Hüterin der Nacht: Roman (German Edition)
war, und dass ich eigentlich ihn gemeint hatte. Seine Vergangenheit, seine Hoffnungen, seine Träume, alles, was ihn zu dem Vampir gemacht hatte, der er heute war. Aber ich tat es nicht. Es war ein erster Schritt, und für den Moment war das genug.
»Willst du mich mit diesem köstlichen Kaffeegeruch ärgern?«
Er lächelte noch breiter, dann drehte er sich um, nahm einen Becher und schenkte mir Kaffee ein. Ich bewunderte die Aussicht, wünschte, ich hätte mehr Energie und machte mich über das Essen her, das er mir hingestellt hatte.
Nach Frühstück, Kaffee und einem netten unverfänglichen Gespräch nahm er meine Hand und führte mich den kleinen Flur hinunter zu seinem Schlafzimmer. »Du musst schlafen.« Er zog die handgefertigte Überdecke aus Stoffresten von dem großen alten Holzbett und sah mich streng an. »Allein.«
»Nun, das macht aber keinen Spaß.«
Er legte zärtlich seine warme Hand auf meine Wange. »Vielleicht nicht. Aber du musst dich ausruhen.«
Meiner Persönlichkeit und meiner Lust zum Trotz gähnte ich. Ausgiebig. Er lachte und beugte sich vor, um mich sanft auf die Lippen zu küssen. »Wenn du Lust hast, dich noch ein bisschen zu amüsieren, haben wir dafür bestimmt später noch Zeit.«
»Ich nehme dich beim Wort.« Ich zog mein Kleid aus und stieg in das Bett. Die Baumwolllaken umfingen mich kühl und weich, und das Kissen hielt meinen Kopf so sanft wie ein Liebhaber. Ich schlief schon, bevor ich überhaupt Gute Nacht gesagt hatte.
Erneut erwachte ich in vollkommener Stille. Ich streckte gähnend meine Glieder und stellte erleichtert fest, dass ich kaum noch Schmerzen hatte, dann öffnete ich die Augen und blickte mich um. Quinn war nicht im Zimmer, aber sein warmer, erotischer Geruch hing noch in der Luft. Schwache Sonnenstrahlen fielen durch die Schlitze zwischen den dicken Vorhängen, die rechts von mir vor dem Fenster hingen, und deuteten darauf hin, dass der Großteil des Tages bereits vorüber war. Ich richtete mich auf, sah auf den Wecker, der neben dem Bett auf dem Nachttisch stand, und stellte fest, dass es kurz nach vier war.
»Quinn?«
Meine Stimme schien in dem kleinen Haus widerzuhallen. Ich runzelte die Stirn, schlug die Decke zurück und stand auf. Quinn war weder im Wohnzimmer noch in der Küche und auch nicht im Badezimmer. Er war tatsächlich überhaupt nicht im Haus.
Eine seltsame Mischung aus Sorge und Wut ergriff mich. Ich drehte um und ging zurück in das Schlafzimmer. Meine Kleidung lag nicht mehr dort, wo ich sie zurückgelassen hatte. Während ich zurück in das Wohnzimmer ging, wurde die Sorge langsam von der Wut verdrängt. Meine Tasche, meine Schuhe und mein Telefon waren ebenfalls verschwunden.
Dieser Mistkerl .
Er hatte mich nicht hierhergebracht, um mir einen Einblick in sein Leben zu gewähren. Er hatte mich hergebracht, um mich von einem Fall fernzuhalten, den er für gefährlich hielt.
Ich hätte es wissen müssen.
Hätte merken müssen, dass es zu schön war, um wahr zu sein.
Ich hob eine kleine nackte Figurine auf, die auf dem Küchentisch stand, und schleuderte sie mit voller Wucht gegen die Wand. Sie zerbrach. Weiße Porzellanscherben flogen durch den Raum. Hoffentlich war sie teuer gewesen. Verdammt teuer.
Ich holte tief Luft und versuchte, meine Wut unter Kontrolle zu bekommen. Ich fühlte mich zwar besser, wenn ich herumrannte und Sachen zerschlug, aber auf Dauer half es mir nicht weiter. Eins nach dem anderen. Überprüfen, ob ich noch einen Wagen hatte, nach Ersatzkleidung suchen, dann so schnell wie möglich weg von hier.
Ein Blick durch die vorderen Vorhänge brachte die wenig überraschende Erkenntnis, dass mein Wagen ebenfalls fort war. Ich widerstand dem Drang, die Vorhänge aus den Schienen zu reißen, und ließ sie zurück an ihren Platz fallen.
Nächster Punkt: etwas zum Anziehen. Wie sich herausstellte, war nicht nur meine gesamte Kleidung verschwunden, sondern auch seine. Nicht, dass es mir viel ausmachte, nackt herumzulaufen, aber die Nacht versprach kühl zu werden. Die Kälte lag bereits in der Luft.
Der dritte Punkt auf meiner Liste löste sich ebenfalls schnell in Luft auf, denn die Haustür war abgeschlossen. Genau wie die Fenster und die Schiebetür zum Garten. Der Schlüssel von vorhin war weg. Was ziemlich dumm war, ganz abgesehen davon, dass es gegen die gesetzlichen Brandschutzbestimmungen verstieß.
»Mistkerl, Mistkerl, Mistkerl.«
Ich musste ausbrechen. Mir blieb keine andere Wahl. Ohne nachzudenken
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