Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Hummeldumm

Hummeldumm

Titel: Hummeldumm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tommy Jaud
Vom Netzwerk:
sie die Wohnung zurückhält und nimmt sie nicht mal aus dem Netz.«
    »Das war nochals kak, wenn du die nicht kriechst! Good luck, Jong!«
    »Danke!«, murmelte ich, und als ich im Bus saß, schob ich die Tür mit einem so lauten Wumms zu, dass es nur so schepperte.
     

15
    Auf der Fahrt zum Canyon bekam ich mehrere stumme Wutanfälle, die von meinem sehr alten Sitznachbarn Seppelpeter argwöhnisch beäugt wurden. Der Gedanke, dass uns in genau dieser Sekunde irgendein geschniegeltes Designerpärchen die Wohnung wegschnappte und ich nichts dagegen tun konnte, machte mich schier wahnsinnig. Um mich abzulenken, griff ich nach dem Prospekt mit dem Reiseablauf.
    >Nach dem Frühstück und einer kurzen Busfahrt wandern wir fernab jeder Zivilisation am Rand des Fishriver Canyon.<
    Pfeilschnell traf meine Faust den Rücksitz von Breitling, der sich genervt umdrehte.
    »Hey! Ich hab'n Kater!«
    »Okay! Entschuldigung!«
    Breitling nickte, und damit war die Sache gegessen. Ich las weiter.
    Am späten Nachmittag erreichen wir die Canyon Village Lodge, wo wir bei einem gemütlichen Sundowner den spektakulären Blick auf den Gondwana Canyon Park genießen.<
    Was bitte hieß denn »am späten Nachmittag«? Vor 18 Uhr oder nach 18 Uhr deutscher Zeit? Ich blickte nach vorne, doch Bahee saß zu weit entfernt, um ihn das über alle Köpfe hinweg zu fragen. Sina plauderte noch immer mit dem 1011. des Ironman Triathlon. Was gab es denn da überhaupt die ganze Zeit zu quatschen? Dass ich viel mehr Sport machen müsste, immer dicker wurde und seit drei Tagen ungenießbar war? Dass ich fast nicht mehr zu Hause war, seit ich dieses bescheuerte IT-Projekt in Frankfurt angenommen hatte? Dass sie gar nicht mehr so recht wusste, ob ...
    Ich schluckte und blickte nach draußen. Irgendein Idiot hatte die vormals prächtigen Wolken am Himmel zerrupft und als kleine Wattefetzen wieder drangepappt. Darunter wie immer Sand, freudlose Felsen und ein paar fadgelbe Sträucher. Irgendwo ganz weit weg schien es ein Gebirge zu geben, doch was die Entfernung anging, war ich hoffnungslos überfordert. War es zweihundert Kilometer weit weg oder tausend?
    >Bing!<
    Ich drehte mich zum anderen Fenster und sah schwarze Arbeiter, die uns von einem Bahndamm aus zuwinkten. Seppelpeter und ich winkten zurück, unwissend, ob die Arbeiter uns durch die Fenster überhaupt sehen konnten. Aus der Tatsache, dass die Arbeiter uns Touristen zuwinkten, schloss ich, dass sie recht zufrieden waren mit sich. Es konnte natürlich auch sein, dass sie sich totlachten über den klapprigen Minibus, der mit neun bleichen Touristen durch das Land der Freiheit rumpelte. Ganz sicher sogar lachten sie, denn sie waren ja frei. Wir nicht. Wir waren die in Blech gepackte Rache für die deutsche Kolonialzeit.
    >Bing!<
    Irgendwann bog unser Bus von der geteerten Hauptstraße auf eine Schotterpiste und holperte einigen strohbedeckten Holzhütten an einer Schlucht entgegen. Die Lautsprecher knackten, und Bahees Stimme war zu hören. »So, hier sind wir jetzt angekommen an die Fishriver Canyon, da wollen wir mal ein oder zwei Stundchen rumlatschen und runtergucken.«
    Wollten wir nicht, aber was sollte ich machen? Bahee parkte den Bus neben einer Brotzeithütte. Er hatte sein Headset schon wieder abgesetzt, da fragte die Gruberin, ob man sagen könne, dass der Fishriver Canyon der größte Canyon der Welt sei. Bahee setzte sein Headset wieder auf.
    »Also der größte nicht, aber wenn er nich der zweitgrößte ist, ne, dann ist er bestimmt der dritt- oder viertgrößte, weil ... da gibt's so a bikkie Konkurrenz zwischen die Canyons, ne, da muss man die Platz noch mal sicher machen.«
    Kopfschüttelnd stieg die Gruberin aus. Durch mein geöffnetes Fenster konnte ich ein recht deutliches »Hummeldumm!« vernehmen. Bahee offenbar auch, denn der zischte ein saftiges »Kasurrun-guta!«, und als er sah, dass ich es gehört hatte, grinste er.
    Ich krabbelte als Letzter aus dem Bus und zog die Plastiktüte mit meinen brandneuen Wanderschuhen aus dem Kofferraum. Alle anderen hatten ihre Wandersachen natürlich längst angezogen und standen schon fix und fertig begoretext und mit Rucksack am Bus, bereit für die erste »richtige Wanderung«.
    »Ich hab dich gesehen«, sagte Sina mit bedächtiger Stimme, »im Rückspiegel, und ...« Sie hatte sich neben mich auf das Trittbrett gesetzt und wirkte irgendwie ziemlich traurig.
    »Und?«
    «... das war blöd von mir vorhin in der Apotheke. Kevin und ich ...

Weitere Kostenlose Bücher