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Hundeleben

Titel: Hundeleben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Zander
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zugänglich. Leider nicht Frau Keller. Sie hatte noch eine Überraschung parat. Und was für eine.
    »Das Geld ist verschwunden. Alles. Bis auf 50.000. Hier!«
    Sie zog unter dem Schreibtisch einen kleinen Lederkoffer hervor und knallte ihn auf die Tischplatte. Die Aktenblätter verteilten sich im Büro. Frau Keller schien das nicht zu stören. Verständlich. Was ist schon der Inhalt einer Akte gegen den Inhalt eines Koffers, zumal, wenn der Inhalt des Koffers aus rund zwei Millionen Euro besteht, besser, bestehen sollte. Ich seufzte tief. Ich hatte meine Zukunft mit Sylvia bzw. mit deren Millionen verknüpft. Nun löste sich diese Verbindung, noch bevor sie richtig begonnen hatte.
    »Wann haben Sie gemerkt …?«
    »Als ich nach Hause kam, so gegen 16 Uhr.«
    »Mark ist also wieder aufgetaucht.«
    »Das ist es ja …«
    »Was?«
    »Er hätte das Geld nicht einfach so mitgenommen. Ganz bestimmt nicht.«
    Sie sagte das, als wäre sie sich dessen ganz sicher. Entweder sie kannte die Menschen nicht oder ich kannte die Menschen nicht. Oder war Mark kein Mensch? Ich meine, kein normaler Mensch. Ich würde es herausbekommen.
    »Ist Mark vielleicht ein etwas anderer Mensch …?«
    »Was meinen Sie damit?«
    »Ist er vielleicht, wie soll ich sagen, ein bisschen anders als andere …?«
    Sie blinzelte mich erstaunt an. In ihren Augen glomm ein kleines Feuer auf. Nicht schlecht.
    »Sie haben ihn gefunden? Herr Gass …«
    »Nein. Leider … Ich …«
    Das kleine Feuer erlosch augenblicklich. Schade. Hatte ich zuviel Wind gemacht?
    »Aber an Ihren Auftrag können Sie sich noch erinnern?«
    »Ja. Tut mir leid. Ich war krank.«
    »Krank? So nennt man das jetzt! Krank.« Ihre Stimme bekam einen säurehaltigen Tonfall. »Sie haben doch das Kino angesteckt? Wieso laufen Sie eigentlich noch frei herum?«
    Dass mit dem Kino schien inzwischen zum Bildungsgut aller Potsdamer zu gehören. Schlechte Aussichten für mich. Eine öffentliche Vorverurteilung ist zwar keine Verurteilung, aber sie ist in etwa so hartnäckig wie ein Ohrwurm. Es gab nur eins, ich musste den Brandstifter finden. Aber nicht jetzt. Im Augenblick hatte ich genug anderes zu tun. Sylvia musste beruhigt und der Koffer geöffnet werden. Ich fing mit dem Koffer an. Der Koffer war aus gutem Rindsleder. Er war kaffeebraun und etwas größer als eine Laptoptasche. Er sah nicht aus, als hätte er in besseren Zeiten zwei Millionen beaufsichtigt. Aber wie hatte ein Zwei-Millionen-Koffer auszusehen? Wahrscheinlich gab es nur sehr wenige Koffer, die von sich behaupten konnten, Geldkoffer dieser Preisklasse zu sein. Die meisten dieser Ausnahmekoffer, so schätzte ich, lagen jetzt auf Müllbergen in der Schweiz herum und träumten von vergangenen Zeiten. Einst wie Augäpfel gehütet, jetzt dem Verfall preisgegeben. Koffer aus Medellín und aus Palermo. Koffer aus Wiesbaden, aus Ramallah , aus Riad. Sie hatten Schmier-, Schwarz-, Drogen- und andere Gelder beherbergt. Sie hatten das Geld zusammengehalten, es über Grenzen transportiert. Sie hatten dunkle Kanäle genommen, waren illegal gereist. Sie waren von Hand zu Hand gegangen. Von Versteck zu Versteck. Sie waren blut-, öl-, dreckbespritzt. Jetzt wohnten in ihnen Ratten, Asseln, Würmer und Tausendfüßer. Was für ein Ende.
    Ich ließ die Verschlüsse aufschnappen und klappte den Deckel nach oben. Nichts. Von den zwei Millionen keine Spur. Schade. Ich setzte mich.
    »Leer.«
    »Was Sie nicht sagen.«
    Zwei Möglichkeiten zeichneten sich ab. Entweder das Geld war in dem Koffer gewesen oder es war nicht in dem Koffer gewesen. Möglichkeit eins bedeutete, dass das Geld verschwunden war. Möglichkeit zwei, dass jemand mit vielen falschen Karten spielte. Möglichkeit eins bedeutete, dass noch alles am Laufen war. Möglichkeit zwei, dass ich tief im Dreck saß.
    Ich blickte auf. Frau Keller stand jetzt neben mir und schaute von oben auf mich herab. Ihr schien die Position zu gefallen. Mir nicht. Sie lächelte. Ich lächelte vorsichtig zurück. Ihr Lächeln wurde stärker. Mein Lächeln auch. Sie beugte sich nach vorn. Ich legte meinen Kopf in den Nacken. Ihr Gesicht kam näher heran. Brands Verschnürungen fielen mir ein. Ich verkrampfte. Ihr Mund steuerte auf den meinen zu. Ich ließ mich zur Seite fallen. Sie erwischte mich am Arm. Ich riss mich los und tauchte unter dem Schreibtisch durch. Sie lachte jetzt. Es klang, als würde sie sich ausgezeichnet amüsieren. Ich kam wieder nach oben. Sie hatte die 38er in der Hand und lachte

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