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Hundeleben

Titel: Hundeleben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Zander
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Sony, ein vordigitales kleines Monstrum. Und es lief noch.
    »Sie erlauben.« Ich entnahm dem Gerät die Kassette, legte sie auf den Fußboden und zerquetschte sie langsam und gründlich unter dem Absatz meines rechten Schuhs. Das Diktiergerät ließ ich wieder in seine Tasche gleiten.
    »He. Was soll das?« Er protestierte, aber ohne großen Einsatz. Vielleicht steckte ihm die durch Sylvia zugefügte Niederlage noch in den Knochen. Solche Dinge können gewaltig am Selbstbewusstsein kratzen, vor allem, wenn man nicht über allzu große Mengen dieser wertvollen Substanz verfügt. Bei Brand schien die Decke eher dünn zu sein. Hatte er sich deshalb der Medienwelt verschrieben?
    Bitte verstehen Sie mich nicht falsch, ich habe kein Problem mit Medienleuten, auch nicht mit Journalisten. Ich kannte sogar einige, die ihre Arbeit gut bis ausgezeichnet erledigten. Und die, die ich nicht kannte, machten ihre Arbeit wahrscheinlich ähnlich gut bis großartig. Ohne Frage, Journalisten sind ebenso wichtig wie Privatdetektive, Bäcker, Hausmeister oder Lokalpolitiker. Und, um das auch dem Letzten in einem Bild klar und verständlich zu machen, was ist schon ein Frühstück, ob solo oder in Familie, ohne eine Zeitung, die einem klar, sachlich und möglicherweise sogar unterhaltsam die Welt erklärt?
    Andererseits gibt es auch unter Hausmeistern und Bäckern solche und solche. Solche die Brötchen backen und Nägel einschlagen können, und solche, die bei dem, was sie tun, immer ein klein wenig danebenliegen. Bei den Medienleuten war das sicher nicht anders. Bei Schnüfflern und Sonstigen allerdings auch nicht.
    »Das Feuer im Kino …« Nanu. Brand war noch immer da. »Ich habe den ehemaligen Filmvorführer interviewt.« Er sagte tatsächlich interviewt. »Sie haben mehrfach damit gedroht, im Kino Feuer zu legen, Herr Gass .«
    Er schaute mich triumphierend an. Die Keller schaute irritiert.
    »Was haben Sie ihm spendiert, um diese haarsträubende Unterstellung aus ihm rauszuholen, Whisky oder Whisky?«
    »Whisky, ja. Woher …«
    »Versuchen Sie es noch einmal, und zwar ohne Whisky. Die Wahrheit ist selten hochprozentig. Sie ist meistens belanglos.«
    »Aber …«
    »Warten Sie gegenüber im › Lavazza ‹. Ich habe Neuigkeiten für Sie.«
    Er ließ den Mund zu. Sehr schön. Und er zog ab. Es wurde immer besser.

12
    »Sie Idiot! Sie verdammter Vollidiot!«
    Sylvias gute Laune war nur gespielt gewesen. Ich zog mich hinter den Schreibtisch zurück und ließ die 38er rasch verschwinden. Sicherheitshalber.
    »Wieso haben Sie der Polizei erzählt, was ich Ihnen erzählt habe? Wie steht es mit Ihrer Schweigepflicht?«
    »Was für eine Schweigepflicht?«
    »Ich werde Sie anzeigen! Ich werde dafür sorgen, dass Sie Ihre Lizenz verlieren, Sie jämmerlicher Detektiv, Sie!«
    Sie kam so richtig in Fahrt. Warum auch nicht. Wenn sie sich hinterher besser fühlte, war das in Ordnung so. Hin und wieder muss man den Klienten die Gelegenheit geben, auszuteilen. Vor allem in Stresssituationen. Man muss ihnen die Möglichkeit einräumen, sich im Zorn zu äußern. Manches, was man im Zorn zu hören bekommt, bekommt man auf die sanfte Tour niemals zu hören. Ab und an reizte ich daher meine Klienten ganz bewusst. Sylvia musste ich nicht reizen. Sie war bereits in jenem Stadium der Gereiztheit, wo das Denken nicht mehr die dominierende Rolle spielt.
    »Zwei Tage sind sie unauffindbar. Zwei Tage! Dann komme ich hierher. Und was sehe ich? Irgendjemand wühlt in meiner Akte. Die halbe Welt weiß inzwischen über mich Bescheid. Sie sind gefeuert! Geben Sie mir mein Geld zurück! Sofort!«
    Das war der Punkt, an dem ich sie nicht haben wollte, am Punkt Geld und sonstige Konsequenzen. Einige Stufen des Stressabbaus hatte sie damit übersprungen. Ich musste sie bremsen.
    »Möchten Sie einen Kaffee, Frau Keller?«
    Normalerweise war das eine Frage, die half, den Gesprächspartner vom Gegenstand der Auseinandersetzung abzulenken. Aber normalerweise war gestern. Das Heute hieß Frau Keller und war für die Finessen psychologischer Gesprächsführung unempfänglich.
    »Kippen Sie sich Ihren Kaffee sonst wohin!« Ihre Stimme schraubte sich eine Oktave nach oben. »Sie, Sie …!«
    Ihr gingen die Argumente aus. Immerhin, das war ein Lichtblick. Leute ohne Argumente sind schutzlos. Das Beste daran ist, sie spüren es selbst. Sie mögen im Recht sein, aber wenn sie das Recht nicht artikulieren können, neigen sie zur Resignation. Sie werden mürbe und damit

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