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Hundeelend

Hundeelend

Titel: Hundeelend Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Bateman
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versuche lediglich, den Menschen zu helfen, aber immer geht der Schuss nach hinten los. Warum konnten sie mich nicht einfach in Ruhe lassen? Am besten, ich hängte den Detektiv-Job an den Nagel. Und das Buchhändlerdasein auch. Am besten, ich ging nach Hause, kümmerte mich um Mutter und verließ nie wieder das Haus, außer vielleicht, um Milch zu holen.
    Ich hielt bei meiner Suche inne, als mir plötzlich ein Gedanke kalte Schauer über den Rücken jagte: Meine Medikamente verursachten bei mir gelegentliche Blackouts. Damit meine ich keine Ohnmachten, sondern längere Phasen, an die ich mich später nicht mehr erinnern
konnte. Was, wenn ich tatsächlich Jimbo und RonnyCrabs getötet hatte? Wenn ich vergessen hatte, meine antipsychotischen Medikamente einzunehmen und psychotisch geworden war? Was, wenn ich spät in der Nacht noch mal dort aufgekreuzt war und sie mit meinem Fleischklopfer zu Brei gedroschen hatte?
    Oder vielleicht war ich auch einfach nur paranoid? Vielleicht hatte ich es versäumt, meine Antiparanoiapillen einzunehmen. Manchmal ist es schwierig, da noch den Überblick zu behalten. Daher nehme ich auch ein weiteres Medikament, das mir dabei hilft.
    Jetzt fühlte ich meinen Puls. Er raste. Ich nahm ein paar Beruhigungspillen. Dann mixte ich mir einen weiteren Liter Vitolink. Es war noch nicht mal Mittag und schon stockfinster draußen. Es hagelte. Mein Arzt sagt, ich bin sein erster Patient mit jahreszeitenbedingten psychischen Störungen, bei dem alle vier Jahreszeiten Depressionen verursachen. Er sagt, seine Sprechstundenhilfe nennt mich Vivaldi.
    Atmen.
    Tief durchatmen.
    Entspannen.
    Ich habe es auch schon mal mit Yoga versucht, bekam aber Sehnenscheidenentzündung davon.
    Atmen.

    Auf der anderen Straßenseite hatte Alisons Juwelierladen mit Sonderangebotstagen wiedereröffnet und in den Verkaufsräumen drängten sich die Kunden. Ich wusste,
dass sie drüben war, aber wegen der regennassen Schaufensterscheiben konnte ich sie schlecht erkennen. Trotzdem war ich mir sicher, dass sie mich beobachtete und langsam nervös wurde, weil die Polizei mich noch nicht abgeführt hatte.
    Das Telefon klingelte.
    »Ist ’ne echte Wissenslücke«, meldete sich eine männliche Stimme.
    »Entschuldigung?«
    »Ich hab nur gerade zu unserem Gesetzeshüter hier gesagt, ist ’ne echte Wissenslücke. Ich hab gedacht, ich hätte nur den einen Anruf, und hab überlegt, wen soll ich anrufen? Meinen Anwalt, meine Frau, meine Geliebte, meine Kinder, meinen Geschäftsführer?«
    »Entschuldigung, wer ist da?«
    »Aber dann merk ich, ich hab das gar nicht leise vor mich hin gesagt, sondern richtig laut, so was passiert mir manchmal. Woraufhin der freundliche Gesetzeshüter hier zu mir sagt, stimmt gar nicht, das mit dem einen Anruf; schließlich leben wir nicht mehr im finsteren Mittelalter, und man kann so viele Anrufe machen, wie man lustig ist. Natürlich nur, solange man sich keine Pizza oder irgendwie so was bestellt.«
    »Ich …«
    »Allerdings standen Sie nicht ganz oben auf meiner Liste. Zuerst hab ich meine Frau angerufen, dann meinen Anwalt und jetzt Sie. Aber Dritter ist gar nicht mal so schlecht, immerhin gibt das Bronze.«
    »Dreht es sich um ein Buch?«
    »Nein. Ich bin’s. Billy Randall. Haben Sie gehört, was …?«

    »Billy?« Meine Knie wurden weich. Da ich Probleme mit den Kreuzbändern habe, sind sie ohnehin etwas schwach, aber jetzt waren sie wie Pudding. »Ja … ja … ich hab gehört …«
    »Gut, dann sollten wir uns mal unterhalten.«
    »Ja. Nein. Die ganze Sache geht mich eigentlich gar nichts …«
    »Die lassen mich demnächst hier raus. Wir zwei sollten dann mal einen Kaffee trinken gehen.«
    »Ja. Nein. Ich hab viel um die Ohren. Wenn Sie mir eine E-Mail schicken, werde ich ganz sicher darauf …«
    »Gegenüber von Ihrem Laden ist ein Starbucks. Treffen wir uns dort um drei.«
    »Ich …«
    »Ich freu mich drauf. Für einen Frappuccino könnte ich morden. Oder Sie könnten es für mich übernehmen.«
    Er stieß ein bellendes Lachen aus, dann legte er auf.
    Mit dem Telefon in der Hand stand ich da, das Hemd klebte mir am Rücken.
    Ich starrte auf den Hörer.
    Billy Randall hatte seine Rechnung noch nicht bezahlt, also war er technisch gesehen immer noch mein Klient. Wir waren beide in einen Doppelmord verwickelt. Und er wollte mich in meinem Lieblingscafé treffen. Das gefiel mir nicht, das gefiel mir ganz und gar nicht. Ich hatte keine Ahnung, was ich tun sollte. Ich brauchte Hilfe.

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