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Huff, Tanya

Huff, Tanya

Titel: Huff, Tanya Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blood Ties 03 - Blutlinien
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und qual voll verbrennen, würde er bis zum Eintritt des endgültigen Todes vor Schmerzen
laut schreien?
    Er zwang
sich, an etwas anderes zu denken und lauschte Vickis gleichmäßigem Atmen, bis er sich beruhigt hatte. Es mußte doch etwas
anderes geben, mit dem er sich und seine Gedanken beschäf tigen konnte!
      „Celluci glaubt ernsthaft, daß
ein alter Ägypter von den Toten auferstanden ist und im Museum zwei Menschen
umgebracht hat."
    Er war einmal
in Ägypten gewesen, gleich nach der Jahrhundert wende, unmittelbar nach dem Tod Dr. O'Maras, als England ihm verleidet war und er es hatte verlassen müssen.
Lange geblieben war er nicht.
    Er hatte Lady Wallington auf der Terrasse des Shepheard getroffen. Sie hatte allein dort gesessen, Tee getrunken und den ägyptischen Massen
zugesehen, die sich durch die Ibrahim-Pascha-Straße schoben, als sie seinen
Blick auffing und ihn an ihren Tisch rief. Sie war in den Vierzigern, frisch
verwitwet und hatte keine Probleme damit gehabt, sich der Gesellschaft eines
gutaussehenden, wohlerzogenen jungen Mannes
zu erfreuen. Henry seinerseits hatte ihre Offenheit erfrischend gefunden. „Seien Sie nicht
albern", hatte sie gesagt, als er sein
Mitgefühl für ihren Verlust zum Ausdruck bringen wollte. „Das Netteste, was seine Lordschaft je für mich getan
hat, war, tot um zufallen, solange ich noch jung genug bin, um mich
meiner Freiheit zu erfreuen." Dann hatte
sie unter dem Damasttischtuch sanft die Innenseite seines Oberschenkels
massiert.
    In der Öffentlichkeit waren sie beide so diskret gewesen, wie es die Gesellschaft des Jahres 1903 verlangt hatte, privat jedoch hatte Lady
Wallington genau das verkörpert, was Henry nach dem Zwischenfall mit dem Zauberbuch so dringend brauchte. Sie hatte nie erfahren, was er war, und
die Zeit, die er ohne sie verbrachte, mit demselben Aplomb genossen wie die Stunden, in denen er bei ihr war. Der leise Verdacht, sie könne über einen zweiten Liebhaber
für die Stunden des Tageslichts
verfügen, hatte Henry mit Bewunderung für das Stehvermögen der Lady
erfüllt.
    In den Nächten, in denen er sich von anderen hatte nähren müs sen, war er den englischen und amerikanischen Touristen ferngeblie ben und hatte sich in die dunklen, verschlungenen Gassen des alten Kairo geschlichen, in denen schlehenäugige Männer nie ahnten, daß sie für ihr
Vergnügen mit ihrem Blut zahlten.
    Plötzlich hatte er begonnen, sich beobachtet zu fühlen. Keine konkrete Bedrohung - alle Fremden wurden von dunklen Augen sorgfältig beobachtet, das galt sicher für ihn nicht mehr als für andere auch -, und doch wollte das leise Kribbeln auf der Haut
zwischen den Schulterblättern nicht weichen. Er
begann, beim Betreten und Verlassen seines Zufluchtsorts immer größere
Umsicht walten zu lassen.
    Damals galt es als schick, einen Mondscheinspaziergang zur Spitze der
Großen Pyramide zu unternehmen. Auch Lady Wallington wollte diese Expedition wagen und brauchte Henry nicht lange zu bitten, ehe er
einwilligte, sie zu begleiten. Die Stadt hatte auf ihm zu lasten begonnen wie eine riesige, schwer durchschaubare
Falle, und ein paar Stunden
außerhalb ihrer Mauern sollten dazu dienen, ihm einen klareren Kopf zu
verschaffen.
    Zusammen mit der Lady trat er aus der Kutsche in den Wüsten sand, der im Mondlicht silbern schimmerte und wie frisch gefallener Schnee bis an den Fuß der Monumente geweht worden war. Nur die tiefen Schächte, die geplünderte Grabstätten oder versunke ne Schreine kennzeichneten, störten die Reinheit des Bildes. Das Mondlicht nahm die Alterspatina von den Pyramiden; schwarze Schatten
lagen auf der Sphinx, die sie menschlicher und unmensch licher zugleich erscheinen ließen, wie sie dort lag und rätselhaft in die Nacht hinausschaute. Leider verunzierten
gleißende Fackeln und kriechende
Körper die matt schimmernden Mauern der großen Pyramide, wobei letztere,
in der reinen Wüstenluft deutlich hörbar, einander
über die Fortschritte verständigten, die sie beim Aufstieg gemacht hatten.
    „Verdammt
noch mal, sind wir denn immer noch nicht da?"
    „Als Rasse", seufzte Lady Wallington und schob ihre Hand in die Beuge von Henrys Ellbogen, „hege ich durchaus Respekt vor den
Amerikanern. Auf einzelne Individuen unter ihnen könnte ich jedoch sehr gut verzichten."
    Sie näherten sich der Großen Pyramide und wappneten sich schon einmal gegen den Ansturm selbsternannter Führer, von Antiquitätenhändlern
und Bettlern aller Art, die sich um den

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