Huff, Tanya
errötete.
„Nein."
„Warum
nicht?"
„Nummer acht starb
letzte Nacht, und wir mußten anfangen ..."
„Nummer acht ist schon eine Weile tot,
Catherine, und hat es nicht mehr eilig. Machen Sie das EEG jetzt.
Wenn es dort drin Hirnwellenströ mungen gibt, dann will
ich, daß sie aufgezeichnet werden."
„Ja."
„Aber halten Sie die Dinger um Gottes Willen gut unter
Verschluß. Ich werde nicht zulassen, daß meine Karriere ruiniert wird, weil man
uns zu früh entdeckt. Wenn so was noch einmal vorkommt, blase
ich ohne mit der Wimper zu zucken alles ab. Ist das
klar?"
„Ja."
„Donald?"
Mit einem Nicken wies Donald auf die zweite
Box. „Was ist mit ihr? Was, wenn ..."
Was, wenn wir Marjory Nelsons Seele gefangenhalten? Dr.
Burke konn te
die Frage auf Donalds Gesicht ablesen. Konnte sie in der Stille des Raumes förmlich als Flüstern vernehmen und war
nicht bereit, diese Ängste zu teilen.
„Genau diese Frage sollen wir hier beantworten: was, wenn ... Das ist unsere Aufgabe, unsere Arbeit
als Wissenschaftler. Ich habe
jetzt", mit diesen Worten warf Dr. Burke einen Blick auf ihre Arm banduhr, „eine Verabredung mit Marjory Nelsons
Tochter." An der Tür blieb sie
stehen und drehte sich um. „Nicht vergessen: Wenn noch etwas schiefgeht, können wir all unsere Hoffnungen
begraben."
Als Dr. Burkes Schritte den Flur hinunter verklungen
waren, holte Donald tief und zittrig Luft. Ihm wurde die
ganze Sache zu brenzlig. Viel leicht war es Zeit, die eigenen
Hoffnungen zu begraben? Wunden zu leck en? „Kannst du es
fassen, Cathy! Da wird einer umgebracht, und Ma dame ist erzürnt."
Catherine schenkte ihm keine Beachtung, denn sie konzentrierte
sich gerade auf die gedämpften Schläge, die aus der vor ihr stehenden Box drangen. Ihr mißfiel der Lauf, den die Dinge
nahmen. Unmöglich konnte Dr. Burke die Bedeutung der Tatsache verkennen, daß
Nummer neun Unabhängigkeit erlangt hatte! Sicher erkannte doch auch sie, wie
wichtig es war, die Integrität des Experiments zu wahren. Was hatte das mit Karriere zu tun? Nein, das alles gefiel Catherine
ganz und gar nicht. Aber sie sagte
nur: „Er mag nicht eingesperrt sein."
Tochter.
Das
Wort drang durch das Summen der Geräte und die schalldämp fenden Wände der Box. Sie nahm es und rollte
daran einen Strang ihrer verwobenen Erinnerungen auf.
Sie hatte eine Tochter.
Da war etwas, was
sie tun mußte.
Acht
Vicki konnte nicht ruhig sitzen und ging im Vorzimmer
auf und ab, wobei sie sich der feuchten, sehr
mitleidigen Blicke, mit denen Mrs. Shaw jede ihrer Bewegungen verfolgte,
unangenehm bewußt war. Vicki wollte kein Mitleid, sondern Informationen!
Zugegeben: Sie hatte nicht gut reagiert, als man ihr
eine Schachtel mit den persönlichen Sachen ihrer Mutter ausgehändigt hatte, aber das
gab Mrs. Shaw noch nicht das Recht, ihr etwas
zu unterstellen. Wenn da nicht der
letzte Eintrag im Tischkalender gewesen wäre - Vicki anrufen -, wäre es ihr jetzt bestens gegangen.
„Möchten Sie
Kaffee, meine Liebe?"
„Nein, vielen Dank." Vicki hätte eigentlich nur zu
gern einen Kaffee getrunken, konnte aber den Gedanken nicht ertragen, wieder
den Becher ihrer Mutter zu bekommen. „Ist Dr. Burke bald wieder da?"
„Ich denke schon.
Sie wollte nur kurz nach einem Doktoranden sehen."
„Doktoranden? Was
lehrt sie denn?"
„Sie
lehrt nicht, sie hat nur immer ein paar Studenten unter ihren Fittichen, denen
sie etwas auf die Sprünge hilft."
„Medizinstudenten?"
„Das
weiß ich nicht." Mrs. Shaw holte sich ein frisches Taschentuch und betupfte sich die Augen. „Ihre Mutter hätte
das gewußt. Sie war Dr. Burkes persönliche Sekretärin."
Aber
meine Mutter ist nicht da. Vicki hoffte, daß man ihr diesen Ge danken nicht ansah - angesichts der Tatsache, daß
bei den damit einher gehenden Gefühlen
Unmut das vorherrschende war und nicht Trauer.
„Ihre Mutter schätzte Dr. Burke sehr", fuhr Mrs.
Shaw mit einem weh mütigen Blick auf den zweiten Schreibtisch
fort.
„Dr. Burke scheint eine Frau zu sein, die man durchaus
schätzen kann", warf Vicki hastig ein, ehe eine erneute
Tränenflut an Erinnerungen auf sie einstürzen konnte. „Sie hat zwei Hochschulabschlüsse,
nicht?"
„Drei:
Doktor der Medizin, Doktor der Chemie, organische Chemie, und ein Diplom in BWL. Ihre Mutter pflegte zu
sagen, Dr. Burkes Beru fung zur
Leiterin des Fachbereichs sei das Intelligenteste gewesen, was die Universität
je getan habe. Die meisten Wissenschaftler tun sich schwer mit
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