gebiete. Wenn man bedenkt, wie früh in der ägyptischen Geschichte das alles war – vergiss nicht, es ist die archaische Periode, die Zeit der ersten Dynastie –, ist die Wahl seines Grabs durchaus mit dem Bau der Großen Pyramiden zu vergleichen. Nicht nur das – Narmer ist der einzige Pharao, der nicht in Ägypten bestattet ist. Wie du wahrscheinlich weißt, mussten sämtliche Pharaonen in ägyptischer Erde begraben werden.»
    Logan nickte. «Das ist der Grund, warum Ägypten nie Kolonien hatte.»
    «Angesichts all dessen, Jeremy – angesichts dieser unglaublichen Anstrengungen, der Kosten und des Risikos, die Narmer auf sich genommen hat – für wie wahrscheinlich hältst du es, dass sein Grab nur wenige Dinge von Wert enthält?»
    «Aber ein undurchdringlicher Sumpf …» Logan schüttelte den Kopf. «Denk nur an die Logistik, die für die Errichtung des Grabmals erforderlich war – insbesondere für eine primitive Kultur in einer feindseligen Umgebung.»
    «Darin liegt ja gerade die teuflische Schönheit der Sache. Erinnerst du dich – ich habe gesagt, der Sudd breitet sich jedes Jahr ein wenig weiter aus? Narmer wusste das. Er konnte sein Grabmal am damaligen Rand des Sudd errichten und den Ort geheim halten. Unter der Oberfläche des Sudd-Tals gibt es ein ausgedehntes System vulkanischer Höhlen. Nach Narmers Tod vernichtete der sich immer weiter ausdehnende Sumpf sämtliche Spuren des Grabes. Die Natur erledigte die Arbeit.» Rushs Gesicht nahm einen sorgenvollen Ausdruck an. «Beinahe zu gut, wie ich hinzufügen möchte.»
    «Inwiefern?»
    «Du hast Stone gehört. Die Grabung ist im Gange, alles läuft wie am Schnürchen. Sämtliche Experten sind an der Arbeit, die Techniker und Archäologen und Mechaniker und der ganze Rest. Leider …» Er zögerte. «Leider erwies sich die exakte Position als ein wenig schwieriger zu finden, als Stones Experten dies vorhergesehen hatten.» Rush seufzte. «Natürlich ist da auch noch die übliche Erfordernis, kein Aufsehen zu erregen – nicht so sehr wie an einer gewöhnlichen Grabungsstelle, aber nichtsdestotrotz vorhanden. Und es ist Regenzeit – die schlimmste Zeit des Jahres für diese Arbeit. Die Regenzeit macht den Sudd noch unangenehmer und ungesunder.»
    Logan erinnerte sich an Stones Worte. Wir stehen unter beträchtlichem Zeitdruck. «Warum dieser große Druck?», fragte er. «Warum nicht einfach warten bis zur Trockenzeit? Das Grab hat fünftausend Jahre überdauert – warum nicht noch einmal sechs Monate?»
    Statt eine Antwort zu geben, erhob sich Rush und winkte Logan, ihm zu folgen. Sie kehrten an Deck zurück und gingen vorsichtig zum Bug. Die Sonne sank dem Horizont entgegen und hatte einen wütenden Orangeton angenommen. Vor ihnen breitete sich der weite, träge Nil aus. Wasservögel schrien von beiden Ufern.
    Rush breitete die Hände aus. Logan sah nach vorn und bemerkte eine Reihe von Hügeln, die sich zu beiden Seiten des Flusses erstreckten wie ein riesiges Amphitheater, dessen Konturen im Dunst am Horizont verschwanden. «Siehst du das dort?», fragte Rush. «Dahinter befindet sich der Af’ayalah-Damm. Er nähert sich bereits seiner Fertigstellung auf dieser Seite, der sudanesischen Seite der Grenze. In fünf Monaten steht all das hier – der ganze nutzlose, gottvergessene Sumpf – unter Wasser.»
    Logan spähte hinaus in die heraufziehende Dämmerung. Jetzt begriff er den Grund für die Eile.
    Als er nachdenklich in das Wasser vor dem Bug starrte, bemerkte er die ersten Pflanzenteile in der trägen Strömung. Zuerst nur kleine Bündel von Papyrusgras. Dann wurden die Bündel größer, bildeten kleine Inseln, die an schlammigen Untiefen haften blieben.
    «Wenigstens liefert der Damm uns eine phantastische Tarngeschichte», fuhr Rush fort. «Wir sind eine Gruppe von Wissenschaftlern, die das Ökosystem untersuchen und alles dokumentieren, bevor es für immer in den Fluten versinkt. Doch diese Tarnung kostet natürlich zusätzliches Geld, und je länger sie fortdauert, desto schwieriger wird es, sie aufrechtzuerhalten.»
    Das Boot verlangsamte seine Fahrt, als die

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