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Hundeelend

Hundeelend

Titel: Hundeelend Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Bateman
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hinausstürmte, erhaschte ich aus den Augenwinkeln einen kurzen Blick auf das, was Alison aus ihrer Tasche gezogen hatte. Eine kleine verwischte Schwarz-Weiß-Fotografie.
    Ein Ultraschallbild.
    Oder besser gesagt, der Köder, mit dem sie mich in die Falle locken wollte.

13
    Billy Randall hatte im Starbucks einen Fensterplatz im ersten Stock gewählt; ein Bereich dieses Himmels auf Erden, in den ich mich wegen meiner Höhenangst nur selten vorwage. Von dort aus hatte er einen perfekten Blick auf die Botanic Avenue und das Kein Alibi. Glücklicherweise hatte ich den Laden vor Jeff verlassen, sonst hätte Billy uns zusammen gesehen, und unser sorgfältig ausgeheckter Plan wäre jämmerlich gescheitert. Allerdings war auch er nicht allein. Am Tisch nebenan saß ein Bodyguard. Er trug zwar kein Abzeichen oder so was, war aber eindeutig zu erkennen. Kurz geschorenes Haar, mit Steroiden aufgepumpte Muskeln, schwarzer Anzug, Ohrhörer – und er beobachtete mich wie ein Falke. Billy selbst trug einen knittrigen schwarzen Anzug. Keine Krawatte. Dazu ein rosafarbenes Hemd. Er war unrasiert, roch aber trotzdem nach Calvin-Klein-Aftershave. Ich hatte einmal acht Stunden in der Drogerie an der Ecke zugebracht und mich dort mit den verschiedenen Marken vertraut gemacht, was sich jetzt auszahlte. Soviel ich gehört habe, hat sich der Drogeriebesitzer vor einiger Zeit umgebracht. Das Geschäftsleben kann verdammt hart sein.
    Billy Randall erhob sich nicht, streckte mir aber seine Hand hin. Ich zögerte. Normalerweise schüttele ich anderen
Menschen nicht gerne die Hände, aber ich wollte ihn nicht gleich vor den Kopf stoßen. Seine Finger waren feucht und fleischig, und ich drückte sie mit dem Enthusiasmus eines Vegetariers, den man zwingt, ein halbes Pfund rohe Bratwürste durchzukneten. Über seine Fingerknöchel zog sich ein verblasstes Tattoo: »LOVE«. Ich beäugte die andere Hand. Auch auf ihr war etwas zu entziffern: »HAT«. Sein kleiner Finger fehlte. Ohne es zu wollen, starrte ich darauf. Oder vielmehr nicht darauf, sondern auf die leere Stelle, den Stumpf. Ich fragte mich, was wohl mit dem Finger geschehen war. Und ich überlegte, ob ihm das wohl einen Behindertenstatus verlieh oder ihn womöglich daran gehindert hatte, ein professioneller Tennisspieler, Golfer oder Bergsteiger zu werden; zumindest als Spieler von Fünf-Finger-Puppen wäre er völlig ungeeignet gewesen.
    »Das ist vielleicht ein blöder Scheiß, was?«, sagte Billy.
    »Ja«, erwiderte ich.
    »Hier, ich hab Ihnen einen Espresso bestellt.«
    Er schob mir die Tasse über den Tisch. Ich dankte ihm und versuchte, sie aus meinem Gesichtsfeld auszublenden. Hätte ich auch nur daran gerochen, hätte das meine komplette Starbucks-Routine zerstört, und ich hätte auf der Karte wieder ganz von vorne beginnen müssen. Während ich mich ihm gegenüber niederließ, schob ich die Tasse unauffällig beiseite.
    »Mr. Randall …«, begann ich, aber er unterbrach mich sofort.
    »Das war vielleicht ein Weihnachten, mitten in der Nacht von seiner Familie weggerissen zu werden. Meine
Jüngste hat gedacht, sie könnte unten den Weihnachtsmann rumoren hören, dabei war es die Scheißmordkommission. Die haben die Haustür aus den Angeln gesprengt. Egal, ich bin versichert.«
    Er lachte. Der Bodyguard lachte. Auch ich lachte, weil es manchmal hilfreich ist, sich bei Leuten einzuschleimen. Billy lachte weiter, bis er plötzlich abrupt aufhörte und bellte: »Also, was wollen wir unternehmen?«
    »Wir?«
    »Natürlich wir. Wir sitzen ja wohl zusammen in diesem Boot.«
    »Nun ja, technisch gesehen …«
    »Jemand versucht, uns was anzuhängen. Und technisch gesehen bin ich Ihr Auftraggeber.«
    »Eigentlich …«
    »Eigentlich hab ich Sie noch nicht bezahlt, daher sind Sie immer noch für mich tätig, und folglich kann ich jederzeit neue Rahmenbedingungen setzen. Sie sollten sich mal mit Vertragsrecht beschäftigen.« Unvermittelt schnipste er direkt vor meiner Nase mit den Fingern. »Wie geht noch mal der alte Spruch, der mit dem Brot …?«
    »Dem Brot …?«
    »Irgendwas mit Brot.« Er schnippte erneut. »Das Brot …«
    »Trocken Brot macht Wangen rot?«
    »Nein.«
    »Besser eigenes Brot als fremder Braten?«
    »Nein.«
    »In der allergrößten Not schmeckt die Wurst auch ohne Brot.«
    »Nein.«

    »Wer nie sein Brot im Bette aß, weiß nicht, wie Krümel pieken?«
    »Verdammt noch mal … jetzt halten Sie endlich die Klappe !« Billy Randall starrte mich an.

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