Hüterin der Nacht: Roman (German Edition)
seine Kraft dadurch, dass das Böse akzeptiert wird.«
»Das ist nicht ganz logisch, wenn seine Drachen sich von Schmerz, Verzweiflung und Tod ernähren.«
»Aber Angra Mainyu ist der Gott der Finsternis, der ewige Zerstörer des Guten. Er ernährt sich von der Freude an dem Bösen und dem Tod."
Ich fand das alles sehr merkwürdig. »Selbst wenn diese Leute die Schmerzen noch so sehr genießen, verstehe ich nicht, wieso sie bereitwillig in den Tod gehen. Hast du gesehen, was er mit ihnen anstellt?«
Er zögerte. »Ja. Aber die Sehnsucht nach Schmerz wächst bei den meisten mit der Zeit, und so werden diese Leute langsam dazu gebracht, immer mehr zu begehren, bis ihnen nur noch der Tod die ultimative Befriedigung verschaffen kann.«
In meinem Kopf tauchten Bilder von Jan auf. Ihr übel zugerichteter Rücken, die Art, wie sie mich angefleht hatte, es zu Ende zu bringen. Wie lange hatten Jin und seine Freunde gebraucht, sie so weit zu bringen? War sie das nächste Opfer? Wie lange dauerte es, bis man sie ordentlich aufgeschlitzt und zerteilt auf dem Boden eines Lagerhauses finden würde?
»Schlimm ist«, sagte ich, »dass er sich nicht nur von der Freude an ihrem Tod ernährt.«
»Nein. Herz, Leber und Niere schmecken ganz köstlich.«
»Ich will gar nicht darüber nachdenken, woher du das weißt.«
Er lächelte sanft und irgendwie traurig. »Ich bin schon sehr lange ein Vampir, Riley. Und alle Vampire, ob sie es zugeben oder nicht, haben finstere Zeiten hinter sich.«
»Das heißt nicht, dass ich darüber Bescheid wissen muss.«
»Das solltest du aber, denn sie sind ein Teil von mir.«
»Und ein Teil von mir ist ein Werwolf, aber das hält dich nicht davon ab, diese Tatsache fortwährend zu ignorieren.«
Er antwortete nicht, sondern blickte zurück zum Haus. Wenn man eine Frage nicht beantworten wollte, musste man sie einfach ignorieren. Das jedenfalls war Quinns Strategie, und sie ging mir zunehmend auf die Nerven.
Ich musste allerdings zugeben, dass es ein Widerspruch war, alles über seine Vergangenheit wissen zu wollen, aber nichts über die düsteren Zeiten. Das eine ging nicht ohne das andere. Nicht, wenn ich diesen Vampir wirklich verstehen wollte.
»Und Jan?«, sagte Jin, als ich meine Aufmerksamkeit wieder dem Haus zuwandte. »Wann hat sie sich so weit erholt, dass sie wieder einsatzfähig ist?«
»Vielleicht morgen«, erklärte eine neue Stimme. Ich brauchte einen Augenblick, um zu merken, dass es Marcus war, der fröhliche blonde Peitschenschwinger aus dem Club. »Wir haben Jins Wundsalbe aufgetragen, und die Heilung verläuft zufriedenstellend.«
»Dann morgen Abend. Wir sollten uns treffen und feststellen, wie geeignet sie ist.« Er zögerte. »Jin, bring eine passende Partnerin mit.«
»Es ist vermutlich nicht klug, ein solches Risiko einzugehen, wenn O’Conor und die Abteilung uns auf den Fersen sind«, bemerkte Maisie.
»Es hilft nichts«, sagte Kingsley mit Wut erstickter Stimme. »Es sei denn, du willst deine eigene Haut opfern ?«
Maisies Schaudern lief über unsere mentalen Verbindungslinien und wurde zu meinem eigenen, auch wenn ich überhaupt keine Ahnung hatte, was Kingsley eigentlich meinte und es nicht unbedingt herausfinden wollte. »Ich mache mir nur Sorgen um deine Sicherheit, John.«
»Ich weiß. Aber ich brauche eine volle Blutung. Wenn du vorher einen weiteren Dämon heraufbeschwörst und Quinn tötest, sollte das kein Problem sein.«
»Ich habe nur eine begrenzte Menge Blut in meinem Körper, John. Ich kann nicht …«
»Du kannst, und du wirst. Ich brauche sechs weitere Opfer, um meine Existenz auf der Erde aufrechtzuerhalten. Danach sind wir weniger angreifbar.«
Ich blickte zu Quinn. »Wusstest du das?«
Er nickte.
»Wieso hast du sie dir dann nicht geschnappt?«
»Weil ich vor allem ein Vampir bin und Vampire ihre Grenzen haben.« Er deutete auf das Haus. »Wenn sie sich nicht aus ihrer Höhle bewegen, kann ich sie nicht umbringen.«
»Maisie bewegt sich sehr wohl.«
»Maisie war meine einzige Verbindung zu den anderen. Ich konnte sie nicht umbringen, bis ich wusste, wer alles in die Angelegenheit verstrickt ist.«
»Und wieso nimmst du Maisie jetzt nicht fest, wo wir die anderen Mitspieler gefunden haben?«
»Weil ich damit die anderen warnen würde und sie dann vielleicht wieder untertauchen.«
Im Haus sagte Maisie: »Wir können momentan nicht riskieren, zu viel Magie zu sammeln.«
»Das Haus ist sicher. Ebenso der Altar.«
»Ja.« Aber Maisie
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