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Hundediebe kennen keine Gnade

Hundediebe kennen keine Gnade

Titel: Hundediebe kennen keine Gnade Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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Stechmesser, mal mit Rückenspalter (eine Art Beil), mit
Knochensäge oder Bolzenschußgerät. Katzentod war unberechenbar, wenn die Wut
ihn packte. Der Jugendrichter, der ihn das erste und einzige Mal verurteilte,
war im Stillen der Meinung, Patulke gehöre in einen Käfig — und das auf
Lebenszeit. Ausgesprochen hatte das der Amtsgerichts-Häuptling allerdings
nicht.
    Im Temperament unterschieden sie sich.
Zotte war laut, immer auf 180 und blökte wie ein kaputter Lautsprecher. Aber er
hatte Grips. Er bestimmte, wo’s langging, und entwarf die Pläne.
    Patulke war träge und mundfaul.
Manchmal schirmte ihn seine Schwerfälligkeit von der Umwelt ab, als wäre er
taub. Aber wehe, man reizte ihn. Wehe, er stieß auf Widerstand. Wehe, man nahm
ihn nicht ernst. Seine Rohheit kannte keine Grenzen, und er bedachte niemals
die Folgen.
    Mit ihren Interessen lagen sie auf
einem Nenner: Geld, leicht verdientes freilich, faules Rumhängen und Alkohol.
Zotte träumte von einem schnellen Wagen und dazu passender Gurke (Braut). Katzentod wollte sich später eine superschwere Maschine genehmigen — mit dazu
passender Gurke.
    Was die Mädchen betraf, tat er sich allerdings
schwer. Sein Skinhead (Kahlschädel), den er für schick hielt, war nicht jederfraus
Geschmack.
    Zur Zeit hausten sie in dem ehemaligen
Gebäude einer Sonderschule. Demnächst sollte es Opfer der Spitzhacke werden — laut
städtischer Planung. Es gab weder Wasser noch elektrisches Licht. Aber das
kümmerte die beiden nicht.
    Sie hatten sich zwei Räume nach
Pennerart eingerichtet. Niemand behelligte sie. Sie lebten unauffällig wie
Ratten. Und demnächst, sobald die Kasse stimmte, wollten sie sowieso auf den Putz
hauen.
    Hinten im Hof, der nicht einsehbar war,
stand ihr Kombi. Den hatte Zotte von einem Kumpel gekauft. Für 200 Mäuse. Nicht
mal ein Wunder hätte die Karre durch den nächsten TÜV gebracht. Aber sie lief
noch. Und blieb so unbemerkt wie ein kranker Baum im Wald. Außerdem wechselten
sie die Kennzeichen fast täglich, besaßen nämlich acht Paar Nummernschilder.
Auf Parkplätzen hatten sie die von unbescholtenen Fahrzeugen abgeschraubt. Mal
hier, mal dort — im Laufe der Zeit. Sie fanden das lustig — und zweckmäßig
sowieso.
    Am Nachmittag dieses Samstags saßen sie
in dem wohnlicheren ihrer beiden Räume — auf fast neuen Sperrmüll-Möbeln und
lasen Zeitung.
    Zeitungen stapelten sich unter dem
Fenster. Aber es war nicht Wissensdurst, der zu ihrer Lesewut führte.
    Zotte lachte auf und rubbelte an seinem
Ohrring.
    „Hah! Hier habe ich die Zeitung vom
14.! Lese es immer wieder gern, was die schreiben. Das war, als ich in der Gramatzki-Straße
den Bruch gemacht habe und mir die Tussi in die Quere kam. Diese Ruth Ziegler,
hahah! Habe ich dir das schon erzählt?“
    Katzentod nickte mit seinem
Kahlschädel, ohne vom Zeitungsblatt aufzublicken.
    Ungefähr 50 mal, dachte Zotte, habe ich’s
ihm erzählt. Aber er hört immer wieder zu.
    „Die Ziegler kam aus dem Bad, Gert“,
fuhr er fort. „Sie hatte sich gerade die Haare getönt. Rot. Sie fiel vor
Schreck fast in Ohnmacht. Bevor sie schreien konnte, hatte ich sie am Hals. Hab
nur ein bißchen zugedrückt. Aber sie konnte tagelang nicht quasseln, wie hier
steht. Und die Bullen suchen nach mir! Die Ziegler hat einen Typ beschrieben — also,
ich müßte eigentlich beleidigt sein. Jedenfalls erkenne ich mich nicht. Die
hatte solchen Schiß, daß sie schielte. Weißt du, was ich nächstens mache?“
    Patulke wußte es, schüttelte aber den
Kopf. Immerhin hob er ihn auch und richtete seinen trägen, fischigen Blick auf
den Komplicen.
    „Ich mache den nächsten Bruch, Gert.
Das bringt was. Diesmal nehme ich mir das Marmor-Haus vor. Ist eins der besten
Apartmenthäuser in der Stadt. Dort wohnen nur schwerreiche Stinker. Kommst
nicht rein. Die Tür ist nie offen. Es geht nur durch die Tiefgarage. Aber auch
da mußt du auf Zack sein. Das Tor zur Garage öffnet sich automatisch, aber nur,
wenn du den richtigen Schlüssel hast. Oben an der Einfahrt haust du ihn in so ‘nen
Automaten. Unten geht das Tor hoch. Der Wagen rollt runter und rein. Kaum ist
er unter Tag, ist die Klappe zu. Ich werde einen Wagen abpassen. Und dann
hinterher. Aber so, daß der Fahrer mich nicht bemerkt. Nur ein ganz Flinker
schafft das. Wird ein affenstarker Bruch. Bin ich erstmal drin, kann ich die
Mücken abharken. In jeder Wohnung, die leer ist, mache ich Beute. Ich würde
dich ja mitnehmen. Aber das liegt nicht auf deiner

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