Hüterin der Nacht: Roman (German Edition)
wohl bewusst. Aber das ist ganz allein meine Entscheidung. Du hast kein Recht auf mein Leben und mir nichts zu sagen, Quinn. Nie.«
»Das werden wir ja sehen.«
Ein Gefühl der Verzweiflung befiel mich. Ich fragte mich, und das nicht zum ersten Mal, ob die Beziehung zu Quinn den ganzen Stress wert war. Dann erinnerte ich mich an den Sex und dachte: ›Zum Teufel, natürlich.‹ Aber ich konnte nicht anders und fragte: »Wieso nimmst du nicht endlich Abschied von dieser Fantasie? Wieso gibst du dich nicht endlich mit dem zufrieden, was du haben kannst? Nämlich dich und mich in einer dauerhaften, allerdings nicht exklusiven Beziehung?«
Er hob eine Braue. »Bist du bereit, deinen Traum von dem weißen Gartenzaun und den zweieinhalb Kindern aufzugeben?«
»Nein …«
»Dann erzähl mir nicht, dass ich von meinem Traum Abschied nehmen soll.«
»Der Unterschied ist, dass ich nicht versuche, jemandem meinen Traum aufzuzwingen. Du aber schon.«
Darauf erwiderte er nichts, sondern wandte den Blick stattdessen dem Haus zu. Etwas sagte mir zwar, dass das nur ein Trick war, um nicht auf meinen schwerwiegenden Vorwurf reagieren zu müssen, aber ich senkte einen Schutzschild und tastete mich telepathisch vor. Nicht in seine Richtung. Das wäre angesichts seiner telepathischen Fähigkeiten, mit denen er mich locker in die Radieschen fegen konnte, lächerlich gewesen. Nein, ich konzentrierte mich auf das Haus. Aber mein telepathischer »Strahl« verhedderte sich irgendwie mit Quinns, und während ich seine Gedanken wegen seiner guten Schutzschilde nicht hören konnte, verstärkte die daraus resultierende Mischung auf seltsame Art die Verbindung zwischen uns und dem Haus.
In einer merkwürdigen Form der »Konferenzschaltung« hörte ich Stimmen. Nicht nur von einer Person, sondern von jedem in dem Haus. Ich hörte ihre Unterhaltung wie ihre Gedanken gleichzeitig. Seltsam, sehr seltsam.
Es war ein weiteres Zeichen, dass das Medikament, das man mir injiziert hatte, sich zunehmend in unerwarteter Form auf meinen Körper und meine übersinnlichen Fähigkeiten auswirkte.
»Wir können es uns nicht leisten, diesen O’Conor noch länger herumschnüffeln zu lassen.« Jins Stimme in meinem Kopf vibrierte vor fiebriger Anspannung, sexueller wie körperlicher Natur. »Er kommt uns zu nahe.«
»Wir tun unser Bestes, um ihn loszuwerden«, sagte eine andere Stimme in meinem Kopf. Sie klang mild, und dennoch lag eine Eiseskälte in ihr. Es war mehr etwas Unmenschliches als bloße Kälte, und es ließ meine Seele erschaudern.
»Das ist ganz offensichtlich nicht genug.« Die Worte wurden quasi ausgespieen. Jin war wirklich ein sehr unglücklicher Junge. Der Gedanke erheiterte mich maßlos.
»Die Dämonen haben Schwierigkeiten, seine Lebenskraft aufzuspüren. Sie ist nicht permanent da.« Das war eine weibliche Stimme, vermutlich Maisie Foster. Etwas an ihrer Art zu sprechen kam mir irgendwie vertraut vor. Ich wusste nicht, wieso.
»Er ist ein verdammter Vampir. Wie kann da seine Lebenskraft unterbrochen sein?«
»Bevor er in einen Vampir verwandelt wurde, war er etwas anderes. Er hat mich einmal fast vernichtet. Das will ich nicht noch einmal riskieren.«
Meine Gereiztheit von vorhin kehrte zehnmal stärker zurück. Quinn hatte mir zwar erzählt, dass er nicht nur ein Mensch, sondern noch etwas anderes gewesen war, bevor man ihn in einen Vampir verwandelt hatte. Das überraschte mich nicht. Aber er hatte zufällig vergessen zu erwähnen, dass er als dieses andere dem Bösen bereits einmal begegnet war.
»Ich habe meine Gründe, meine Geheimnisse für mich zu behalten«, sagte er leise, ohne mich überhaupt anzusehen.
»Und ich habe genug von deinen Geheimnissen und Lügen. Du hättest der Abteilung viel Zeit und Arbeit erspart, wenn du uns einfach von Anfang an gesagt hättest, was du weißt.«
Ganz zu schweigen davon, dass mir seine Information vermutlich erspart hätte, mit diesem Irren vögeln zu müssen. Ich wollte nicht mit bösen Kerlen schlafen, um an Informationen zu kommen, und das wusste Quinn ganz genau. Verdammt, er fand es schrecklich, dass ich das tat, wieso war er also nicht mit der Information herausgerückt, wenn er es dadurch hätte verhindern können?
»Weil ich nicht wusste, dass dein Fall und mein Fall ein und derselbe sind.«
Weil er sich gar nicht erst die Mühe gemacht hatte, es zu überprüfen. Aber ich widerstand der Versuchung, die Worte laut auszusprechen. Die Unterhaltung im Haus ging weiter. Es
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