Hüterin der Nacht: Roman (German Edition)
übersät, wo Jin mich gebissen oder zu fest oder zu oft zugeschlagen hatte.
Ich hatte im Laufe der Nacht mehrfach gespürt, dass er gern noch weiter gegangen wäre.
Und war verdammt froh, dass er es nicht getan hatte.
Ich stöhnte leise und öffnete die schweren Lider. Der Raum wurde von Licht durchflutet, offenbar war die Sonne bereits aufgegangen. Ich richtete mich auf, genoss kurz das Gefühl der seidenen Laken auf meiner nackten Haut und blickte auf die Uhr. Neun Uhr morgens. Ich würde wohl wieder zu spät zur Arbeit kommen.
Ich rollte mich auf den Rücken. Es war kein Geräusch zu hören. Nirgends rührte sich etwas, kein pfeifender Wasserkessel, nichts, was darauf hindeutete, dass jemand im Haus war. Ich runzelte die Stirn, lauschte aufmerksam und hörte etwas, das mich kurz verwirrte. Dann wusste ich, was es war. Da schnarchte jemand.
Ich war wohl doch nicht allein. Aber Jins Geruch hing nur noch schwach in der Luft. Er war offenbar nicht mehr zu Hause.
Ich war zunehmend irritiert, schlug die Decke zurück und stieg aus dem Bett. Kurz verstärkten sich meine Schmerzen, und ich zuckte zusammen. Verdammt, wenn ich ab jetzt täglich Sex mit Jin haben sollte, war ich nach spätestens einer Woche grün und blau. Ich würde vermutlich gar nicht erst eine Woche mit ihm durchhalten, und ein solches Geständnis sollte bei einem Werwolf schon etwas heißen.
Als ich die Schlafzimmertür öffnete, quietschte sie. Ich zuckte zusammen und wartete angespannt auf eine Reaktion. Nichts passierte. Abgesehen von dem leisen Schnarchen, das aus dem Raum hinter der gegenüberliegenden Tür kam, war nur das leise Zischen der Deckenlüftung zu hören, die warme Luft ausblies.
Ich griff mir einen Bademantel von der Rückseite der Tür, schlüpfte hinein und knotete den Gürtel um meine Taille, während ich leise den Flur hinuntertappte.
In der Küche war Jin auch nicht, hatte aber eine Nachricht hinterlassen, die an dem Salzstreuer lehnte.
Tut mir leid, dass ich dich einfach allein lassen muss,
Riley, aber ich werde dringend bei der Arbeit gebraucht.
Nimm dir etwas zu essen, dusche oder mach, was
immer du willst, bevor du gehst. Ich rufe dich heute
Abend an.
Wenn man von dem schnarchenden Mitbewohner einmal absah, war das die Gelegenheit, Jins Sachen zu durchsuchen und etwas mehr über ihn herauszufinden als das, was er mir bislang erzählt hatte.
Ich kaute einen Augenblick auf meiner Unterlippe, betrachtete den Wasserkessel und überlegte, ob mein Wunsch nach einem Morgenkaffee das Risiko rechtfertigte, den Mitbewohner aufzuwecken.
Die Antwort lautete definitiv nein. Ich drehte mich um und tappte leise zurück in das Wohnzimmer, sammelte meine Sachen ein und sah mich kurz um. In dem Raum schien sich nichts Seltsames oder Ungewöhnliches zu befinden. Nichts, auf das meine Sinne reagierten.
Ich stieß die Luft aus und ging zurück ins Schlafzimmer. Ich musste dringend duschen, aber da der Schnarcher von Wassergeräuschen aufwachen konnte, war es vermutlich schlauer, erst das Schlafzimmer zu durchsuchen.
Ich schloss vorsichtig die Tür, warf meine Sachen auf das Bett und begann ruhig und sorgfältig, seine Schubladen zu durchsuchen. Eine Sache fiel mir sofort auf: Jin hatte eine Vorliebe für feine Kleidung. Meine Güte, seine Boxershorts waren aus Seide.
Das Einzige, das mein Interesse fand, war ein Stapel Visitenkarten, der ordentlich sortiert in seiner Sockenschublade lag. Die Karten selbst waren schwarz. Darauf war in roter Schrift der Name Hellion Club gedruckt, darunter stand Jins Name. Ich griff eine der Karten, sammelte meine Sachen zusammen und ging in die Dusche.
Zum Glück wachte der Schnarcher nicht auf. Ich hatte jetzt keine Lust, mich mit einem Fremden abzugeben. Ich musste nach Hause, Jack meinen Bericht schicken und mich ein bisschen ausruhen, denn ich fühlte mich wackeliger als ein neugeborener Welpe.
Über Nacht hatte es aufgehört zu regnen, und der Tag begann mit einem dieser knackigen, sonnigen Morgen, die wir in Melbourne häufig im Winter hatten. Es war jedoch immer noch so kalt, dass selbst einem Hund die Eier gefroren. Aber zumindest schien die Sonne.
Ich schloss vorsichtig die Tür und zog meinen Mantel an, während ich mit nackten Füßen die Stufen hinuntertappte. Am Tor blieb ich stehen und zog meine Schuhe an, dann machte ich mich auf den Weg zu meinem Wagen.
Ich war kaum zwei Häuserblocks gelaufen, als sich eine Hand um meinen Arm schloss. Ich reagierte sofort und trat nach
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