Huff, Tanya
Pupillen zugefügt hatte, und schloß die Faust. Plastik, Glas und Metall, eben noch zu einem kunst vollen Mechanismus vereint, waren nur noch
Plastik, Scherben und Metall.
„He!"
Die Begleiterin des Fotografen schenkte sowohl dem Lärm,
mit dem die Kamera zu Bruch ging, als auch dem damit
einhergehenden Protestschrei ihres Kollegen keinerlei Beachtung. Manchmal
gelang es ihnen, gleich an der Tür einen richtigen, ungestellten Schnappschuß zu
erwischen und manchmal eben nicht. Sie
würde sich darüber nicht den Kopf zerbrechen. „Guten Abend. Ist Victoria Nelson da?" Die Frau hatte die Ellbogen
er hoben, hielt ihr Notizbuch wie einen Rammbock senkrecht und machte Anstalten, sich an den Männern vorbeizuschieben.
Die meisten Men schen, hatte sie gelernt, waren einfach zu höflich, um
sie aufzuhalten.
Aber
der eher zierliche junge Mann, der vor ihr stand, wich keinen Millimeter, und der Reporterin kam es so vor, als
sei sie mit einer nicht besonders
hohen Ziegelmauer zusammengestoßen. Plan B also, und wenn auch der nicht
funktionieren sollte, würde sie, falls erforderlich, Buch stabe für Buchstabe das ganze Alphabet
durchgehen. „Schrecklich, die Sache mit Ms. Nelsons Mutter! Das hat uns so leid
getan ..." Ihr Gedankengang verlor sich irgendwo in den Tiefen
haselnußbrauner Augen.
Er beschloß, nicht um den
heißen Brei herumzureden. Er war nicht in der Stimmung dazu, und die beiden
würden ihn nicht verstehen. „Hauen Sie ab und bleiben Sie weg."
Die Worte klangen finster und
bedrohlich.
Erst als die beiden in ihrem Auto saßen, umgeben von
gehärtetem Stahl und hastig verriegelten Türen, fand der Fotograf,
der die Überreste seiner Kamera auf dem Schoß umklammert hielt, die Sprache wieder.
„Was jetzt?" fragte er, und in seiner Stimme zitterte die Erinnerung an eine Jagd, bei der er der Gejagte gewesen war,
eine Erinnerung, so alt wie die Menschheit.
„Wir werden ...", die Finger, mit der die Reporterin
gegen den Protest der Kupplung den Schaltknüppel betätigte und den Gang einlegte, waren
kalt und bebten, „tun, was er gesagt hat!" Damit stieg sie aufs Gas und
fuhr mit quietschenden Reifen vom Platz.
Das Reporterteam war bestimmt schon hundert-,
vielleicht sogar schon tausendmal bedroht worden. Einmal sogar von
einem ehemaligen Vertei diger der Eishockeynationalmannschaft, der
vor Wut nach seinem Schlä ger gegriffen hatte. Eine Geschichte
hatten sie noch jedes Mal bekom men, wenn auch manchmal
ihre eigene Version. Aber hier war etwas, das ihnen ins Herz
und in die Seele, ins Blut und tief in die Knochen gefahren war, das eine
lähmende Gefahr erkannt und jeden bewußten Gedan ken ausgeschaltet
hatte.
In Marjory Nelsons Wohnung starrte Mike
eifersüchtig auf Henrys rotgoldenen Hinterkopf. Wenn es etwas gab, das ihm
zuwider war, dann die Presse. Interviews und Pressemitteilungen
kamen ihm stets vor wie ein Nagel zu seinem Sarg. „Ich wollte, ich könnte das
auch!" murmelte er.
Henry enthielt sich weise jeglichen Kommentars und sorgte
dafür, daß seine Maske wieder fest saß, ehe er sich dem anderen zuwandte. Es
ging nicht
an, daß Michael Celluci in ihm jetzt eine Bedrohung sah.
Seufzend kratzte sich der Detective an der Nase. „Da
kommen wahrscheinlich noch mehr."
„Ich kümmere mich
darum."
„Was, wenn sie
tagsüber kommen?"
„Dann
kümmern Sie sich." Henry lächelte, nicht freundlich, sondern bedrohlich wie ein Raubtier. „Sie sind nicht im
Dienst. Sie dürfen so un höflich sein
wie ..." Wie unhöflich Mike Henrys Meinung nach sein durf te, blieb ungesagt. Henry schien mit einem Mal mit
etwas ganz anderem befaßt und stand
schon einen Herzschlag später an der Schlafzimmertür.
Einem Sterblichen schien es so,
als sei der Mann eben noch hier gewe sen und
im nächsten Augenblick schon verschwunden. Erstaunt drehte sich Mike um und bekam gerade noch mit, wie die
Schlafzimmertür auf gerissen wurde.
Fluchend stürmte er hinterher. Er hatte nicht das Gering ste
mitbekommen; was mochte Henry gehört haben?
Wie hatte
sie das nur vergessen können?
Panisch riß Vicki an den Fliesen. Wenn sie
sich lösten, warf sie sie hinter sich, ignorierte den Fingernagel, der sich
zusammen mit einer Fliese gelockert hatte, und das von ihren Händen triefende
Blut, das auf dem Boden ein Muster entstehen ließ. Gleich würde
sie es geschafft haben. Gleich.
Das Areal war 2x1 Meter groß. Jetzt war da
noch der Untergrund aus Sperrholz. Stellenweise war das graubraune
Holz schon vermodert, zwischen
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