Huff, Tanya
mußte,
fiel Vicki erst einmal keine Er widerung ein. „Die Mitglieder ihrer
Fakultät sind Wissenschaftler", sagte sie.
„Warum sollte ausgerechnet ein Wissenschaftler die Leiche
Ihrer Mut ter rauben wollen?" Dr. Burke wirkte nach außen
weiter völlig unbetei ligt, versohlte aber innerlich gerade Donald wegen Schlampigkeit
und Unachtsamkeit den Hintern. Auf
Catherine, das wußte sie, konnte sie nicht zählen, wenn es darum ging, die
profaneren Aspekte der ganzen Situation in Betracht zu ziehen, von ihm
aber hatte sie mehr erwartet. Nun stand
fest, daß der Ausflug am Vorabend nicht unbemerkt über die Bühne gegangen war. Diese plötzliche, hartnäckige
Überzeugung, jemand an der Uni trage
die Verantwortung für das Verschwinden von Marjorys Leiche, wies eindeutig
darauf hin, daß Marjorys Tochter Kenntnis davon hatte, daß eine tote Frau wiederauferstanden war und nun umherwan delte. „Die Leiche könnte doch ebensogut",
fuhr Dr. Burke fort, „von ei nem
verschmähten Liebhaber geraubt worden sein. Haben Sie das je in Betracht gezogen?"
„Sie
hatte keinen Liebhaber", stieß Vicki hervor. „Weder einen ver schmähten noch sonst einen."
Dr. Burke genoß die Reaktion der jungen Frau, auch wenn sie nach
außen hin eine höfliche, leicht entschuldigende Miene zeigte. Natürlich
nicht, Mütter haben nie einen! Laut sagte die
Professorin: „Damit sind wir also wieder bei
den Wissenschaftlern. Soll ich Mrs. Shaw bitten, für Sie herumzutelefonieren? Termine zu
vereinbaren?" Die Uni war groß, und es gab Mittel und Wege, sie noch zu
vergrößern.
„Wenn Sie das tun würden? Danke." Vicki war sich im
klaren darüber, daß Dr. Burkes Unterstützung sehr hilfreich
sein würde, wenn es darum ging, sich einen Weg durch den zeitraubenden
Dschungel der akademi schen Bürokratie zu bahnen, und hatte Dr.
Burke gerade selbst um diese Hilfe bitten wollen. Zwar würde sie Dr. Burke
deswegen noch nicht von der Liste der Verdächtigen streichen, aber das
minderte den Wert der Hilfe in keiner Weise. Im Gegenteil: Man konnte die Art, in der
Unter stützung gewährt wurde, sogar als
weiteres Indiz heranziehen. „Ich will mit
allen Mitgliedern der medizinischen Fakultät sprechen." Vicki wollte das Naheliegende zuerst bearbeiten und später,
sollte es sich als notwen dig
erweisen, die Kreise weiter ziehen. Sie würde die ganze Uni auseinan dernehmen,
sollte es nötig sein, jeden einzelnen Kalksteinblock!
„Ich werde tun, was ich kann. Wenn ich einen Vorschlag
machen darf? Ihre Mutter war eng mit Dr. Devlin
befreundet, einem Zellbiologen." Ein Gespräch
mit diesem alten irischen Taugenichts, und du bist tagelang damit befaßt,
Dichtung von Wahrheit zu trennen! „Er hatte Ihre Mutter sehr
gern, paßt
also zu unser beider Theorien."
„Unser beider Theorien?"
„Der
Wissenschaftler und der verschmähte Liebhaber."
Einen Augenblick lang fragte sich Vicki, ob
ihre Mutter wirklich eine Beziehung zu jemandem gehabt hatte, der sich
weigerte, ihren Tod zu akzeptieren; fragte sich, ob eine wahnsinnige
Leidenschaft die Triebkraft hinter dieser Auferstehung sein, sich für das Zerrbild
ihrer Mutter ver antwortlich zeichnen
mochte, das sie am Fenster gesehen hatte. Nein. Vergiß das. Henry sagt, da ist noch einer, und
sie hätte es mir gesagt, wenn sie jemanden
kennengelernt hätte.
So, wie sie dir von ihrem Herzfehler erzählte? fragte eine kleine Stimme in Vickis
Hinterkopf.
Dr. Burke verfolgte den Sturm der Gefühle, der sich auf
dem Gesicht ihres Gegenübers abzeichnete und schloß, daß das Experiment nicht
un mittelbar gefährdet war. Zwar hatte ein unglücklicher
Mangel an Sicher heitsmaßnahmen in der letzten Nacht Ms.
Nelson der Wahrheit ein Stück nähergebracht - aber wenn es hart auf
hart kam, dann zählte ,nah´ nicht. Jetzt habe ich ihr eine
neue Idee in den Kopf gesetzt, über die sie nachdenken
kann. Dr. Devlin kann sich
auf ein spannendes Gespräch gefaßt machen. Wenn diese Sache gut lief, würde man sich andere Sackgassen einfallen
lassen.
In der Zwischenzeit konnte selbst einem
flüchtigen Betrachter - und das war Dr. Burke nun gewiß nicht -
nicht verborgen bleiben, daß Marjory Nelsons Tochter gerade einen gefährlichen
Drahtseilakt vollführte: zwischen rigider Selbstbeherrschung und
einem totalen Zusammenbruch. So etwas war ein emotionaler
Stolperstein, der einer objektiven Ermitt lung nur im Weg stehen
konnte und machte es Dr. Burke leichter, die Si tuation für sich zu nutzen.
„Es ist ganz
Weitere Kostenlose Bücher