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Hundeleben

Titel: Hundeleben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Zander
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durch. Zumindest unternahm ich einen zaghaften Versuch.
    »… Mir ist kalt«, kam es jetzt aus den Boxen. Und dann: »Du riechst so gut …«
    Die Bemerkung war nicht neu. Bruce Willis hatte sie bereits in der Rolle des James Cole in Richtung Madeleine Stowe fallen lassen, als er der Spur des Verrückten Brad Pitt alias Jeffrey Goines und dessen Armee der 12 Monkeys gefolgt war. Vielleicht hätte er sich für einen anderen Satz entschieden, wenn er geahnt hätte, dass er für Ewigkeiten in dieser Zeitschleife festhängen würde. Vielleicht für: ›Schau mir in die Augen, Madeleine.‹ Oder für: ›Wir haben das ganze Leben noch vor uns, meine Liebe.‹ Aber es blieb dabei. »Du riechst so gut.« Wie profan, ja geradezu animalisch. Und doch auch wieder leidlich romantisch. Je nachdem, was man so unter Romantik verstand.
    Ich wechselte von Rammstein zu Radio Eins. Die Musik wurde artiger. Kein Wunder. Nach Rammstein klingt jede Musik wie ein Allegro von Bruckner. Mindestens. Dann kamen die Nachrichten. Zuerst die Katastrophen, dann die Regionalprobleme, dann der ganze Rest. Eine der Restmeldungen klang nicht uninteressant. Aus dem Berliner Büro von Greenpeace seien vor einigen Tagen, wie jetzt bekannt wurde, so jedenfalls formulierte es der Polizeisprecher, zirka zwei Millionen Euro geraubt worden. Keine heiße Spur. Natürlich nicht.
    Zwei Millionen, nicht übel. Wie kam Greenpeace zu so viel Geld? Und warum lag das Geld im Büro herum? Ich überlegte, was ich mit zwei Millionen anfangen würde. Klar, zuerst würde ich die Bedürftigen dieser Welt unterstützen, vor allem Künstler und Webdesigner, in der Reihenfolge, dann würde ich reichlich für Jugendarbeit, Bildung und Wale spenden und schließlich, ganz zum Schluss, würde ich auch an mich denken. Pustekuchen … Ich würde gleich an mich denken. Ich war nicht anders als die anderen sechs Milliarden. Im Gegenteil, ich war genauso!
    Zwei Millionen. Ich kam jetzt richtig ins Träumen. Ein Griff in irgendeine Kasse schien vielversprechender als ein jahrelang halbwegs anständiges pseudobürgerliches Leben. Ich würde in 40 Jahren nicht auf zwei Millionen kommen, bei den gegenwärtigen Zinssätzen und meiner defensiven Anlagepraxis sowieso nicht. Es sei denn … Merkwürdig. War hier von zwei Millionen die Rede? Wieso kam die Meldung erst jetzt? Hatte die Polizei sie zurückgehalten? Wahrscheinlich. Aber wieso? Aus Prinzip oder aus Prinzip? Oder steckte ein richtiger Grund dahinter?
    Sylvias Zwei-Millionen-Problem kam mir in den Sinn. Hatte hier der Zufall seine Hand im Spiel? Mischte er die gezinkten Karten? Oder mischte noch jemand mit? Ich stand auf und setzte mich wieder. Dann stand ich wieder auf, rannte ein bisschen herum und setzte mich erneut. Was zum Teufel war hier los?
    Vor mir lag das Telefon. Versuchen konnte ichs ja mal. Ich suchte die Greenpeacenummer raus, gab sie ein und wartete.
    »Ja«, sagte der Lautsprecher in mein rechtes Ohr hinein.
    »Ist da das Berliner Büro von Greenpeace?«, fragte ich zurück.
    »Ja«, kam es erneut.
    »Ich möchte Sylvia Keller sprechen.«
    Pause.
    »Sylvia Keller?«
    »Ja, Sylvia Keller«, knurrte ich. Jetzt war ich mit dem ›Ja‹ an der Reihe.
    »Hier gibt es keine Sylvia Keller.«
    Kein ›Ja‹. Sehr gut.
    »Ich habe nichts anderes erwartet«, sagte ich und legte auf.
    Ich ließ noch einmal die harten Jungs von Rammstein ran. Sie jammerten ein bisschen über Herzeleid und andere Spaßbremsen, also drehte ich ihnen den Saft ab. Das ist das Beste, was man tun kann, wenn es darum geht, die grauen Zellen beieinander zu halten.
    Überhaupt ist das wichtigste Grundprinzip jeder erfolgreichen Detektivarbeit Konzentration. Konzentration auf das Wesentliche. Konzentration auf die Fakten. Die meisten brauchen, um sich konzentrieren zu können, bestimmte Bedingungen. Ich war wie die meisten. Ich brauchte Ruhe, ich brauchte Ruhe und ich brauchte Ruhe.
    Da ging das Telefon.
    Ich griff mir den Hörer.
    »Sie stören gerade meine Ruhe und Konzentration! Und zwar empfindlich.«
    »Was?« Die Stimme klang männlich, kratzig und verbraucht. Wahrscheinlich war sie das Resultat eines entsprechenden Lebenswandels, vielleicht auch nur einer simplen Erkältung.
    »Was wollen Sie?«
    »Was ich will?«
    Dafür, dass er mich angerufen hatte, stellte er eindeutig zu viele Fragen.
    »Ja, ich möchte wissen, was Sie wollen.«
    »Das kann ich Ihnen genau sagen.«
    »Dann sagen Sie es.«
    »Nicht so schnell. Sind Sie dieser

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