Huff, Tanya
eingegebene Impulse demselben Magnetkreislauf folgen. Wir
haben so hart daran gearbeitet, Nummer neun beizubringen, daß er uns nachlaufen soll; da sollten wir uns freuen,
daß er gestern Abend ihr nachgelaufen
ist, und du hast immer gesagt, er wäre gar nicht in der Lage, etwas zu lernen!"
„Ja, aber ich bin auch derjenige, der sagt, daß ihm die
ganze Sache hier nicht gefällt." Donald zerbiß den
Riegel, den er eben erst ausgewickelt hatte, lautstark zwischen den Zähnen.
„Wenn wir nun nicht einfach nur körperliche Reaktionen rekreieren?"
Catherine legte die zweite Niere neben die erste. „Ich
weiß nicht, wovon du sprichst."
„Ich rede von Seelen, Cathy!" Seine Stimme wurde
etwas schrill. „Was, wenn nun Marjory Nelson wegen der Dinge, die
wir hier tun, in ihren Körper zurückgekehrt ist?"
„Sei nicht albern. Wir schaffen neues Leben, wir bringen
nicht das alte zurück. Als würde man neuen Wein in alte Schläuche füllen."
„Das soll man nicht tun", sagte Donald säuerlich.
„Der alte Wein ver dirbt den neuen." Er wandte sich wieder
seinem Arbeitstisch zu und beugte sich über das Mikroskop, denn er spürte deutlich,
daß es wenig Sinn hatte, das Gespräch
fortzusetzen. In Catherines Welt kamen Seelen nicht vor, und vielleicht hatte sie recht - sie war ein ausgewiesenes
Genie mit entsprechenden Auszeichnungen, und der Arbeit, die sie hier taten,
lag ihre ureigene Forschungsidee
zugrunde. Er selbst machte eher aus reiner Neugier mit - und natürlich der Gewinne wegen, die am Ende winkten.
Nachdenklich nagte Donald an
seiner Unterlippe und war sich der of fenen Fragen peinlich bewußt, die hinter seinem Rücken in
zwei Isolier boxen
lagerten. Mir wäre wohler, dachte er, wenn ich genau wüßte, daß wir hier Frankenstein nachspielen und nicht Night of the Living Dead. Aber dann fiel ihm ein, daß Frankenstein kein glückliches Ende hatte, und ei gentlich auch keinen glücklichen
Mittelteil.
Er hörte Stimmen. Seine Stimme und ihre. Er konnte nicht
hören, was sie
sagten, aber er verstand den Ton.
Sie stritten.
Er
erinnerte sich an Streit. Daran, daß darauf Schläge folgten - und Schmerz.
Er stritt oft mit ihr.
Nummer neun mochte
...
Mochte ... ... mochte das nicht.
„Guten Morgen, Dr.
Burke. Der Kaffee ist fertig."
„Gut." An der Tür zu ihrem Büro ließ Dr. Burke die
Aktentasche fal len und ging zurück zur Kaffeemaschine. „Sie
sind eine Lebensretterin, Mrs. Shaw!"
„Er ist wahrscheinlich nicht so gut wie Marjorys",
seufzte Mrs. Shaw. „Sie hatte ein Händchen für Kaffee."
Dr. Burke stand mit dem Rücken zum Vorzimmer und
verdrehte die Augen. Sie fragte sich, wie lange dieses Melodram mit der
Bürotrauer noch laufen würde. Seit zwei
Tagen begleiteten Nachrufe auf die Verstor bene jeden Bericht, jedes kleine Detail, das weitergegeben werden muß te,
jede einzelne Nachricht. Dr. Burke hatte es gründlich satt. Sie nahm ihren
Becher vom Haken und tat drei gehäufte Teelöffel Zucker hinein. Wenn die Uni
doch nur endlich den versprochenen temporären - besser noch den endgültigen - Ersatz für Marjory Nelson schicken würde, dann könnte sie Mrs. Shaw ein paar Tage frei geben.
Dr. Burke goß sich Kaffee
ein und starrte mißmutig in die
dunkle Flüssigkeit. Leider jedoch mahl ten die Mühlen der akademischen Welt mit der Langsamkeit,
die Ge steinsformationen brauchen, um sich zu
bilden.
Hinter ihr drehte Mrs. Shaw das Radio an, und die Village
People san gen die letzten Worte von „YMCA".
Dr. Burke drehte sich um und starrte das
Radio an. Wenn die heute schon wieder eine Retrospektive auf die 70er
bringen, schalten wir um. Ich habe die Diskozeit
live erlebt. Einmal reicht!
„Es ist neun Uhr, und hier ist CKVS, Ihr Radio auf UKW,
mit den Nachrichten. Nach wie vor hat die Polizei keine Hinweise
auf den Täter, der letzte Nacht auf dem Campus der Queens University einen Studen ten heimtückisch ermordete. Die einzige Zeugin des
Verbrechens befin det sich in
stationärer Behandlung im Kingston General Hospital und konnte der
Polizei bisher keine Beschreibung des Mörders geben. Die Frau erlitt bei dem Vorfall zwar keine körperlichen
Verletzungen, steht aber nach Aussage
ihrer Ärzte nach wie vor unter schwerem Schock. Po lizei und Sanitäter
berichten, die junge Frau habe, bis man sie medika mentös ruhiggestellt hatte, immer wieder geschrieen: ,Er sah aus wie
tot.' Wer über Informationen
verfügt, die sich auf den tragischen Vorfall beziehen könnten, wird gebeten,
sich mit
Weitere Kostenlose Bücher