Hüterin der Seele -: Sea Haven 2 (German Edition)
reine Energie und ihr Element verstärkte Energien, so einfach war das. Sie hörte keine Gedanken, aber wenn jemand wie Thomas – oder Levi – ein echter Telepath war, konnte ihr Geist die Gespräche mühelos aufspüren und verstärken, sodass sie daran teilnahm. Wenn die Telepathie zwischen ihr und Thomas stattfand, war das intim und sexy, aber wenn sie Levi und Thomas hörte, war es wahrhaft erschreckend. Sie waren offensichtlich miteinander vertraut – und andererseits doch nicht.
Sie rieb sich mit einer Hand das Gesicht, zog sich unsicher auf die Füße und machte sich auf den Weg zur Dusche. Sie war auf dem besten Wege gewesen, sich in Thomas zu verlieben. Mit ihm kam ihr alles so richtig vor, und doch kannte sie ihn eigentlich überhaupt nicht. Wie könnte sie ihn auch kennen? Sie hatte sich kopfüber in etwas gestürzt, ähnlich impulsiv, wie sie es vor fünf Jahren bei Jean-Claude getan hatte.
Sie ließ das heiße Wasser über sich strömen und langsam die Kälte aus ihren Knochen vertreiben. Sie hatten mit einem russischen Akzent miteinander gesprochen und der Mörder, der vor ein paar Wochen geschickt worden war, um Levi zu töten, war Russe gewesen. Mit den Schlussfolgerungen, die sie aus den grauenhaften Bildern von Thomas Vincents Vergangenheit gezogen hatte, hatte sie offenbar falschgelegen. Er war in sehr jungen Jahren in einer Art militärischem Trainingslager gewesen. Er hatte sich als mitfühlend und verständnisvoll erwiesen und er hatte wirklich verstanden, was die Ermordung ihres Bruders für sie bedeutete, weil er Zeuge der Ermordung seiner Eltern gewesen war.
Zwischen Thomas und Levi bestand eine Verbindung – in dem plötzlichen Anstieg des Gefühlspegels bei Thomas hatte sie diese Verbindung beinah zu fassen bekommen. Aber die Antwort, worin diese Verbindung bestand, entzog sich ihr, ebenso wie die Antwort darauf, wer oder was Thomas wirklich war. Sie holte tief Atem, trat aus der Dusche heraus, schlang ein Handtuch um sich und war fest entschlossen, nicht in Panik zu geraten. Wenn schon nicht um ihrer selbst willen, dann musste sie für Rikki gegen den Drang ankämpfen, sich eine Decke über den Kopf zu ziehen und vor dem Durcheinander zurückzuweichen, in das sie sich bugsiert hatte.
Sie hatte ihm kostbare Erinnerungen zurückgegeben.
Trotz ihrer Entschlossenheit, sich von Thomas fernzuhalten, konnte Judith es nicht lassen, dieses kleine Geschenk eng an sich zu drücken. Sie hatte ihm etwas gegeben, was ihm sehr am Herzen lag. Sie konnte es in seiner Stimme hören und es in seinem Innern fühlen. Selbst wenn er sie ausnutzte, waren seine Gefühle für sie sehr echt.
Der Eindringling zog sich taumelnd auf die Füße, sowie die Eulen von ihm abließen. Er warf einen wachsamen Blick auf den Himmel und rannte wieder los. Sein Hemd war an mehreren Stellen zerrissen, lange Risse von Krallen, die seine Haut aufgeritzt hatten. Blutflecken breiteten sich rasch auf dem straff sitzenden Hemd aus. Der Mann war körperlich fit, doch die Vögel hatten ihn aus dem Konzept gebracht. Plötzlich schwenkte er von der Straße ab und lief zur anderen Seite der Wiese, wo das Gras höher wuchs.
Das plötzliche Abweichen vom schnellsten Weg warnte Stefan, dass es sich hier nicht um einen Spanner handelte, der gekommen war, um den Frauen, die auf der Farm lebten, nachzuspionieren. Die Tatsache, dass er Judiths Haus ausgewählt hatte, bedeutete, dass seine Wahl kein Zufall gewesen war.
Schalte den Motor aus, Lev. Er kann dich kommen hören und er heckt etwas aus. Hast du Sichtkontakt?
Der Mann verschwand in dem dichten, hohen Gras und keine Bewegung verriet, wo er sich verbarg. Stefan stellte abrupt die Jagd auf ihn ein und schlüpfte in den Schatten der Bäume zurück.
Wer ist es? Ivanov?
Keine Ahnung. Er bewegt sich nicht wie Ivanov, aber er heckt etwas aus. Pass auf dich auf. Stefan musterte das Gras, während er seinem Bruder antwortete. Was zum Teufel hatte der Eindringling vor? Er musste durch das Gras kriechen, sich dabei dicht am Boden halten und darauf achten, dass keine Bewegung der Halme seine Position verriet.
Über ihm kreisten die Eulen. Eine stieß einen Schrei aus, und sofort verschwamm alles vor Stefans Augen. Er zog sich augenblicklich von seinem Bruder zurück. Judith speiste die Energien nach wie vor und verstärkte sie, und daher schnappte er Überbleibsel der Fertigkeiten seines Bruders auf. Er trat einen Schritt weiter nach links, weil er hoffte, dort mehr sehen zu können, und
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