Hunde wuerden laenger leben, wenn
»AOK Clarimedis«
(ein Gesundheitsberater der AOKKrankenkasse Rheinland-Pfalz): Der
schnelle Griff zum Antibiotikum ist oft überflüssig. Die meisten banalen Infekte werden
durch Viren ausgelöst. Gegen Viren helfen
Antibiotika nicht! Viele Patienten mit grippalen Infekten und Husten erwarten aber
von ihrem Arzt, dass er ihnen etwas »aufschreibt«.
Wissenschaftler
der
Universität
Düsseldorf
ermittelten
im
Jahre
2007
in
einer Studie, dass 40 % aller AntibiotikaRezepte bei Atemwegsinfekten überflüssig
sind, da solche Infekte vom körpereigenen
Abwehrsystem
bekämpft
werden
können.
Die
unkontrollierte
Gabe
von
Antibiotika
fördert hingegen Resistenzen und bringt die
Darmflora
durcheinander,
bis
hin
zur
Antibiotika-assoziierten Kolitis (durch Antibiotika ausgelöste Dickdarmentzündung.
Anm. der Autorin).
Betrachten wir unseren exemplarischen
Fall des kleinen Kätzchens etwas genauer:
Anstatt erst einmal abzuwarten, wie sich
dieser haarlose Fleck, der sich in unserem
Fall als völlig harmlos herausstellte, entwickelt, wird das arme Tier mit Chemie
bombardiert. Vor allem stellt sich auch die
Frage, warum überhaupt ein Antibiotikum
verschrieben wurde. Antibiotika werden als
Mittel gegen krankmachende Bakterien verwendet. Bakterielle Infektionen jedoch gehen in der Regel mit Fieber, Entzündungen,
Rötungen und eventuell – das kommt auf
den betroffenen Körperteil an – mit starken
Schmerzen und einer Beeinträchtigung des
Allgemeinzustandes einher. Hier, in unserem Fall, war jedoch keines der angeführten
Symptome vorhanden.
Gerade nebenwirkungsreiche Antibiotika
werden von den meisten praktizierenden Tierärzten verschrieben als seien es Hustenbonbons. Bei jedem Kratzer, jeder noch so
kleinen Hautveränderung, beim kleinsten
Wehwehchen wird ordentlich aufgefahren
und sozusagen mit Kanonen auf Spatzen
geschossen. Hier wird ganz bewusst mit der
Angst der Besitzer um ihr Tier gespielt:
Wenn der Hund oder die Katze dieses oder
jenes Medikament nicht erhält, ist der
Besitzer Schuld, wenn sein Tier krank bleibt,
noch kränker wird oder gar stirbt. Alternativen werden – selbstverständlich – keine
angeboten. Dass Antibiotika erstens sehr
teuer sind, zweitens Resistenzen hervorrufen können und drittens, und das ist wohl
das Wichtigste, auch nicht frei von Nebenwirkungen sind, interessiert anscheinend
niemanden. Ich kenne viele Praxen, auch
aus meiner eigenen Erfahrung als Assistentin und durch Berichte junger Kollegen, in
denen so gehandelt wird wie hier beschrieben. Der erste Griff bei einem vorgestellten Patienten ist der zum Antibiotikum
und zum Kortison. Meist werden dann noch
Antibiotikatabletten für zu Hause mitgegeben. Folgen dieser Gaben an Antibiotikatabletten äußern sich vor allem in
Schädigungen der Darmflora. Die nach der
Therapie auftretenden Durchfälle werden
dann aber meist nicht mit der
Medikamentengabe in Verbindung gebracht, sondern als neues, mit weiterer
Chemie zu therapierendes Krankheitsbild
angesehen. Auch fällt es den wenigsten Tierärzten ein, nach einer durchgeführten
Antibiotika-Kur (ob nun nötig oder unnötig)
die Darmflora mittels Zuführung von Darmbakterien wieder aufzubauen.
Medikamente, und hier besonders Antibiotika, sind, wie gesagt, sehr teuer. Die
Unkosten belaufen sich für die entsprechende Anzahl an Tabletten für einen etwa 30 Kilogramm schweren Hund und eine
zehntägige Behandlung im Einkauf für den
Tierarzt auf über 60 Euro und kosten dann
im Verkauf fast das Doppelte. Die
Pharmavertreter brüsten sich damit, dass
der Bedarf an Antibiotika und anderen
Medikamenten rasant ansteigt und der Absatz und damit der Profit – natürlich auch
für den Tierarzt – folglich immer größer
wird. Heißt das jetzt, wir Tierärzte sollten
stolz darauf sein, immer mehr Medikamente
zu verschreiben und damit uns und der
Pharmaindustrie zu immer größeren Umsätzen zu verhelfen oder ist der Bedarf tatsächlich gestiegen?
Ob der tatsächliche Bedarf gestiegen ist,
bezweifle ich, doch gestiegen ist sicher die
Verschreibungshäufigkeit bei den Tierärzten, die nahezu jedem Patienten erst einmal Antibiotika verpassen, ganz egal, ob
notwendig oder nicht. Kritiker werden jetzt
mit der Argumentation aufwarten, die Tierbesitzer hätten ihre Vierbeiner schließlich
früher auch nicht so konsequent und oft behandeln lassen wie heute, damit sei der Anstieg des Medikamentenverbrauchs
erklärbar. Dass heute öfter zum Tierarzt
gegangen wird, ist sicher richtig, nur hat
sich das
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